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Durchfall, Blähungen und Verstopfung

Alarm in Babys Darm

Weinende Babys versetzen frischgebackene Eltern in Sorge und stören die dringend benötigte Nachtruhe. Oft sind Blähungen, Verstopfung oder Durchfall Schuld an der Misere, da das Verdauungssystem in den ersten 24 Lebensmonaten reifen muss. PTA und Apotheker können den Eltern Sicherheit vermitteln, wie sie Verdauungsstörungen ihres Kindes vorbeugen, erkennen und behandeln können und wann ärztlicher Rat unverzichtbar ist.
Birgit Fuchs
08.10.2019  14:00 Uhr

Durchfall, der häufig mit Fieber und Erbrechen einhergeht, tritt besonders oft zwischen dem 6. und 24. Lebensmonat auf – dann, wenn der Nestschutz durch die Mutter nachlässt und Babys eigene Immunität gegen Krankheitserreger in der Umwelt noch im Aufbau ist. Auslöser solch einer akuten Gastroenteritis sind nur selten verdorbene Lebensmittel oder Arzneimittel wie Antibiotika.

Viel öfter greifen Viren wie Rota-, Noro-, oder Rhinoviren oder seltener Bakterien wie Salmonellen oder Escherichia coli die Darmschleimhaut direkt an oder schädigen sie durch ihre Toxine. Als Folge kann der Darm Wasser und Elektrolyte nicht mehr ausreichend aus dem Speisebrei ins Blut zurückholen. Der Körper von Säuglingen trocknet binnen weniger Stunden aus, besonders bei Erbrechen als Begleiterscheinung. Leidet ein Kind im ersten Lebensjahr länger als sechs Stunden an Durchfall, sollen die Eltern deshalb grundsätzlich einen Kinderarzt konsultieren.

Vorbeugend können frischgebackene Eltern ihrem Baby ab der sechsten Lebenswoche eine gut verträgliche und wirksame Schluckimpfung (Rotarix®/RotaTeq®) gegen Rotavirus-Infektionen geben lassen. Die Impfung muss im ersten Lebenshalbjahr abgeschlossen sein. Außerdem schützt (teilweises) Stillen vor Durchfall wie auch anderen Infektionen. Flaschenmilch soll immer frisch zubereitet, Eier und Fleisch gut durchgegart werden.

Hierzulande sind Magen-Darm-Infekte in der Regel selbstlimitierend. Wichtigste Behandlungsmaßnahme für die Eltern ist es, verlorene Flüssigkeit und Elektrolyte rasch zu ersetzen mit speziellen Trinklösungen aus Glucose und Elektrolyten. Entscheidend ist, die Trinklösung genau nach Gebrauchsanweisung herzustellen. Laut Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO soll der Natrium-Gehalt der fertigen Lösung in Industrieländern zwischen 45 und 60 mmol/l liegen. Orale Rehydratations-Lösungen (ORL) wie Oralpaedon 240® und Elotrans® tragen dazu bei, dass sich die Epithelzellen der Darmschleimhaut regenerieren, die Durchfalldauer beeinflussen sie nicht.

Beobachten die Eltern bereits Zeichen von Austrocknung, zum Beispiel eingefallene Augen oder Wangen, Unruhe, trockene Zunge oder großen Durst, benötigt der Säugling in den ersten drei bis vier Stunden 40 bis 50 ml ORL pro Kilogramm Körpergewicht, ansonsten 50 bis 100 ml nach jedem flüssigen Stuhl oder Erbrechen. Erfahrungsgemäß trinken Kinder die Elektrolytlösung ungern. Empfehlenswert ist es daher, die Flüssigkeit kühl, in kleinen Mengen teelöffelweise oder mithilfe einer Spritze zu füttern. Plagt zusätzlich Erbrechen die kleinen Patienten, sollten die ersten 100 bis 200 ml ORL alle zwei Minuten in kleinen Mengen mit Teelöffel oder Spritze verabreicht werden; danach können die Eltern 30 bis 50 ml alle 15 Minuten aus Flasche oder Becher anbieten. Ohne Erbrechen können die Eltern gleich mit den größeren Mengen beginnen.

Energie für die Genesung

Und wann dürfen die Kinder was wieder essen? Nahrung ist wichtig für den Wiederaufbau atropher Darmzotten und liefert die nötige Energie für den Heilungsprozess. Stillkinder dürfen zwischen dem Füttern der Trinklösung an der Brust trinken. Sobald die Kleinen wieder gut mit Flüssigkeit versorgt sind (nach circa drei bis vier Stunden), erhalten sie auch wieder ihre gewohnte Nahrung, also Muttermilch oder Flaschennahrung in normaler Konzentration für Säuglinge, dazu die übliche Beikost.

