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Stoffwechsel ab 50

Abnehmen in den Wechseljahren

In oder nach den Wechseljahren nehmen viele Frauen an Gewicht zu, auch vorhandene Pfunde purzeln langsamer. Wie kann man gegensteuern?
Inka Stonjek
26.04.2022  11:30 Uhr

Mit Mitte 40 etwa beginnt bei Frauen der Übergang in einen neuen Lebensabschnitt: Der Zeit, in der sie Kinder bekommen können, folgt die Zeit, in der keine Schwangerschaft mehr möglich ist. Zwei von zehn Frauen kommen gut mit den sogenannten Wechseljahren zurecht und haben keine oder kaum Probleme. Der weitaus größere Teil aber berichtet der Deutschen Menopause-Gesellschaft zufolge von Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen oder Schlafproblemen. Angst, Reizbarkeit und Depression, Herzklopfen oder Herzrasen und Hauttrockenheit sind ebenfalls häufig. Wieder andere nehmen zu oder bemerken, dass sich die Pfunde hartnäckiger halten als zuvor.

Dieses Risiko besteht, wenn Frauen ihr gewohntes Essverhalten in der Menopause beibehalten. Als Folge des altersbedingten Verlusts an Muskelmasse sinkt der Grundumsatz des Körpers – bei gleicher Nährstoffzufuhr wie zuvor nehmen sie zu. Dass sich die überschüssigen Pfunde dann ausgerechnet am Bauch sammeln, hat vor allem hormonelle Gründe. Im Zuge der Wechseljahre stellen die Eierstöcke die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone ein. Durch den sinkenden Estrogenspiegel verschiebt sich im Körper das Verhältnis hin zum männlichen Hormon Testosteron aus den Nebennieren, dessen Wirkungen nun stärker zum Tragen kommen – mit der Folge, dass Frauen unter anderem das männliche Fettverteilungsmuster mit einer bauchbetonten Fettverteilung übernehmen. Das kann für manche Frauen ein ästhetisches Problem darstellen, bringt aber auch eine Reihe weiterer Nachteile mit sich.

Der Stoffwechsel des androiden Typs (»Apfeltyp«) mit seiner bauchbetonten Fettverteilung und dem gynoiden Typ (»Birnentyp«) mit der hüft- und oberschenkelbetonten Fettverteilung unterscheidet sich wesentlich. Bei der gynoiden Fettverteilung sitzt das Fettgewebe direkt unter der Haut (subkutan) und dient dem Körper in erster Linie als Energiespeicher. Bei der androiden Fettverteilung hingegen befindet es sich in der Bauchhöhle (viszeral). Ein gewisses Depot dort ist normal und erwünscht, denn es umgibt die Organe und schützt sie vor Verletzungen. Größere Mengen dort sind allerdings gefährlich, denn viszerales Fettgewebe wirkt wie ein endokrines Organ. Das Fettgewebe aus Adipozyten und deren Vorläuferzellen (Präadipozyten), Zellen des Bindegewebes (Fibroblasten, Fibrozyten), Blutgefäßes (Endothelzellen, glatte Muskelzellen) und Immunsystems (Monozyten, Makrophagen, Lymphozyten) setzen eine Vielzahl an Stoffen frei, darunter freie Fettsäuren, proinflammatorische Adipokine wie TNF-alpha oder die Adipozytokine Resistin, Leptin und Adiponektin.

Ursache des metabolischen Syndroms

Die Forschung der vergangenen Jahre hat zum Verständnis der Adipositas-induzierten Insulinresistenz und Insulinsekretionsstörung geführt. Demnach führt die Anwesenheit freier Fettsäuren und Adipokine wie TNF-alpha dazu, dass die insulininduzierte Glucoseverwertung im Muskel und die insulininduzierte Hemmung der hepatischen Glucoseproduktion abnehmen und den Blutzuckerspiegel ansteigen lassen. Im Frühstadium der Insulinresistenz versucht die Bauchspeicheldrüse, dies mit einer gesteigerten Insulinsekretion auszugleichen (Hyperinsulinämie). Der anabole Effekt des Insulins und eine verstärkte Nahrungsaufnahme führen dazu, dass sich die Fettmasse noch vermehrt. Nun beginnt ein Kreislauf, der mitverantwortlich für das Auftreten des metabolischen Syndroms ist. Im weiteren Verlauf führen Gluco- und Lipotoxizität zu einem Abfall der Insulinsekretion. Menschen mit androider Fettverteilung haben deshalb ein höheres Risiko, an Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes, Gicht, Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall zu erkranken als Menschen mit einer gynoiden Fettverteilung. Allerdings haben Forscher der Universität Uppsala in Schweden geschlechtsspezifische Unterschiede bemerkt: Bei Frauen kann ein Extra-Kilogramm Viszeralfett das Risiko für Typ-2-Diabetes mehr als versiebenfachen, bei Männern verdoppelt es »nur« die Gefahr.

