Da ist der Wurm drin |
31.01.2008 09:00 Uhr |
Da ist der Wurm drin
Christina Brunner, Oberaudorf
Wurmerkrankungen sind weltweit verbreitet. In Deutschland treten am häufigsten Eingeweidewürmer wie Maden-, Spul- und Bandwürmer auf. Die Therapie dieser Wurmleiden verläuft meist ohne Komplikationen. Das größte Problem ist die Reinfektion, daher sollten Erkrankte wichtige hygienische Maßnahmen strikt einhalten.
Weltweit werden etwa 50 Prozent aller Menschen mindestens einmal in ihrem Leben von einem Madenwurm befallen. Auch in Deutschland sind Madenwürmer, sogenannte Oxyuren, mit Abstand am weitesten verbreitet. Entgegen eines Vorurteils ist ein Befall nicht unbedingt die Folge mangelnder persönlicher Hygiene. Kinder erkranken häufiger als Erwachsene, weil sie im Kindergarten oder in der Schule gemeinsam Toiletten und Spielsachen nutzen.
Da vor allem kleine Kinder alles Neue in den Mund stecken oder Spielzeug mit Lippen, Zähnen und Zunge erforschen, sind sie oft betroffen. Madenwurmeier können aber auch eingeatmet werden: Sie bleiben in trockenem Milieu bis zu drei Wochen infektiös und wirbeln zum Beispiel mit dem Zimmerstaub auf.
Juckreiz als Warnzeichen
Einmal in den Körper gelangt, schlüpfen die Larven im oberen Darm aus den Eiern. Auf ihrem Weg zum Enddarm reifen sie innerhalb weniger Wochen heran. Vornehmlich nachts verlassen die Wurmweibchen dann den Darm und legen außerhalb des Afters ihre Eier ab. Dies führt zu einem starken Juckreiz. Kratzt das Kind sich im Analbereich, zum Teil auch unbewusst im Schlaf, ist dies ein deutliches Warnzeichen für die Erkrankung. Außerdem gelangen beim Kratzen tausende Wurmeier unter die Fingernägel. Wenn das Kind dann die Finger in den Mund steckt, beginnt der Kreislauf von neuem. Bei massivem Befall klagen manche Kinder über Bauchschmerzen oder verlieren an Gewicht.
Familie mitbehandeln
Häufig sind die Würmer schon mit bloßem Auge im Stuhl zu erkennen. Sie sind wenige Millimeter lang und weißlich. Eventuell finden die Eltern über Nacht abgestorbene weibliche Würmer im Bett oder auch im Schlafanzug. Die exakte Diagnose stellt der Arzt mittels eines Klebestreifens. Diesen drückt er im Analbereich auf und untersucht ihn anschließend mikroskopisch.
In die Therapie werden oft alle Familienmitglieder und Spielgefährten miteinbezogen. Mittel der Wahl sind die verschreibungspflichtigen Arzneistoffe Pyrantel (Helmex®) oder Mebendazol (wie Vermox®, Surfont®). Auch apothekenpflichtige Arzneistoffe wie Pyrvinium (wie Molevac®, Pyrcon®) kommen zum Einsatz. Im Beratungsgespräch sollten PTA oder Apotheker dem Kunden einige Hygienetipps mit auf den Weg geben (siehe Kasten). Nur so lassen sich Reinfektionen vermeiden.
Der Hinweis, dass der Arzneistoff in Molevac® und Pyrcon® den Stuhl hellrot färbt, beugt Verunsicherungen beim Patienten vor. Die Färbung ist unbedenklich, sondern zeigt lediglich an, dass die Substanz den Darmtrakt passiert hat.
Alle Wurmarten rufen unspezifische Magen-Darm-Beschwerden hervor. So auch der Spulwurm (Ascaris lumbricoides). Der 20 Zentimeter lange, gelb-weißliche Erreger befällt vor allem Kinder, die unter schlechten hygienischen Bedingungen aufwachsen. Doch der Wurm kann auch durch das Essen von ungereinigtem Obst und Gemüse, das mit kontaminierten Fäkalien gedüngt wurde, übertragen werden. Die larvenhaltigen Eier entwickeln sich im Dünndarm und schwimmen dann mit dem Blutstrom über die Leber und Lunge bis zum Kehlkopf.
Beim Abhusten verschlucken die Erkrankten sie wieder, und die Eier wandern erneut in den Dünndarm, wo sie sich zum ausgewachsenen Wurm entwickeln. Dies dauert etwa zwei Monate und geschieht durch mehrmaliges Häuten. Unreife Eier der Würmer werden mit dem Stuhl ausgeschieden. Die Infektion erfolgt über Hände oder Gegenstände, auf denen sich die Eier befinden und die mit dem Mund in Berührung kommen.
Die sogenannte Larvenwanderung im Körper verursacht Fieber und asthmaartigen Husten. Erkrankte Kinder sind oft blass und haben dunkle Ringe unter den Augen. Ist der Befall nur schwach, treten keine oder nur unspezifische Symptome auf. Der Arzt diagnostiziert einen Spulwurmbefall mittels mikroskopischem Nachweis der Eier im Stuhl sowie einer Blutuntersuchung, mit der er den Anstieg der eosinophilen Leukozyten feststellen kann.
Therapie und Hygiene
Zur Therapie eignen sich Einzeldosen der Arzneistoffe Pyrantel (Helmex®), Mebendazol (wie Vermox®, Surfont®) oder Albendazol (Eskazole®). Außerdem müssen hygienische Maßnahmen dazu beitragen, dass die fäkal-orale Übertragung unterbrochen wird. Dazu zählen:
Schweinebandwurm nahezu eliminiert
Zu den häufig auftretenden Eingeweidewürmern zählen auch die Bandwürmer (Taenien), die einen Wirtwechsel durchmachen. Als Zwischenwirt dienen Schwein und Rind, beim Fuchs- und Hundebandwurm hingegen der Mensch.
