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Abnehmen

Abkürzung zum Normalgewicht

Mit dem neuen Jahr kommen bei vielen die guten Vorsätze. Ganz oben auf der Liste: Abnehmen. Für viele Menschen ist das auch aus gesundheitlichen Gründen empfehlenswert. Auf dem Weg zum Gesundgewicht können verschiedene Hilfen zum Einsatz kommen.
Nicole Schuster
15.01.2021  15:45 Uhr

In Deutschland ist immerhin ein Viertel der Erwachsenen (23 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen) stark übergewichtig (adipös). Andere wollen nur ein paar lästige »Corona-Kilos« loswerden. Nicht wenige starten ambitioniert ein strenges Diätprogramm, doch dann ist nach ein paar Tagen schon wieder die Luft raus und der Jo-Jo-Effekt setzt ein. Eine fachkundige Beratung in der Apotheke kann helfen, eine individuell passende Strategie zu finden, die sich auch längerfristig bewährt. Bestimmte Lebensmittel, Medizinprodukte oder Arzneimittel können dabei unterstützen.

Bewährt haben sich Produkte für Formula-Diäten von Anbietern wie zum Beispiel OptiFast® , Almased®, Slimfast®, oder Das gesunde Plus Vitalkost®. Ihre Zusammensetzung ist in der deutschen Verordnung über diätetische Lebensmittel, kurz Diätverordnung, definiert. Dazu sagt Lars Selig, Master of Education (M.Ed.) und fachtherapeutische Leitung der Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Leipzig im Gespräch mit PTA-Forum: »Es handelt sich dabei um bilanzierte Produkte mit einem ausgewogenen Verhältnis an Proteinen, Kohlenhydraten und Fetten, außerdem sind bestimmte Vitamine und Mineralstoffe beigefügt.«

Drink statt Mahlzeit

Produkte für Formula-Diäten gibt es in unterschiedlichen Formen. Zur Verfügung stehen Drinks oder mit Flüssigkeit anzurührende Nährstoffpulver, einige Hersteller bieten auch Fertiggerichte an. Ärzte empfehlen die Mittel meist erst ab einem Body Mass Index (BMI) von über 30 kg/m2. Wie die Zubereitungen angewendet werden, erläutert Selig: »Wir empfehlen adipösen Menschen zunächst für einen Zeitraum von fünf bis sieben Tagen, alle drei Tagesmahlzeiten durch eine Formula-Diät zu ersetzen. Darauf folgen fünf bis sieben Tage, in denen zwei Mahlzeiten ersetzt werden. Die dritte normale Mahlzeit sollte aus einer nährstoffreichen, ausgewogenen Kost bestehen.« Nach dieser bis zu zwei Wochen andauernden Phase der radikaleren Kalorienreduktion sollen stark Übergewichtige nur noch eine Mahlzeit durch das Diätprodukt ersetzen. »Diese Ernährungsweise kann bis zu zwölf Wochen lang fortgesetzt werden. Das langfristige Ziel sollte aber darin bestehen, sich mit natürlichen Lebensmitteln und normalen Mahlzeiten ausgewogen und kalorisch passend zu ernähren«, sagt der Diätassistent und Ernährungsexperte. 

Sattmacher Eiweiß

Formula-Diäten erleichtern das Abnehmen aus verschiedenen Gründen. Dank des hohen Proteingehalts der Produkte sättigen sie schnell und fördern bei gleichzeitigem Training den Muskelaufbau. Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion, wozu viele Senioren, aber auch Diabetiker zählen, sollten allerdings wegen der hohen Eiweißzufuhr mit ihrem Arzt Rücksprache halten. Eine übermäßige Proteinaufnahme kann möglicherweise ihre Nieren zusätzlich belasten. Zu beachten ist auch: Viele Formula-Produkte enthalten reichlich Zucker oder Süßstoffe in größeren Mengen und meist auch Aromen. Der Anteil an Ballaststoffen fällt hingegen gering aus. Der oft süße, eher eintönige Geschmack und die fast ausschließlich flüssige oder breiförmige Konsistenz können die Adhärenz gefährden. Wichtig ist, dass die Produkte keine Dauerlösung sind. »Schwerpunkt eines jeden Programms zur Gewichtsreduktion sollte sein, dass die Menschen ihr Ernährungsverhalten langfristig ändern und sich mehr bewegen«, so Selig. Formula-Diäten führen zwar meist schnell zu einem Gewichtsverlust. »Ohne fachliche Betreuung erlernen die Patienten aber kein neues Essverhalten, und der Jo-Jo-Effekt setzt ein, sobald sie die Produkte absetzen.«

Patienten, die es mit diesen Diätmitteln versuchen wollen, sollten PTA noch den folgenden Hinweis mit auf den Weg geben: »Formula-Diäten werden anstelle und nicht zusätzlich zu Mahlzeiten genommen. Auch wenn das eigentlich selbstverständlich sein sollte, können Missverständnisse entstehen«, weiß der Experte. 

Unterstützend wirksam

Einige Kunden, die abnehmen wollen, fragen auch nach Präparaten, die ihren Appetit reduzieren. Verschiedene frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel (NEM), die zum Beispiel Mate- oder Guarana-Extrakte enthalten, sollen den Hunger dämpfen, wacher machen und leicht entwässern. Eine dauerhafte Gewichtsreduktion lässt sich alleine mit diesen Maßnahmen jedoch meist nicht erzielen. Auch müssen die Hersteller, anders als bei Arzneimitteln, keine klinischen Studien vorlegen, um die Wirksamkeit zu belegen.

Arzneimittel wie Sibutramin oder Rimonabant, die als Appetithemmer (Anorektikum) auf den Markt kamen, verschwanden wegen schwerer Nebenwirkungen meist schnell wieder.