Metermaß und Waage befragen

Das sind gute Gründe, das Gewicht zu reduzieren und viszerales Bauchfett zu vermeiden beziehungsweise abzubauen. Bei der Beurteilung der Dringlichkeit helfen biometrische Parameter wie der Body-Mass-Index (BMI). Ergibt der Quotient aus Gewicht und Körpergröße zum Quadrat (kg/m2) einen Wert von mehr als 25 kg/m², liegt Übergewicht vor, das beobachtet werden sollte. Da der BMI jedoch keine Auskunft über die Fettverteilung gibt, sollte das persönliche Gesundheitsrisiko zusätzlich durch eine Messung des Taillenumfangs bestimmt werden, der in der Mitte zwischen dem unteren Rippenbogen und der Oberkante des Hüftknochens gemessen wird. Zudem können auch Menschen mit normalem BMI von viszeraler Fettleibigkeit betroffen sein. Der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge ist das Risiko für ein metabolisches Syndrom bei einem Taillenumfang von mehr als ≥ 80 cm (Frauen) oder ≥ 94 cm (Männer) erhöht. Dringender Handlungsbedarf besteht bei einem Taillenumfang von mehr als ≥ 88 cm (Frauen) oder ≥ 102 cm (Männer), denn dann ist die Wahrscheinlichkeit für ein metabolisches Syndrom verdoppelt. Aussagekräftig ist auch die Waist-Hip-Ratio, also das Verhältnis von Taillen- zu Hüftumfang.

Risiko für metabolische und kardiovaskuläre Komplikationen Taillenumfang (cm) Männer Taillenumfang (cm) Frauen Waist-hip-Ratio Männer Waist-hip-Ratio Frauen
erhöht ≥ 94 ≥ 80
deutlich erhöht ≥ 102 ≥ 88 ≥ 0,9 ≥ 0,85
Mithilfe von Taillenumfang und Waist-Hip-Ratio lässt sich das Risiko für das metabolische Syndrom beurteilen.

Dem Bauchfett erfolgreich zu Leibe zu rücken, ist jenseits der Wechseljahre alles andere als einfach. Neben dem Grundumsatz ist auch der Lipidumsatz erniedrigt, vorhandene Triglyceride werden also nicht mehr abgebaut und weniger neue eingelagert. Der Stoffwechsel spielt also eine zentrale Rolle, um das Körpergewicht zu regulieren: Je besser er arbeitet, desto mehr Kalorien verbrennt der Körper.

Was den Stoffwechsel anregt, ist ein alter Hut: Bewegung. Dort setzt auch Daniela Mayer mit ihren Patienten an. Die Ernährungswissenschaftlerin betreibt unter anderem die Praxis »Ernährung aktiv« im hessischen Reichelsheim, in der sie Ernährungsberatung und Sportangebote kombiniert. Ein wichtiger Schwerpunkt ihrer Arbeit ist, die Kunden zu einer langfristigen Ernährungsumstellung und einem aktiveren Lebensstil zu motivieren. »Der eigene Antrieb ist wichtig für den Erfolg. Wer Spaß hat an neuen Gewohnheiten, tut sich viel leichter«, weiß sie aus ihrer langjährigen Erfahrung. Dazu gehört auch, die Grenzen und Besonderheiten des eigenen Körpers zu respektieren. »Bei Frauen dauert es meistens länger, bis sich auf der Waage die ersten Ergebnisse zeigen, als bei Männern. Darauf weise ich die Ehepaare hin, die gemeinsam zu mir kommen.«  Das liegt an der höheren Lean Body Mass der Männer, also ihrem höheren Anteil an fettfreier Körpermasse. Dazu zählen Muskelmasse sowie das Gewicht der Organe, Knochen, Haut und Körperwasser, die zusammen im Körper den stoffwechselaktiveren Anteil ausmachen. »2 Kilogramm bei ihr sind genauso wertvoll wie 4 Kilogramm bei ihm«, erklärt Mayer. Eine gute Nachricht aber ist: Wenn die Pfunde erst einmal schmelzen, geht es am Bauch besonders schnell, da beim Abnehmen vor allem viszerales Fett mobilisiert wird. Subkutanes Fett unter der Haut ist deutlich träger unterwegs.

Tipps für das Gewichtsmanagement

Langfristig denken: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Jahrtausende hat er gelernt, für Dürrezeiten gewappnet zu sein. Deshalb drosselt er bei geringem Nahrungsangebot seinen Stoffwechsel und spart Energie, wo es nur geht. Anschließend ist er mit den alten Mengen überfordert und speichert jede überschüssige Kalorie hartnäckig in Form von Fett. Genau das Gleiche passiert bei kurzfristigen Diäten. Wer abnehmen möchte und den Erfolg halten will, muss langfristig denken und Energieaufnahme und -verbrauch in ein vernünftiges Verhältnis bringen. Die deutschen Fachgesellschaften empfehlen zum Abnehmen eine Ernährung, die 500 bis 800 Kalorien pro Tag unter dem tatsachlichen Bedarf liegt. In Kombination mit regelmäßigem Sport purzeln so im Schnitt etwa 0,5 bis 1 Kilogramm pro Woche. Das reicht völlig, denn alleine die gedehnte Haut braucht Zeit, um sich wieder zurückzubilden. Außerdem erhöht sich bei zu schnellem Gewichtsverlust das Risiko gesundheitlicher Probleme, etwa für Gallensteine.

Ein wichtiges Element ist auch, mehr Aktivität in den Alltag einzubauen: kurze Spaziergänge in der Mittagspause statt Zeitung lesen, Treppen laufen statt Fahrstuhl fahren und bei kürzeren Strecken auf das Auto verzichten und zu Fuß gehen. Vielleicht gibt es sogar größere Entfernungen, die regelmäßig mit dem Fahrrad zurückgelegt werden können. Noch besser ist, zusätzlich zwei- bis dreimal pro Woche Sport zu treiben. Die Auswahl ist riesig: Manche brauchen die Bindung an Mitstreiter und einen festen Kurs, andere wollen Flexibilität und trainieren alleine zwischendurch. Optimal sind Ausdauersportarten wie Walken, Wandern, Radfahren oder Schwimmen.

Ernährung umstellen: Nicht weniger und einseitig, sondern anders und genussvoll essen ist die Devise. Empfehlenswert sind Lebensmittel mit einer niedrigen Kaloriendichte. Das sind Produkte, die satt machen und trotzdem kalorienarm sind – wie Vollkornbrot im Vergleich zum Baguette, Naturreis statt poliertem Reis, Pellkartoffeln anstelle von Pommes, mageres Geflügel statt Haxe. Außerdem dürfen Fisch, Milchprodukte, Hülsenfrüchte und Gemüse nicht fehlen. Vorsicht ist bei Getränken geboten: Cola, Limonade, Fruchtsäfte und Alkohol sind wahre Kalorienbomben. Unterschätzen sollte man auch den Coffee-to-go mit Sahne, Sirup und Schokosplittern nicht. Besser sind Mineralwässer, Tees und Fruchtsaftschorlen.

Fünf am Tag

Obst und Gemüse sind ideal zum Abnehmen. Gemüse kann in unbegrenzter Menge auf dem Speiseplan stehen. Es liefert jede Menge Vitamine, Mineralstoffe und andere gesunde Inhaltsstoffe wie sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffe, aber kaum Kalorien. Obst liefert ähnliche Inhaltsstoffe wie Gemüse, enthält aber etwas mehr Energie in Form von Zucker. Deshalb reichen hier zwei Portionen am Tag aus.

Viele Menschen merken nicht, wie viel sie zwischendurch verdrücken: vormittags noch etwas vom Bäcker, nachmittags den Schokoriegel, abends der Griff in die Chipstüte. Das Problem dabei: Selten ist hier Hunger im Spiel. Übergewichtige müssen lernen, wieder auf ihren Magen zu hören. Der weiß genau, wann es Zeit für die nächste Mahlzeit ist, und kündigt das mit einem lauten Knurren an. Das bedeutet auch, sich nicht mit Essen zu trösten, wenn mal etwas nicht optimal läuft oder Stress entsteht. Das heißt nicht, dass Naschen nicht auch erlaubt ist. Genießen Sie eine kleine Portion, und zwar bewusst und mit allen Sinnen. Hierbei gilt die Faustregel: Nicht mehr verzehren, als in einer Handinnenfläche Platz hat.

Zwischenmahlzeiten entsagen

Es spricht nichts dagegen, den Tagesbedarf auf mehrere Portionen am Tag aufzuteilen. Allerdings ist das nicht als Freibrief für Daueressen zu verstehen. Neuere Studien zeigen, dass Zwischenmahlzeiten hinderlich beim Abnehmen sein können. Erst eine vier- bis fünfstündige Essenspause lässt den Insulinspiegel absinken und den Körper auf die Fettdepots als Energiereserve zurückgreifen. Wem zwischendurch der Magen knurrt, der sollte wenigstens auf die richtigen Snacks achten, zum Beispiel (Trocken-)Obst, Vollkornkekse oder ein Vollkornbrot mit Marmelade bei süßem Appetit oder Gemüse, Knäckebrot mit fettarmem Frischkäse oder ein Becher Gemüsebrühe als herzhafte Variante.

An der alten Weisheit »Iss morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettelmann« scheint mehr dran zu sein, als lange angenommen. Denn die Chronobiologie, also die Wissenschaft der inneren Uhr, vermutet aktuell, dass der Zeitpunkt des Essens für den Diäterfolg doch entscheidend ist. Demnach landen Kalorien zu später Stunde eher am Bauch als über den Tag gegessene. Deshalb: Auf Mahlzeiten nach circa 19 Uhr besser verzichten.

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