Auch kleine Geschenke sind tabu |
Katja Egermeier |
06.06.2019 13:34 Uhr |
Der BGH hat entschieden: Selbst kleine Geschenke sind bei der Abgabe rezeptpflichtiger Medikamente nicht mehr erlaubt. / Foto: Aodbe Stock/pix4U
Laut Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, die Zuwendungen haben nur einen geringfügigen Wert. In einem früheren Urteil hatte der BGH kleine Beigaben im Wert von bis zu 1 Euro – etwa eine Packung Traubenzucker oder Taschentücher – trotz der Preisbindung von Rx-Arzneimitteln durchgehen lassen. Dieser Praxis setzte das Gericht mit seiner heutigen Entscheidung ein Ende.
Dem aktuellen BGH-Urteil zufolge sind auch »geringwertige Werbegaben« ein spürbarer Verstoß gegen die Preisvorschriften – und damit wettbewerbswidrig (Az. I ZR 206/17 u.a.). Verschreibungspflichtige Arzneimittel müssten in Deutschland überall gleich viel kosten. Mit Kundenpräsenten oder Rabattgutscheinen unterlaufen Apotheker diese Preisbindung.
Für Kunden, die auf eigene Kosten einkaufen, ändere dagegen sich nichts. Arzneimittel, für die es kein Rezept braucht, dürften die Apotheken seit 2004 frei bepreisen. Hier sei Wettbewerb erwünscht. Auch eine Inländerdiskriminierung aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2016, das die Rx-Preisbindung für EU-Versandapotheken gekippt hatte, liegt aus Sicht des BGH nicht vor.
Hintergrund des Urteils ist die Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Diese hatte Gutscheinaktionen zweier Apotheken in Darmstadt und Berlin beanstandet, die einmal Gratis-Brötchen beim nahegelegenen Bäcker, einmal einen Euro Nachlass beim nächsten Einkauf gewährten. Das Berliner Kammergericht hatte in der Vorinstanz keine wettbewerbsrechtlichen Einwände gegen diese Praxis erhoben.
Die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände begrüßt das Urteil aus Karlsruhe. »Der Bundesgerichtshof stellt mit seinem Urteil klar, dass weiterhin einheitliche Abgabepreise für rezeptpflichtige Arzneimittel in allen Apotheken gelten, und stärkt somit die Arzneimittelpreisverordnung. Dies ist ein wichtiges Signal der Rechtsprechung im Hinblick auf das laufende Verfahren zum Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz«, erklärt Vizepräsident Mathias Arnold. Mit diesem Gesetz müsse erreicht werden, die Gültigkeit bundeseinheitlicher Preise auch für ausländische Versender wiederherzustellen, die nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2016 davon abweichen können.
Zudem seien einheitliche Preise deshalb wichtig, weil sie eine Übervorteilung der Patienten verhinderten, die in Notsituationen weder auf ›Schnäppchenjagd‹ gehen sollen noch ›abgezockt‹ werden dürften. Bundeseinheitliche Preise für rezeptpflichtige Medikamente verhindern laut Arnold auch einen destruktiven Preiswettbewerb zwischen konkurrierenden Apotheken, der letztlich zur Ausdünnung des Apothekennetzes und damit zu schlechterer Patientenversorgung führe.