Günstig sind stärkehaltige Produkte wie Nudeln, Breie, Kartoffeln, Brot oder Zwieback und stopfende Obst- und Gemüsesorten wie Banane und Möhre. Auch Fett ist erlaubt. Stark zuckerhaltige Speisen und Getränke, besonders Säfte und Softdrinks, müssen die Eltern einschränken. Meist dauert der Durchfall zwei bis drei Tage an. In dieser Zeit reichlich Flüssigkeit anbieten, bei wässrigem Durchfall auch weiterhin die Trinklösung.

Über den Einsatz von Medikamenten soll bei (Brech-)Durchfall im Säuglingsalter in jedem Fall ein Arzt entscheiden. Manche können bei früher Gabe die Durchfalldauer verkürzen und die Trinklösung ergänzen. Im Handel sind Präparate mit Probiotika wie Lacteol® Pulver mit Lactobacillus fermentum/delbrueckii oder Omni Biotic Panda® Pulver mit Bifidobacterium bifidium/lactatis sowie Lactococcus lactis. Letzteres soll auch allergischen und atopischen Erkrankungen vorbeugen. Perenterol junior® mit dem Hefepilz Saccharomyces boulardii soll Toxine binden und auf den Schleimhautzellen des Darms einen Biofilm bilden, der die Adhäsion pathogener Keime verhindert.

Kehrt der Durchfall in unregelmäßigen Abständen häufig wieder, könnte eine Unverträglichkeitsreaktion auf Kuhmilch-Proteine, Lactose oder Gluten (Zöliakie) dahinter stecken. Auch eine Kohlehydratfehlverdauung oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen verursachen chronischen Durchfall. Eine genaue Diagnosestellung durch den Kinderarzt ist hier unerlässlich.

Luft im Bauch

Auch zu viel Luft im Bauch macht Säuglingen und deren Eltern in den ersten Monaten das Leben schwer. Bereits mit zwei Wochen setzen die Dreimonatskoliken ein, heute Regulationsstörungen genannt: Neugeborene müssen nämlich erst lernen, Reize zu verarbeiten, sich selbst zu beruhigen, wenn alles zu viel wird und ihren Schlaf-wach-Rhythmus finden. Ist diese Entwicklung noch nicht bewältigt, schreien Babys als Ausdruck einer verzögerten Verhaltensregulation. Beim Schreien verschlucken die Kleinen Luft, die heftige Bauchschmerzen verursacht.

Altersgenossen lernen in unterschiedlichem Tempo, mit Reizen aus der Umgebung oder dem eigenen Körper, etwa Grummeln im Bauch, umzugehen. Manche lernen langsamer, sich selbst zu beruhigen und lassen sich auch von anderen weniger gut beruhigen, was aber letztendlich ohne Folgen bleibt. Nach drei bis vier Monaten gehen die Bauchschmerzen, die oft zu gleichen Tages- und Nachtzeiten wiederkehren, vorbei. Nur selten, bei etwa 3 bis 4 Prozent der Babys, steckt eine Allergie auf Kuhmilch-Proteine hinter den Blähungen.

Um Qualen durch Winde vorzubeugen, sollen die Säuglinge beim Stillen oder Fläschchentrinken möglichst wenig Luft schlucken. Hierfür ist Ruhe, die richtige Anlegetechnik und ein Sauger mit kleiner Öffnung (zum Beispiel Calma® von Medela) ausschlaggebend. Stillende Mütter können auf Hülsenfrüchte, Zwiebeln und Kohlsorten verzichten und diese erst langsam einzeln mit der Beikost einführen. Zwickt doch Luft in Babys Bauch, sorgt die Wärme eines Kirschkern- oder Dinkel-Kissens für Entspannung. Viele Säuglinge fühlen sich im Fliegergriff, also bäuchlings auf dem Unterarm der betreuenden Person ruhend, wohler.

Auch ätherische Öle können helfen: in blähungstreibenden Tees aus (süßem) Fenchel, Anis und Kümmel, als Salbe zur sanften Bauchmassage (wie Bäuchlein Salbe Babynos®), als Säuglingszäpfchen mit Kümmel, Kamille, Tollkirsche und Tabak (Carum carvi comp.®) oder als Globuli mit Wermut, Enzian, Wacholder und Kamille (Flatulini®) in homöopathischer Zubereitung. Außerdem können die Eltern Entschäumer mit Simeticon (wie Lefax Pump Liquid®, Sab Simplex® Tropfen oder Espumisan® Emulsion) verwenden. Die Darmbalance von Säuglingen lässt sich auch steigern durch vermehrte Ansiedlung nützlicher Bakterien wie Lactobacillus reuteri (BiGaia® Tropfen). Empfehlenswert sind Präparate wie BiGaia® oder Omni Biotic Panda® für Babys, die mit Kaiserschnitt entbunden wurden, da diesen die natürliche Besiedlung mit Darmbakterien der Mutter fehlt. Leiden Säuglinge zu oft oder zu heftig unter Blähungen, sollen Eltern den Kinderarzt in Kenntnis setzen, um durch eine Untersuchung andere Ursachen auszuschließen.