Der Schweine- und Rinderbandwurm gelangt in den menschlichen Darm durch den Genuss infizierten Fleisches. Die Erkrankten verlieren trotz gesteigerten Appetits an Gewicht und klagen über Bauchschmerzen. Nachdem sich der Bandwurm im Darm mit Haken und Saugnäpfen festgesetzt hat, wächst er zu einem mehrere Meter langen Wurm aus. Zu seiner Vermehrung spaltet er Glieder ab, die Proglottiden, die der Mensch mit dem Stuhl ausscheidet. Die etwa sechs bis sieben Proglottiden pro Tag enthalten bis zu 100000 Eier und bleiben mindestens sechs Monate lebensfähig.
In den Zwischenwirten Rind oder Schwein entwickeln sich die Eier zu Larven und dringen dann in die Muskulatur oder in Organe ein, wo sie zu Finnen heranreifen. Übersieht der Veterinär sie bei der Fleischbeschau, und wird das Fleisch nur ungenügend gebraten oder gekocht, kann der Verzehr zur Wurminfektion führen. Der Schweinebandwurm konnte wegen seiner auffälligen Finnen und der gesetzlich vorgeschriebenen Fleischbeschau in Europa nahezu eliminiert werden. Mit dem Rinderbandwurm sind in Europa bis zu 1,5 Prozent der Rinder befallen.
Besonders gefährlich und daher in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt ist der Fuchsbandwurm, Echinococcus multilocularis. Er befällt den menschlichen Organismus in der gleichen Weise wie der Hundebandwurm (Echinococcus granulosus): Seine Larven schlüpfen im menschlichen Darm aus den Eiern, durchdringen die Darmwand und siedeln sich in der Leber und anderen Organen an. Im Laufe mehrerer Jahre – bis zu zehn Jahre und länger – bilden sich voluminöse Zysten und entstehen Lebertumoren. Unbehandelt endet die Krankheit tödlich.
Dieses Wissen macht deutlich, dass die Diagnose, zum Beispiel mittels Ultraschall, Computer-Tomographie (CT) oder Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) idealerweise möglichst früh erfolgen sollte. Da das Larvenwachstum nicht immer Symptome verursacht und diese zunächst unspezifisch sind, vergeht bis zur endgültigen Diagnose bei den meisten Patienten zu viel Zeit. Als Therapie kommt fast nur die lebenslange medikamentöse Behandlung mit den Arzneistoffen Mebendazol (wie Vermox®) oder Albendazol (Eskazole®) in Frage, die das Wachstum der Larve hemmen.
Entwarnung beim Fuchsbandwurm
Die Erkrankung mit einem Fuchsbandwurm ist in Deutschland meldepflichtig. Dem deutschen Stützpunkt des Europäischen Echinokokkose-Registers an der Universität Ulm werden durchschnittlich 17 Neuinfektionen pro Jahr gemeldet. Damit gehört die Fuchsbandwurm-Erkrankung in Deutschland eher zu den seltenen Krankheiten. Die häufigsten Fälle traten in den Regionen Schwäbische Alb, Alb-Donau-Region, Oberschwaben und Allgäu auf.
Den vorliegenden Daten zufolge sind besonders die Menschen gefährdet, die in der Landwirtschaft tätig sind oder zu engen Umgang mit Hunden haben. Ein Zusammenhang mit dem Sammeln und Essen von Wildbeeren oder -pilzen besteht nach Meinung der Ulmer Experten nicht. Da jedoch Hunde und Katzen gute Wirte für den Fuchsbandwurm sind, sollten die Besitzer ihre Haustiere alle drei Monate entwurmen und nach jedem Kontakt mit Hund oder Katze routinemäßig die Hände waschen.
PTA-Forum / Tierärzte empfehlen Welpen bereits im Alter von drei Wochen zu entwurmen, denn die Kleinen bekommen schon von ihrer Mutter vor allem Spulwürmer mit. Typisch für ein massiv von Würmern befallenes Jungtier ist ein stark aufgetriebener Bauch, aber auch ein struppiges Fell und Blähungen. Manche Tiere magern trotz guter Ernährung ab. Spulwümer können erkrankte Tiere direkt auf den Menschen übertragen, der Bandwurm benötigt einen Zwischenwirt.
Um genau festzustellen, um welche Würmer es sich handelt, untersucht der Tierarzt Kotproben mittels Mikroskop. Danach kann er gezielt gegen die Parasiten vorgehen. Dabei müssen die Tierhalter ihrer Katze oder ihrem Hund Pasten oder Tabletten ganz genau nach dem Gewicht des Tieres dosiert verabreichen.
Die generelle Empfehlung lautet: mindestens einmal jährlich, am besten in Verbindung mit der jährlichen Wiederholungsimpfung. Ist der Hund der Spielgefährte von kleinen Kindern oder ist die Katze fast nur in der Natur unterwegs, raten Tierärzte sogar zur dreimal jährlichen Entwurmung.
Nicht zu vergessen: Da der Floh der Zwischenwirt und somit Überträger des Bandwurmes ist, sollten Hunde und Katzen ebenfalls einer regelmäßigen Flohbehandlung unterzogen werden. Bandwurmkranke Tiere sollte man vor Kindern fern halten.
Bei schwachen Jungtieren, alten und auch kranken Tieren mit Leber- und Nierenleiden müssen die Entwurmungsmittel sehr vorsichtig dosiert werden. In einem solchen Fall darf der Tierbesitzer niemals selbst mit Wurmmitteln aus der Apotheke experimentieren.
E-Mail-Adresse der Verfasserin
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