Abnehmen auf Rezept? |
Einige Medikamente versprechen beim Abnehmen zu helfen, so auch der Lipasehemmer Orlistat. / Foto: Adobe Stock/Henrik Dolle
Ein Arzneimittel zur Gewichtsreduktion auf Kassenrezept: Da schrillen bei PTA und Apotheker zu Recht die Alarmglocken. Doch am Gesichtsausdruck der Kundin ist bereits zu erkennen, dass die Diskussion über die Kostenübernahme schwierig werden wird. Schließlich hat der Arzt das Medikament doch auf einem rosa Rezept verordnet, warum soll es also Probleme bei der Abrechnung mit der Krankenkasse geben?
Alle Angaben zu Personen, Kassen- und Vertragsnummern sowie die Nummern der Codierzeile sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und unbeabsichtigt. Ortsangaben und Telefonnummern sind rein willkürlich gewählt, um den Beispielen eine reale Anmutung zu geben.
Vorlagedatum in der Apotheke: 09.11.2019 / Foto: PTA-Forum
Orlistat ist zur Behandlung von adipösen Patienten mit eine BMI von größer oder gleich 30 kg/m2 in Verbindung mit einer leicht hypokalorischen Kost oder von übergewichtigen Patienten (BMI ≥ 28 kg/m2) mit begleitenden Risikofaktoren zugelassen. In einer Dosierung von 120 mg pro Kapsel fällt es noch unter die Verschreibungspflicht. Erst ab einer Dosis kleiner gleich 60 mg je abgeteilte Form ist es freiverkäuflich erhältlich und muss somit nicht mehr vom Arzt verschrieben werden. Dennoch können PTA und Apotheker die vorliegende Verordnung nicht einfach so beliefern.
Denn Xenical® zählt zu den so genannten Lifestyle-Arzneimitteln. Seit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes (2004) dürfen diese nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgerechnet werden. Der gemeinsame Bundesausschuss konkretisiert diese Regelungen in seiner Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL).
Demnach gilt ein Arzneimittel als Lifestyle-Medikament, wenn es vorrangig dazu dient, die Lebensqualität und oder Leistungsfähigkeit zu verbessern, oder kosmetischen Zwecke hat. Sie werden nicht oder nicht ausschließlich zur Behandlung von Krankheiten angewendet. Welche Stoffe und Fertigarzneimittel dieser Kategorie angehören, können PTA und Apotheker in der Anlage II zum Abschnitt F der AM-RL nachlesen. Zu ihnen gehören unter anderem:
Aufgepasst: Dient Tadalafil der Behandlung des benignen Prostatasyndroms bei erwachsenen Männern, kann der Arzt es in einer Dosierung von 5 mg zu Lasten der GKV verschreiben. Die Diagnose kann er auf dem Rezept entsprechend vermerken. In diesem Fall müssen PTA und Apotheker überprüfen, ob die Diagnose einer Verordnungsfähigkeit entspricht. Ist keine Diagnose angegeben, ist die Apotheke weder verpflichtet diese beim Arzt zu erfragen noch ist es ein Grund für eine Retaxation.
Beim vorliegenden Rezept ändert die Diagnose jedoch nichts an der Erstattungssfähigkeit. Der Wirkstoff Orlistat fällt unter keine Ausnahme. Aus diesem Grund tragen die GKV nicht die Kosten für eine Therapie mit dem Lifestyle-Medikament. Der Arzt hätte hier besser ein Privatrezept ausgestellt.
Damit PTA und Apotheker dennoch das Medikament abgeben können – ohne den Patienten noch einmal zum Arzt schicken zu müssen – haben sie die Möglichkeit das vorliegende Rezept, wie eine private Verordnung zu behandeln. Der Patient muss die Kosten selbst tragen. Anders als bei OTC-Präparaten kann er das Rezept jedoch nicht bei der Kasse einreichen, da GKV Lifestyle-Medikamente nicht als freiwillige Satzungsleistung erstatten dürfen.
Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA)