Ängste loslassen, Geborgenheit finden |
Alltagsstress loslassen und Ruhe finden. Diesen Effekt verspricht die Meditation. / Foto: Getty Images/Jasmina007
Um gesund zu bleiben, braucht unser Körper den Wechsel zwischen An- und Entspannung. Ebenso benötigt unser Geist von Zeit zu Zeit einmal Pausen. Doch wissenschaftliche Studien zeigen, dass uns täglich durchschnittlich 60.000 Gedanken durch den Kopf rauschen. Gerade mal drei Prozent davon sind aufbauend, die restlichen Gedanken sind negativ und verursachen Stress. Dadurch geraten viele in künstliche Hochspannung: der Puls steigt, der Blutdruck ist erhöht, der Atem geht hastig und flach und die Muskeln sind sogar im Sitzen angespannt. Diese ständige Alarmbereitschaft kostet unseren Körper viel Kraft und Energie, sodass er unter Umständen nur noch wenig davon aufbringen kann, wenn es darum geht, Krankheitserreger abzuwehren.
Gerade in Zeiten der Coronavirus-Pandemie ist der Alltag vieler Menschen geprägt von Sorgen und Ängsten. Die Gedanken scheinen nur noch um das eine Thema zu kreisen. Grund genug einmal abzuschalten und sich einem wirksamen Gegenmittel zu widmen: der Meditation. Durch die »Reise nach Innen« lassen sich messbar Stresshormone wie Adrenalin und Cortison reduzieren, was langfristig die Abwehrkräfte stärken kann. Bereits 20 Minuten Meditation dreimal pro Woche reichen aus, um gelassener und zufriedener zu machen, wie US-Forscher der Universitäten von Harvard, Yale und Massachusetts herausgefunden haben.
Der Begriff Meditation kommt ursprünglich aus dem Lateinischen und hat gleich zwei Bedeutungen: »Über etwas nachdenken« sowie »In die Mitte gehen«. In der Praxis bedeutet Meditieren gegenwärtig zu sein und nicht über Vergangenes oder die Zukunft nachzudenken. Meditierende konzentrieren sich dafür auf einen bestimmten Reiz in der Gegenwart, der visueller, akustischer oder gedanklicher Natur sein kann.
Wer sich auf die Meditation einlässt, profitiert langfristig von einer Reihe positiver Effekte: Das Herz schlägt ruhiger, der Blutdruck sinkt und Betroffene kommen nachweislich mit weniger Atemzügen aus. Menschen, die meditieren und sich so in tiefer Versenkung befinden, schöpfen außerdem schnell neue Kraft und Energie. Meditations-Geübte fühlen sich mit der Zeit energiegeladener, ausgeglichener und zufriedener als ihre stressdurchfluteten Freunde. Sie leiden seltener unter psychosomatischen Beschwerden wie Spannungskopfschmerzen oder Schlafstörungen und haben ein stärkeres Immunsystem. Und, während der Körper bei einer Meditation entspannt und Abstand zu Problemen gewinnt, zeigen sich danach oft Lösungen für eben diese.
Wichtig: Egal für welche Variante sich Interessierte entscheiden, sie sollten sich nicht entmutigen lassen, wenn es beim ersten Mal nicht direkt klappt. Das ist normal und wird mit jedem Versuch besser klappen.
Zen bedeutet auf Japanisch »Selbstversenkung«. Traditionelle Zen-Schüler arbeiten meist ein Leben lang, um diesen geistigen Zustand zu erreichen. Wer lediglich Pausen der Besinnung einlegen möchte, liegt mir der »weltliche« Form der Zen-Meditation richtig. Sie lässt sich jederzeit und überall ausüben. Die Idee: Wer sich hundertprozentig auf eine Tätigkeit konzentriert, schärft seine Wahrnehmung und weitet seinen Blickwinkel, sodass er viele Dinge anders und gelassener wahrnimmt. Es stellt sich ein Zustand ein, bei dem alles gut erscheint. Glücksforscher nennen diesen Zustand »Flow«. Anfänger starten mit einer einfachen Sitzposition auf einem Kissen oder einem Stuhl, Handflächen liegen ineinander, beide Daumen berühren sich. Nun Augen schließen oder fest auf einen Punkt sehen. Nehmen Sie dabei die eigene Atmung wahr und fühlen Sie in Ihr Bauchzentrum knapp unterhalb des Bauchnabels hinein. Die physische Körpermitte soll gleichzeitig auch die geistige Mitte sein. Falls Sie mit den Gedanken abschweifen, kehren Sie einfach wieder ruhig zur Atmung zurück.