Seltener Stuhl

Wenn Säuglinge anhaltend schreien, sehr unruhig wirken und sich krampfartig bewegen, Bauchschmerzen andeuten, appetitlos sind oder Blutspuren in der Windel auftauchen, sind dies Warnsignale für eine mögliche Verstopfung. Normal ist bei gestillten Säuglingen, vier bis fünf Mal täglich bis hin zu einmal wöchentlich ihr großes Geschäft zu verrichten. Kommt es noch seltener zur Stuhlentleerung oder ist der Stuhl so hart, dass er nur mit starker Anstrengung, unter Schmerzen oder unvollständig ausgeschieden werden kann, liegt eine Verstopfung vor. Da das Verdauungssystem in den ersten Lebensmonaten noch nicht voll ausgereift ist, besteht Gefahr typischerweise bei der Umstellung von Brust- auf Flaschenmilch, wenn Flaschenmilch zu konzentriert zubereitet wird oder zu Beginn der Beifütterung.

Schnell führt ein Teufelskreis zu chronischer Verstopfung: Verursachen ein wunder Po oder kleine Einrisse der Haut am Darmausgang Schmerzen bei der Darmentleerung, versuchen die Kleinen, durch »Verkneifen«, den Schmerz zu vermeiden. Dadurch härtet der Stuhl zu großen Ballen ein, die schmerzhafte Einrisse im After verursachen; Anzeichen hierfür sind Blutauflagerungen auf dem Stuhl.

Zunächst kann man versuchen, die Beschwerden durch eine sanfte Bauchmassage im Uhrzeigersinn um den Nabel herum zu lindern: Das unterstützt die Darmbewegung vom aufsteigenden Teil des Dickdarms über den horizontalen Part hin zum absteigenden Arm und zum Enddarm. Haben sich bereits große Stuhlmengen angesammelt, muss man diese zuerst herausbekommen. Dies gelingt mit Glycerinzäpfchen (wie Glycilax®), kohlendioxidfreisetzenden Zäpfchen (wie Lecicarbon S®) oder Natriumcitrat, -dodecylsulfoacetat und sorbitolhaltigen Miniklistieren (wie Microlax®). Letztere verflüssigen den Stuhl binnen 5 bis 20 Minuten. Wichtig: Bei Babys den Applikator nur zur Hälfte einführen und mit zusammengedrückter Tube herausziehen, sodass die Lösung nicht in die Tube zurückgesaugt wird. Tabu ist es, bei wundem Po oder gegen den Widerstand des Kindes Zäpfchen oder Mikroklistiere anzuwenden, um die Angst der Kleinsten nicht zu verstärken.

Danach erst kann folgende Routinebehandlung funktionieren: Zum Behandlungs-Einmaleins gehört, bei jedem Windelwechsel Babys Po und After mit einer panthenol- und/oder zinkhaltigen Wundschutzcreme zu pflegen. Um die Stuhlentleerung für den Säugling wieder schmerzfrei machen, sind meist auch Weichmacher sinnvoll. So können die Eltern nach Rücksprache mit dem Kinderarzt dem Milch- oder Teefläschchen Milchzucker zusetzen oder stärker wirksamen Lactulose-Sirup verabreichen, der jedoch Blähungen verursachen kann.

Wichtig ist auch, die Ernährung umzustellen, um den Stuhl des Kindes weich zu halten. Als Grundregel gilt: immer auf ausreichende Trinkmenge achten. Bekommt der Säugling bereits Beikost, können die Eltern dem Brei einen Schuss Öl oder einen Teelöffel Pflaumen- oder Birnensaft untermischen. Später sollen Vollkornprodukte wie Haferflocken oder mehr faserreiches, abführend wirkendes Obst (wie gekochter Apfel oder Birne) und Gemüse (wie Kürbis oder Pastinake) auf den Speiseplan. Auch eine Kuhmilchproteinunverträglichkeit kann eine Verstopfung verursachen. Hierüber verschafft ein entsprechender Diätversuch Klarheit.

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