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Shiatsu

Alles im Fluss

01.02.2009  11:55 Uhr

Shiatsu

Alles im Fluss

von Annette Immel-Sehr

Fernöstliche Weisheiten und Methoden zur Gesunderhaltung finden in Deutschland immer mehr Anhänger. Vor allem die traditionelle chinesische Medizin übt auf viele eine Faszination aus. Neben Heilkräutern, Akupunktur und Tai-Chi gehört auch die Massagemethode Shiatsu zum Repertoire der Asiaten, um Seele, Körper und Geist im Gleichgewicht zu halten oder wieder ins rechte Lot zu bringen. 

Shiatsu stammt aus Japan, hat seine Wurzeln jedoch in der mehr als 2500 Jahre alten traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Im 10. Jahrhundert gelangte dieses Wissen nach Japan und wurde dort teilweise in die traditionelle japanische Massage integriert, so entstand die Urform des Shiatsu. Im 20. Jahrhundert kamen auch westliche Einflüsse hinzu. In seiner heutigen Form ist Shiatsu eine Mischung aus traditionellen chinesischen, japanischen und westlichen Elementen.

Der japanische Begriff »Shiatsu« bedeutet wörtlich übersetzt »Fingerdruck«. Und damit ist schon beschrieben, worum es bei Shiatsu geht: Um die Wirkung verschiedener Fingerdrucktechniken auf Körper, Geist und Seele. 

Die östliche Philosophie und Medizin sieht den Menschen als Teil des Kosmos, der von der Lebensenergie »Chi« durchströmt wird.Chi durchfließt den menschlichen Körper in bestimmten Bahnen, den sogenannten Meridianen. Die Meridiane durchziehen den gesamten Körper und sind verschiedenen Organen zugeordnet. Nach dem Verständnis der asiatischen Heilkunst beeinträchtigen Störungen des Energieflusses die körperlich-seelische Ausgeglichenheit und führen langfristig zu Erkrankungen. 

»Mit sanftem tief wirkendem Druck regt Shiatsu den Energiefluss an. Dadurch können sich Blockaden lösen, die sich zum Beispiel als Verspannungen, Steifheiten oder Schmerzen im Körper zeigen oder auch als emotionale Verstimmungen die Psyche beeinflussen. Die Harmonisierung des Energieflusses führt zu Wohlgefühl, Sensibilisierung, Ruhe, Zentriertheit und einer verfeinerten Körperwahrnehmung«, erklärt die Shiatsu-Praktikerin Elisabeth Kreyer, Bad Honnef.

Im Unterschied zu Akupunktur und Akupressur werden im Shiatsu nicht einzelne Punkte, sondern die gesamten Meridiane stimuliert. Häufig setzen Shiatsu-Therapeuten im Rahmen einer Behandlung auch die Akupressur  ein.

Sanfter Druck

Mit der klassischen Massage, wie wir sie in Deutschland kennen, hat Shiatsu nichts zu tun. Es wird weder geknetet, geklopft noch gerieben. Der Shiatsu-Praktiker übt mit Fingern, Daumen, Handteller oder anderen Körperteilen auf den Körper des Behandelten Druck  aus. Dabei arbeitet er weniger mit Muskelkraft als mit seinem Körpergewicht. Instrumente oder Hilfsmittel kommen nicht zum Einsatz. 

Ertasten der Dysbalance

Shiatsu wird auch als »Kunst der achtsamen Berührung« bezeichnet. Der Shiatsu-Praktiker versucht, während der Behandlung eine energetische Beziehung zum Klienten herzustellen. »Wenn ich einen Menschen behandeln will, muss ich mich ganz individuell auf ihn einstellen und ihn in dem aktuellen Moment wahrnehmen. In der Regel beginne ich mit einem kurzen Gespräch, um herauszufinden, warum er  meine Hilfe sucht. Dann mache ich eine energetische Bestandsaufnahme am Hara, indem ich eine Hand auf den Leib lege und mit der anderen den Energiezustand abtaste.« 

Dies ist für Kreyer die Entscheidungsgrundlage dafür, welche Meridiane sie in der Folge behandeln wird. »Ziel von Shiatsu ist es, die Energieströme, die in eine Dysbalance geraten sind, wieder ins Gleichgewicht zu bringen.«

Shiatsu eignet sich für Menschen aller Altersstufen, da es eine sehr sanfte Methode der Körperarbeit ist. Der Ablauf der Massage gestaltet sich bei jeder Sitzung anders, weil er immer von der aktuellen Situation abhängt. Nach traditionell japanischer Tradition wird Shiatsu auf dem Boden auf einer Matte (Futon) ausgeführt. Die Massage kann in der Rückenlage, auf der Seite, in Bauchlage und eventuell auch in der Sitzposition erfolgen. Hierzu muss der Patient sich nicht entkleiden. Empfehlenswert ist bequeme, wärmende Kleidung. Eine Massage dauert meist zwischen 40 und 60 Minuten. 

»Ich empfehle meist eine Serie von Behandlungen; am Anfang kurz hintereinander, um die neuen Impulse zu verinnerlichen. Danach sollte man sich regelmäßig (vierzehntägig oder alle drei Wochen) behandeln lassen, um den Energiefluss zu regulieren und sich somit im Alltag ausgeglichen zu fühlen«, rät Kreyer. »Manchmal fühlen sich Menschen nach der Behandlung zunächst sehr wohl. Nach ein oder zwei Tagen verstärken sich dann bei manchen Patienten plötzlich die Beschwerden, jedoch meist nur kurz. Dieser Effekt ist vergleichbar mit der Erstverschlimmerung der Homöopathie. An sich ist das ein positives Zeichen, denn es bedeutet,dass der Körper auf die Behandlung reagiert.«

Shiatsu ist keine eindeutig definierte Behandlungsmethode, sondern eher als ein Oberbegriff für verschiedene Stile zu verstehen, die jedoch auf denselben Grundlagen beruhen. In Deutschland erleben fernöstliche Gesundheitsangebote derzeit einen Boom. Sowohl Praxen von Ärzten und  Heilpraktikern als auch Wellness-Hotels, Fitness-Studios oder Thermen  bieten Shiatsu-Massagen an. Darüber hinaus arbeiten  auch Shiatsu-Praktiker in eigener Praxis. Da Shiatsu keine geschützte Bezeichnung ist, sollte man bei der Auswahl eines Shiatsu-Praktikers auf dessen Qualifikation achten. Die Gesellschaft für Shiatsu Deutschland (GSD) als Berufs- und Interessenverband bemüht sich um einheitliche Standards für die Shiatsu-Praxis und Ausbildung (siehe Kasten).

Für weitere Informationen

Gesellschaft für Shiatsu Deutschland e.V. (GSD)
Eimsbütteler Straße 53 - 55
22769 Hamburg
Telefon 040 85506736
www.shiatsu-gsd.de 

Seriöse Shiatsu-Praktiker verstehen ihr Angebot als ganzheitliche Gesundheitsförderung, mit der die Selbstheilungskräfte mobilisiert werden sollen. Zur Therapie schwerer Erkrankungen ist die Massage nicht geeignet, höchstens als unterstützende Maßnahme. Kreyer sieht es so: »Shiatsu ist keine Alternative, sondern eine wunderbare Ergänzung medizinisch notwendiger Behandlungen.«

E-Mail-Adresse der Verfasserin:
ais(at)immel-sehr.de