Wenn Sie aus dem Gedankenkarussell aussteigen möchten, versuchen Sie hin und wieder im wahrsten Sinne des Wortes »in sich zu gehen«. Die Geh-Meditation ist eine Art Spaziergang mit langer Tradition. In buddhistischen Klöstern gibt es dafür sogar spezielle Pfade. Aber im Gehen meditieren, können Sie natürlich überall. Einfach darauf konzentrieren, was Sie alles empfinden, während Sie gehen: Wie fühlt sich der Boden an? Wie die Füße? Was ändert sich, sobald Sie das Gewicht verlagern? Anfänger gehen zu Beginn nur für etwa 10 Minuten sehr langsam, auf und ab oder im Kreis. Setzen Sie einfach nur einen Fuß vor den anderen und rollen Sie von der Ferse bis zu den Zehen ab. Der Blick ist in die Weite gerichtet, nicht auf den Boden. Tauchen Gedanken auf, konzentrieren Sie sich einfach wieder auf die Füße oder auf Ihren Atem.
Wer ein gutes Körperbewusstsein hat, für den könnte der »Body Scan« etwas sein. Entwickelt hat die Methode der amerikanische Verhaltensmediziner und Meditationslehrer Dr. Jon Kabat-Zinn. Legen Sie sich hin und tasten Sie in Gedanken Ihren Körper für die Dauer von etwa 30 Minuten ab. Konzentriere Sie sich zuerst auf Ihre Zehen des linken Fußes und stellen Sie sich dabei vor, wie der Atem dort hineinließt. Was empfinden Sie? Wie fühlen sich die Zehen an? Warm oder kalt? Dann wandern Sie gedanklich weiter das linke Bein aufwärts und wiederholen das Ganze mit den Unterschenkeln, den Knien, den Oberschenkeln bis hin zum Becken. Dabei atmen Sie immer wieder in diese Bereiche hinein. Danach starten Sie den Prozess vom rechten Zeh aus, anschließend aufwärts bis zum Kopf. Sobald Sie alle Verspannungen »eingesammelt« haben – atmen Sie diese am Scheitel, wie eine Wasserfontäne aus, sodass Ihr Körper sich spannungsfrei anfühlt.
Diese Methode wurden bereits vor 5000 Jahren in Asien bei Heilungsritualen angewendet. Inzwischen kommen sie im Rahmen von sogenannte Klangmassagen auch in Europa zum Einsatz. Die Klänge führen in eine tiefe Entspannung. Ihre rhythmischen Schwingungen übertragen sich auf den Körper und erzeugen gesunde Vibrationen. Auch Naturklänge wie Meeresrauschen, Vogelgezwitscher oder das Trommeln von Sommerregen lösen eine tiefe Entspannung aus. Studie belegen, dass schon die Geräuschkulisse eines Waldes messbar Stresshormone und den Blutdruck senkt. Angeleitete Klangmeditationen lassen sich zahlreich im Internet finden.
Diese aus dem Hinduismus stammende Meditation soll sogar bei kleinen Alltagskrisen helfen: So zeigten US-Studien, dass ein Mantra sowohl bei Stress im Verkehrsstau als auch bei Albträume oder quälenden Gedanken beruhigend wirkte. Die meisten bekannten Mantras stammen aus dem Sanskrit, einer Sprache des alten Indiens. Wer möchte, kann aber auch ein Wort aus dem eigenen Sprachgebrauch nutzen. Hauptsache es ist kurz und positiv besetzt zum Beispiel »Wärme« oder »Ruhe«. Sobald Sie ein Wort haben, setzen Sie sich aufrecht hin, schließen die Augen und murmeln es einige Male leise, in Gedanken vor sich hin. Lenken Sie Ihre Konzentration immer wieder auf Ihr Wort und zwar solange bis Sie sich besser fühlen.
Akute Soforthilfe gebraucht? Dann versuchen Sie einmal die »One-Moment-Meditation« des New Yorker Psychotherapeuten Martin Boroson. Sobald Sie sich ärgern, gestresst oder nervös sind, suchen Sie sich einen ruhigen Raum, schließen die Tür und setze sich gerade (ohne Verrenkungen!) hin. Die Hände legen Sie links und rechts auf die Knie. Nun versuchen Sie sich für nur eine Minute auf Ihren Atem zu konzentrieren. Sobald Sie ein Gedanken ablenkt, gehen sie zurück zu Ihrer Atmung. Meist atmen Sie dann automatisch tiefer und machen irgendwann einen tiefen Seufzer beim Ausatmen, sodass die Anspannung abfällt und Sie sich ausgeglichener als vorher fühlen.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.