PTA-Forum online
Das sagen Adexa und BVpta

Alles Gute in 2022!

Zwei bedeutende Organisationen für PTA und Apotheker, die Apothekengewerkschaft Adexa und der Bundesverband PTA (BVpta) blicken zurück auf 2021 und schildern ihre Vorhaben für das neue Jahr. Ein Gespräch mit PTA-Forum
Isabel Weinert
06.01.2022  08:30 Uhr

PTA-Forum: 2021 ist vorbei. Was lief aus Ihrer Sicht gut für PTA und Apotheker, wo hat es gehakt?

Adexa/May: Die Corona-Pandemie hat allen Apothekenteams viel abverlangt. Apotheken spielen in der Pandemie eine enorm wichtige Rolle für die Arzneimittelversorgung und den Infektionsschutz.

Und ich bin sicher, dass die Leistungen der Apotheken von der Politik sehr viel besser gesehen und mehr wertgeschätzt wurden. Ob sich das auch in spürbaren Verbesserungen der Apothekenhonorierung dauerhaft niederschlägt, wird sich zeigen. Wir haben das jedenfalls beim neuen Gesundheitsminister Karl Lauterbach angemahnt – ebenso wie einen staatlichen Corona-Bonus für die Angestellten.

Dass die Apotheken im Dezember vom Bundestag in die Corona-Schutzimpfung einbezogen wurden, ist auch ein gutes Zeichen dafür, wie verlässlich die Teams im vergangenen Jahr in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden.

BVpta/Löffler: In den öffentlichen Apotheken mussten auch in diesem Jahr die pharmazeutischen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bei der Organisation und Umsetzung zahlreicher kurzfristiger Coronamaßnahmen wieder einmal unter Beweis stellen: Kostenlose Masken wurden verteilt, Botendienste ausgebaut, Coronatests durchgeführt, Impfstoffe bestellt und ausgeliefert, Impfzertifikate kontrolliert und ausgestellt. All dies und noch zahlreiche weitere neue Aufgaben haben sie mit Bravour gemeistert, was deutlich macht, dass die meisten Beschäftigten motiviert sind und in ihnen großes Potenzial steckt.

Doch genau hier liegt auch das Problem: Dieses zusätzliche Engagement muss Anerkennung finden, nicht nur durch eine Coronaprämie, sondern langfristig durch eine allgemein bessere Bezahlung für gute Leistung und für die Übernahme von Verantwortung. Nicht umsonst haben im vergangenen Jahr die schlechte Bezahlung und die mangelnde Wertschätzung viele PTA bewogen, der öffentlichen Apotheke den Rücken zu kehren.

PTA-Forum: Welche Punkte des Koalitionsvertrages sind Ihres Erachtens für pharmazeutisches Personal von Bedeutung und in welcher Hinsicht?

Adexa/Kratt: Als Gewerkschaft ist uns besonders wichtig, dass der gesetzliche Mindestlohn wie angekündigt bald auf zwölf Euro angehoben wird. Denn das hat auch Auswirkungen auf das Tarif- und Gehaltsniveau in den Apotheken. Und zwar für alle Berufsgruppen. Damit einhergehen soll auch eine Erhöhung der Minijobgrenze auf 520 Euro, was bei zwölf Euro zehn Wochenstunden entspricht.

Die meisten anderen Pläne – zum Beispiel zur Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung sowie der Tarifautonomie – sind relativ vage formuliert. Hier muss man beobachten, was wann konkret geplant und umgesetzt wird.

BVpta/Löffler: Die Förderung der Digitalisierung im Gesundheitswesen bedeutet für das pharmazeutische Personal neue Herausforderungen und neue Aufgabengebiete. Dafür werden in Zukunft eine ganze Reihe an Spezialkompetenzen benötigt, zum Beispiel für die Umsetzung telepharmazeutischer Angebote, für eine gezielte Kundenansprache über Social Media-Plattformen oder für den E-Commerce.

Des Weiteren lassen sich aus der geplanten Stärkung von Prävention und Gesundheitsförderung für das pharmazeutische Personal gute Entwicklungsperspektiven ableiten. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen können sich durch neue Serviceleistungen profilieren und die Apotheken können sich als Kompetenzzentren etablieren. Spezielles Fachwissen für konkrete Gesundheitszustände oder zur Vorbeugung bestimmter Erkrankungen wird zunehmend gefragt sein. Hierzu zählt auch die Ausweitung von Impfangeboten, die für die Grippeimpfung bereits in einigen Modellapotheken umgesetzt und mit der Einbindung der Apotheken in die Corona-Impfungen aktuell noch ausgeweitet werden.

