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Resistenzen

Antibiotika im Abwasser – mehr als ein Umweltproblem

Antibiotika gelangen auf verschiedenen Wegen in das Abwasser und damit in die Umwelt. Selbst geringe Rückstände steigern die Ausbildung und Verbreitung multiresistenter Bakterien. Was muss sich etwa in der Landwirtschaft und beim Konsumverhalten der Verbraucher ändern, um das Resistenz-Problem einzudämmen?
Anna Carolin Antropov
17.08.2021  12:00 Uhr

Multiresistente Bakterien tummeln sich überall in der Umwelt. Eine nicht unerhebliche Rolle bei ihrer Entstehung und Verbreitung nehmen dabei Antibiotika-Rückstände im Abwasser ein. Früher habe man dieses Problem massiv unterschätzt, da die Arzneien ja stark verdünnt werden. »Doch bereits winzige Konzentrationen, die um Zehnerpotenzen unter der minimalen Hemmkonzentration liegen, können Resistenzen selektieren«, erklärt Professor Dr. Ulrike Holzgrabe von der Universität Würzburg. »Das bedeutet, dass nur noch resistente Bakterien weiterwachsen oder sogar neue Resistenzen entstehen.« Meist werden sie über horizontalen Gentransfer übertragen.

Hintergrundwissen zur Resistenzbildung

Einige Keime sind von Anfang an immun gegenüber bestimmten Wirkstoffen. Diese primäre Resistenz beruht zum Beispiel auf dem Aufbau ihrer Zellwand und besteht bei der gesamten Spezies. Sie beschreibt die Lücke im Wirkspektrum eines Antibiotikums.

Um sich an ihre Umwelt anzupassen, können Bakterien Resistenzen aber auch entwickeln oder erwerben. Während sie sich rasend schnell vermehren, entstehen zufällige, ungerichtete Mutationen. Es ist nur eine Frage der Statistik, ehe dabei Zielstrukturen, die von den Antibiotika angesteuert werden, verändert oder Enzyme hoch- oder herunterreguliert werden. Teilweise genügt eine einzige Mutation im Chromosom (Einschrittresistenz vom Streptomycin-Typ). Manchmal müssen dafür mehrere Mutationen hintereinander auftreten (Mehrschritt-Resistenz vom Penicillin-Typ).

Die so entstandenen Resistenzen können Bakterien untereinander übertragen (»horizontaler Gentransfer«). Denn mobile DNA-Segmente, die gelegentlich ihren Platz ändern, ermöglichen einen Genaustausch. Resistenzgene können beispielsweise auf einem Plasmid liegen. Diese ringförmige DNA ist sehr klein und befindet sich außerhalb des Chromosoms. Daher kann sie leicht und sogar Spezies-übergreifend zwischen Bakterien ausgetauscht werden.

Ob durch Mutation oder Gentransfer: Unter dem Einfluss des Antibiotikums bringt die Resistenz einen Überlebensvorteil. Heute weiß man, dass selbst subletale Dosen einen Selektionsdruck ausüben. Die minimale Selektions-Konzentration liegt mindestens hundertfach unter der minimalen Hemmkonzentration (MHK).

Manchmal sind mehrere Resistenzgene aneinandergekoppelt, etwa gegen ein Antibiotikum sowie gegen Biozide oder Schwermetalle. Dann genügt einerseits schon das Vorliegen nur des Schwermetalls oder Biozids, dass alle Gene – also auch das Antibiotikum-Resistenzgen – in der Umwelt bestehen bleiben und sich verbreiten (»Co-Selektion«). Andererseits werden sie als Einheit gemeinsam übertragen.

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