Apothekerin aus Leidenschaft |
Isabel Weinert |
27.11.2020 12:00 Uhr |
Aya ´s Rat ist gefragt: Mittlerweile folgen der jungen Apothekerin beinahe 20.000 Menschen. / Foto: Aya Alokhwan
Aya und ich haben uns zu einem Telefoninterview verabredet. Unsere Wege kreuzten sich auf Instagram: »ptaforum« und »frag_aya« – da findet man sich sozusagen automatisch. Die erste ihrer Storys hat eine arabisch sprechende Verwandte von mir übersetzt. Der Inhalt: Wie man in Deutschland als Pharmaziepraktikant gut zurechtkommt. Ein wichtiges Thema, denn Menschen, die ihr Pharmaziestudium an einer der vier großen Universitäten in Syrien abgeschlossen haben (Damaskus, Aleppo, Albaath, Teshreen) dürfen in Deutschland nicht nahtlos in der Apotheke arbeiten. Vielmehr durchlaufen sie zunächst ein individuelles Anerkennungsverfahren und müssen eine Kenntnisprüfung absolvieren, die vergleichbar dem 3. Staatsexamen in Deutschland ist. Einfacher ist das, wenn der Ausbildungsnachweis bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat anerkannt wurde. Bei Aya war das nicht der Fall.
Der Gedanke, ein Visum für Deutschland zu beantragen, ging von Aya´ s Mann aus, einem Radiologen, der in Deutschland seinen Facharzt absolvieren wollte. Als der Entschluss für beide stand, begannen sie einen Deutschkurs am Goethe-Institut in Damaskus und schlossen mit dem A1-Niveau ab. Um in Deutschland arbeiten zu können, hatte Aya zur Einreise eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit beziehungsweise eine Blaue Karte EU beantragt. Inhaber einer solchen Karte haben nach fünf Jahren einen Anspruch auf die Erlaubnis zum Daueraufenthalt in der EU. Dabei werden alle Zeiten berücksichtigt, in denen man länger als 18 Monate in EU-Staaten gelebt hat.
Noch vor Kriegsbeginn in Syrien zog das Ehepaar schließlich nach Deutschland, in eine Stadt in Niedersachsen. »Als mein Mann und ich nach Deutschland gekommen sind, habe ich in meiner neuen Heimatstadt bei der Volkshochschule die Deutschkurse B1 und B2 besucht und B2 beruflich absolviert«, erklärt Aya. Die Sprache zu können, ist ein entscheidender Schritt hin zur Anerkennung als Apothekerin in Deutschland. Denn verlangt wird, dass sich Anwärter »so spontan und fließend ausdrücken können, dass sie Patienten, Kollegen und Angehörige anderer Heilberufe hinreichend informieren und beraten können und wechselseitige Missverständnisse ausgeschlossen sind«, schreibt die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände auf ihrer Webseite.
»Als ich nach Deutschland gekommen bin, war die große Herausforderung für mich, die Anerkennung meines Pharmaziestudiums zu erlangen«, erinnert sich Aya. Schritt für Schritt ging sie so vor, wie es in Niedersachsen geregelt ist. Aya suchte zunächst nach einer Apotheke, um ein Praktikum zu absolvieren. Das ist keine Pflicht, wird aber von der Apothekerkammer Niedersachsen empfohlen.
»Das Vorstellungsgespräch lief sehr gut, mein neuer Chef freute sich, weil er in seiner Apotheke noch keine syrische Apothekerin hatte«, berichtet Aya. Sie absolvierte das Praktikum in sieben Monaten, denn Aya war zu diesem Zeitpunkt mit ihrem ersten Kind schwanger, und der Mutterschutz begann. Bis dahin machte sie nur gute Erfahrungen, sowohl mit den Kollegen als auch mit den Kunden. »Meine Kollegen waren sehr nett, und die Kunden haben fast immer positives Feedback gegeben. Das war eine große Motivation für mich«.
In Mutterschutz und Elternzeit begann Aya zügig, für die Kenntnisprüfung zu lernen. Diese Prüfung bezieht sich auf die Fächer Pharmazeutische Praxis und Spezielle Rechtsgebiete für Apotheker sowie auf eines der Fächer, in denen die zuständige Behörde wesentliche Unterschiede festgestellt hat, schreibt die ABDA.
Im Sommer 2017 bestand Aya die Prüfung, hat nun eine Approbation für die Arbeit in Deutschland. »Als ich meine Kenntnisprüfung machte, war die Fachsprache-Prüfung noch kein Muss, sondern eine Empfehlung«, sagt die junge Frau. Aya hat auch diese Hürde geschafft, denn »ich finde das sehr wichtig.«
Dieses Jahr wollte Aya, mittlerweile Mutter zweier Kinder, wieder anfangen in der Apotheke zu arbeiten. Alles war organisiert, ein Kind im Kindergarten, das jüngere bei der Tagesmutter. Dann kam die Pandemie, die Betreuung wurde schwierig, deshalb verlängerte Aya ihre Elternzeit.