PTA-Forum: Die Pandemie scheint leider noch lange nicht zu Ende. Welchen Anteil hatten und haben PTA an den dadurch entstandenen neuen Aufgaben in der Apotheke? Wie viel Mehrbelastung ist durch das pandemische Geschehen entstanden? Hat sich womöglich auch etwas verbessert?

Adexa/May: Generell haben PTA bei allen pandemiebedingten Aufgaben – angefangen bei der Herstellung von Desinfektionsmitteln über die Maskenabgabe und die Schnelltests bis zur Ausstellung digitaler Impfzertifikate – ganz wesentlich zur sehr guten Performance der Apotheken beigetragen. Bei den Corona-Schutzimpfungen werden PTA sicher für die Vorbereitung eingesetzt – die eigentliche Impfung ist allerdings Sache von Approbierten.

Die Belastung der Apothekenangestellten ist insofern gewachsen, als die ohnehin oft dünnen Personaldecken noch mehr gedehnt wurden. Wir haben von vielen Mitgliedern und ehrenamtlich Aktiven gehört, dass Angestellte aus den Teams in andere Bereiche abgewandert sind. Wenn aufgrund von Erkrankungen, Quarantäne oder Schwangerschaften Kolleginnen ausfallen, ist der Schritt von der Belastung zur Überlastung nicht weit.

BVpta/Löffler: In den öffentlichen Apotheken haben PTA im vergangenen Jahr zahlreiche Überstunden angehäuft. Arbeitsmediziner berichten, dass in vielen Betrieben – hier bilden PTA in öffentlichen Apotheken keine Ausnahme – die Mitarbeiter erschöpft und überlastet sind. So ist aktuell eine Zunahme von Krankmeldungen zu beobachten. Damit steigt der Druck auf die übrigen Angestellten weiter an.

Verbessert hat sich unseres Erachtens die Aufmerksamkeit, die aktuell dem PTA-Beruf zuteilwird. Zahlreiche Inhaber befürworten inzwischen eine Aufwertung dieses Berufes inklusive einer Ausweitung der Kompetenzen für PTA.

PTA-Forum: Welche Rolle spielt Ihre Organisation in der Umsetzung des PTA-Reformgesetzes?

Adexa/May: Adexa-Vorstand und BVpta sind in einer Arbeitsgruppe bei der Bundesapothekerkammer aktiv, die eine Richtlinie für die Durchführung der Praktischen Ausbildung der PTA erarbeitet.

BVpta/Steves: Der BVpta ist Treiber innovativer Schritte zur Zukunft des PTA-Berufes. Wir haben an Expertenmeetings der Länder teilgenommen und die Lehrplanarbeit der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) zur Konzeption des neuen Lehrplanes unterstützt. Weiterhin bin ich Beraterin der Lehrplankommission des Staatsinstitutes für Schulqualität und Bildungsforschung München und Teilnehmerin der Arbeitsgruppe »Richtlinie zur Durchführung der praktischen Ausbildung zur/zum PTA« der Bundesapothekerkammer. Darüber hinaus tagt im BVpta regelmäßig eine Fachgruppe »PTA Ausbildung«, in der sich SchulleiterInnen, LehrerInnen, ApothekenleiterInnen und PTA austauschen rund um die reformierte Ausbildung.

PTA-Forum: Läuft die Umsetzung im Wesentlichen glatt, oder sehen Sie möglicherweise Entwicklungen in eine nicht gewünschte Richtung?

Adexa/May: Das PTA-Reformgesetz hat insgesamt nicht die Ausrichtung, die wir gefordert hatten. Mit den weiterhin nur zwei Jahren Fachschule ist der Gesetzgeber einfach zu kurz gesprungen. Das lässt sich aus unserer Sicht auch nachträglich kaum »heilen«. Da hat sich die Standesvertretung meines Erachtens auch zu stark in die Belange der PTA eingemischt.

Insgesamt arbeiten die Interessenvertretungen jetzt aber konstruktiv zusammen.

BVpta/Steves: SchulleiterInnen und LehrerInnen haben in der TuPA Fachgruppe der DPhG unter der Leitung von Kerstin Wahlbuhl einen sehr guten Lehrplan erarbeitet. Hier wurde das hohe Engagement der LehrerInnen deutlich, bestens ausgebildete PTA in die aktive Berufszeit zu entlassen. Der Lehrplan ist auf der ganzen Linie eine Bereicherung. Als falsch erweist sich allerdings, Inhalte gestrichen zu haben, wie zum Beispiel im Fach Chemie. Auch das Praktikum wird sich deutlich verbessern, was aber zusätzlichen Aufwand für ApothekenleiterInnen bedeutet.

PTA-Forum: Wo besteht noch dringend Handlungsbedarf?

Adexa/May: Die Schulgeldfreiheit – ein Versprechen des ehemaligen Gesundheitsministers Jens Spahn – muss unbedingt noch flächendeckend umgesetzt werden. Und zwar nicht erst 2023, wenn das Gesetz in Kraft tritt.