Fettblocker sollen Nahrungsfett binden und schneller zur Ausscheidung bringen. Das Medizinprodukt Formoline L 112 enthält dafür den Wirkstoff Chitosan, der aus Krebstierpanzern gewonnen wird. Entsprechende Produkte wirken allerdings nur, wenn der Mensch zusätzlich auch seine Kalorienaufnahme reduziert. »Bei übermäßiger Fettaufnahme entstehen bei vielen der Produkte unangenehme Fettstühle«, sagt Selig. »Um das zu vermeiden, reduzieren Menschen während der Einnahme den Fettanteil in der Nahrung.« Eine dauerhafte Ernährungsumstellung findet aber eher nicht statt. Auch das Arzneimittel Orlistat® blockiert die Fettaufnahme im Darm. Einen bestimmten Anteil des Fetts scheidet der Körper auch hier unverdaut wieder aus.

Einige Medizinprodukte oder Nahrungsergänzungsmittel vermarkten Hersteller als Kohlenhydratblocker. Ihre Inhaltsstoffe sollen den Kohlenhydratabbau einschränken, so dass der Körper einen Teil der aufgenommenen Kohlenhydrate unverdaut ausscheidet und so weniger Kalorien aus diesem Makronährstoff nutzen kann. Nebenwirkungen wie Blähungen und Durchfall sind möglich.

Mehr Volumen

Ballaststoff- und quellstoffhaltige Produkte können das Sättigungsgefühl erhöhen. Beispiele sind Flohsamenschalen, Leinsamen oder Glucomannan aus der Konjak-Knolle. Die Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel beziehungsweise Medizinprodukte quellen im Magen-Darm-Trakt auf, wer sie zu sich nimmt, ist schneller satt. »Allerdings sollten PTA Kunden darauf hinweisen, dass sie auch genug trinken müssen. Andernfalls können Verstopfungen bis hin zum lebensgefährlichen Darmverschluss drohen«, warnt der Ernährungsexperte. Ein weiteres Problem der Präparate: Wer sie längere Zeit konsumiert, gewöhnt seinen Magen an größere Volumina. Bei einer normalen Essensmenge fühlen sich die Betroffenen dann nicht mehr ausreichend gesättigt.

Auch Entwässerungs- und Abführmittel sind keine Lösung, um sinnvoll und nachhaltig Gewicht zu verlieren. Sie können zwar dazu führen, dass die Waage weniger anzeigt. Was die Anwender jedoch tatsächlich verlieren, ist meist kein Körperfett, sondern lediglich Wasser beziehungsweise Darminhalt. Zudem bringen die Mittel, wenn sie unkontrolliert eingenommen werden, Nebenwirkungen mit sich und können die Gesundheit gefährden.

Kritisch bleiben

Produkte aus dem Internet, die eine Gewichtsabnahme quasi über Nacht versprechen, sind eindeutig fehl am Platz, werden aber dennoch immer wieder von Menschen bestellt, die auf den einfachen Weg zum idealgewicht hoffen. Ein Beispiel ist die sogenannte HCG-Diät. Diese Diätform, bei der Menschen das Hormon humanes Choriongonadotropin, HCG, einnehmen, wird immer wieder propagiert, ist aber sehr umstritten. Schwangere Frauen bilden HCG in der Plazenta, das Hormon erhält die Schwangerschaft. Nimmt die werdende Mutter zu wenig Energie auf, mobilisiert es die Fettreserven, um die Versorgung des Ungeborenen sicherzustellen.

Wer mit HCG abnehmen will, muss seine Kalorienzufuhr auf etwa 500 kcal pro Tag herunterschrauben – wodurch er ohnehin schnell abnehmen würde – und das Hormon in Form von Injektionen, Tropfen, Tabletten oder Sprays anwenden. Gesundheitlich ist diese »Diät« nicht nur wegen der extrem geringen Kalorienaufnahme bedenklich. Auch Nebenwirkungen wie Nierensteine oder Herzrhythmus- und Stoffwechselstörungen gefährden die Gesundheit. HCG ist zwar verschreibungspflichtig, kann aber im Internet illegal erworben werden. Die geringe Nahrungsaufnahme bringt auch einen Mangel an lebensnotwendigen Nährstoffen und Mineralstoffen mit sich. Anschließend droht zudem ein Jo-Jo-Effekt, und die Waage zeigt schnell wieder das alte Gewicht oder sogar ein höheres an.

Defizit das A und O

Wer abnehmen will, kommt um ein echtes, aber nicht zu extremes Kaloriendefizit über längere Zeit nicht herum. Auf den ersten Blick mögen Light-Produkte das erleichtern. In diesen Versionen von Lebensmitteln ersetzen Hersteller Kalorienträger wie Fett oder Zucker durch kalorienarme Fettersatzstoffe oder Süßstoffe, manchmal erhöhen sie auch den Wasseranteil. Um Geschmack und Konsistenz sicherzustellen, geben sie Zusatzstoffe wie Aromen, Geschmacksverstärker oder Verdickungsmittel hinzu. Viele dieser Produkte sättigen nicht wie normale Lebensmittel. Auch verführen sie dazu, mehr zu essen.

Für eine nachhaltige Gewichtsreduktion sollten Übergewichtige am besten gleich an verschiedenen Stellschrauben drehen: Mehr bewegen, mehr Gemüse und frische Lebensmittel essen, an Fett eher sparen, aber kein Lebensmittel komplett verbieten. Viele Menschen fahren mit der 80/20-Regel gut: 80 Prozent gesund und kalorienbewusst essen und sich 20 Prozent der Lebensmittel etwas gönnen. Ausreichend Schlaf und Entspannung sind weiterhin wichtig, um erfolgreich abzunehmen. 

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