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Müde, schlapp und kränklich

An Nebennierenschwäche denken

Bei Stress – beispielsweise durch Infekte, Operationen oder intensive körperliche Belastung – sorgen die Nebennieren für die erforderliche zusätzliche Energie: Sie setzen Cortisol frei. Wird zu wenig dieses körpereigenen Hormons produziert, kann es schnell lebensbedrohlich werden. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) weist daher darauf hin, dass die rechtzeitige Diagnose einer Nebennierenschwäche lebensrettend sein kann.
Katja Egermeier
24.05.2023  14:15 Uhr

Ein Mangel an Cortisol, verursacht durch eine Schwäche der Nebennieren, kann zu niedrigem Blutdruck und Blutzucker sowie einer überschießenden Entzündungsreaktion führen. Im schlimmsten Falle droht ein Schock, wie es in der Pressemeldung anlässlich des anstehenden Deutschen Kongresses für Endokrinologie im Juni in Baden-Baden heißt.

Bei rechtzeitiger Diagnose gut behandelbar

Sei eine Nebenniereninsuffizienz erst einmal festgestellt, lasse sich das fehlende Cortisol gut ersetzen und die Symptome bildeten sich zurück, erklärt Professor Stephan Petersenn von der Endoc Praxis für Endokrinologie in Hamburg. Problematisch werde eine Behandlung meist nur in unvorhersehbaren Belastungssituationen, wenn Erkrankte mehr Cortison erhalten müssen, um stabil zu bleiben. »Patienten mit Nebennierenschwäche sollten gut geschult sein und immer einen Notfallausweis mit sich tragen, in dem die Diagnose ›Nebenniereninsuffizienz‹ vermerkt ist.«

Ein Problem sei jedoch, dass die Diagnose häufig erst sehr spät gestellt wird. Der Grund: Eine Sekundäre Nebenniereninsuffizienz entwickelt sich eher schleichend und geht mit unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit und Leistungsabfall, Gelenk- und Muskelschmerzen sowie Psychosen, Depressionen oder Gedächtnisstörungen einher. In seltenen Fällen würden auch Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen oder Unterzuckerung beschrieben, so die DGE.

Dazu komme, so Professor Jürgen Honegger, stellvertretender Ärztlicher Direktor und Leiter der Hypophysenchirurgie an der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Tübingen, dass Diagnostik und Therapie bislang uneinheitlich gehandhabt würden. Petersenn kritisiert zudem, dass nur bei etwa der Hälfte der Notfallpatienten, die mit einer vermuteten beginnenden Nebennierenkrise im Krankenhaus vorstellig werden, die Cortison-Notfallmedikation fristgerecht erhalte. »Wir wissen, dass es oft nur mit Verzögerung zur Einleitung einer Notfalltherapie kommt.« Zur Frage der Dosierung rät er zudem: Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig anwenden. »Eine eventuelle einmalige Überdosierung ist weniger schlimm als das Risiko, an einem Schock aufgrund einer Unterversorgung zu sterben.«

Ursachen für Nebennierenschwäche

Ursachen für eine Nebennierenschwäche gebe es viele, so Petersenn. Die häufigste sei bei Erwachsenen eine autoimmun bedingte Entzündung der Nebennieren, wie etwa bei einer Autoimmunadrenalitis/Morbus Addison. Darüber hinaus könnten auch Erkrankungen von Hypothalamus und Hypophyse ursächlich sein und auf die Nebennieren ausstrahlen. »Dann fehlen die stimulierenden Hormone CRH (Corticotropin-releasing Hormone, aus dem Hypothalamus) und/oder ACTH (Adrenocorticotropes Hormon, aus dem Hypophysenvorderlappen)«, so Petersenn. Es könne jedoch auch vorkommen, dass die Nebennieren nach einer Langzeittherapie mit synthetischen Glucocorticoiden »verlernen«, selbst ausreichend Cortisol zu produzieren. Werde das Medikament zu rasch abgesetzt, fehle das Hormon. »Dies ist auch der Grund, warum man eine Cortisontherapie immer langsam ›ausschleichen‹ muss. Dann hat der Körper Zeit, die eigene Produktion wieder aufzunehmen.«

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