BVpta/Steves: Gespräche mit SchulleiterInnen und LehrerInnen haben gezeigt, dass es noch viele offene Fragen zur Umsetzung der Ausbildung gibt. Diese liegen zum Beispiel in der Organisation des Praktikums und in der Klärung von Verantwortlichkeiten. Die Beantwortung dieser Fragen wollen wir mit Kräften unterstützen. Weiterhin wurde daraus deutlich, wie hoch der Handlungsbedarf, den PTA-Beruf zu verändern, über das PTA-Reformgesetz hinaus ist. Schulgeldfreiheit ist noch immer nicht in allen Bundesländern erreicht, geklärt werden muss auch, inwieweit der PTA-Beruf ohne Ausbildungsvergütung noch »wettbewerbsfähig« ist und natürlich, welche Perspektiven PTA zur Weiterentwicklung haben werden. Weiterhin ist der inhaltliche Anspruch der Ausbildung immens gestiegen. Bei gleichzeitig kontinuierlich sinkendem Niveau der SchülerInnen entstehen Herausforderungen für Lehrende, die nur schwer zu bewältigen sind. Das heißt, dass auch über die Länge der Ausbildung nochmals nachgedacht werden muss. Kurzum: Eine komplette Reform ist notwendig.

PTA-Forum: Zum E-Rezept: Sind Sie zufrieden damit, dass PTA keine Änderungen freigeben können? Wäre es sinnvoll, PTA hier mehr Kompetenzen zu geben?

Adexa/May: Beim E-Rezept gibt es noch so viele Kinderkrankheiten. Hier ist mit Sicherheit noch nicht das letzte Wort gesprochen.

BVpta/Steves: Wir sind Mitglied im Fachbeirat des elektronischen Gesundheitsberuferegisters. Bisher waren einzelne Abläufe zur Abwicklung des E-Rezeptes im Zusammenhang mit dem eBA für PTA noch nicht abschließend geklärt. Auf jeden Fall ist kein Nachteil für PTA hier vorgesehen, was auch keinesfalls zielführend wäre. Da es viele Unsicherheiten gibt, werden wir in Kürze einen Sondertermin mit Verantwortlichen des eBGR und der Telematik haben, in dem wir Klärung herbeiführen werden.

PTA-Forum: Welches sind Ihre großen Vorhaben in 2022, welche Ziele verfolgen Sie und was erwarten Sie von politischer Seite?

Adexa/Kratt: In diesem Jahr wird der Tarifabschluss für Sachsen ein Meilenstein sein, auf den wir lange hingearbeitet haben und den unsere sächsischen Mitglieder wirklich verdient haben.

Ich denke, dass wir mit der neuen Regierungsmannschaft – insbesondere mit dem ausgewiesenen Gesundheitsexperten Karl Lauterbach als Bundesgesundheitsminister und dem erfahrenen Sozialdemokraten Hubertus Heil als Arbeitsminister – aus Gewerkschaftssicht zuversichtlich sein können.

Einen Schub bei der Digitalisierung brauchen gerade die Apotheken nicht zu fürchten, denn sie sind in dieser Hinsicht schon gut aufgestellt. Für die Schulen und auch für die Vernetzung im Gesundheitsbereich ist hier aber noch viel Luft nach oben.

Adexa/May: Außerdem hoffen wir sehr, dass bald wieder mehr Präsenzveranstaltungen möglich sein werden, so wie unser Gewerkschaftstag am 18. Juni in Münster. Auch die Expopharm und der Apothekertag sollten 2022 wieder vor Ort möglich sein, wenn es mit dem Impfen und Boostern gut läuft.

BVpta/Löffler: Durch eine Verbesserung der Zukunftsperspektiven für PTA kann die Attraktivität dieses Berufes erheblich gesteigert und können junge Menschen für den Beruf begeistert werden. Dazu bedarf es aber einer anerkannten Weiterqualifizierung von PTA, auch in Richtung einer Akademisierung für engagierte und motivierte MitarbeiterInnen, die gerne Verantwortung übernehmen wollen. Denkbar wären unter anderem berufsbegleitende Studiengänge oder die Ausweitung von Fach-PTA für die unterschiedlichsten Aufgabengebiete. Auch die Förderung von Talenten durch die Vergabe von Stipendien kann zu einer Attraktivitätssteigerung des PTA-Berufes beitragen. Die Politik ist gefordert, unter bestimmten Voraussetzungen den PTA-Beruf durch die Ausweitung von Kompetenzen aus den verkrusteten, hierarchischen Strukturen der Assistenzberufe zu befreien. Wir wollen mit der ABDA zusammenarbeiten, um tragfähige Bedingungen für den PTA Beruf zu erschaffen.

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