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Weihnachtsbrauch

O Tannenbaum

16.12.2013  16:39 Uhr

Von Annette Behr / Er ist der Star des Monats Dezember. Während der Rest der Natur schläft, grünt der Tannenbaum munter weiter und zieht zu Weihnachten in viele Häuser glanzvoll ein. Bis es so weit ist, machen sich viele Menschen Gedanken, welcher Baum für sie der richtige ist.

»O Tanne, du bist ein edler Zweig, du grünest Winter und die liebe Sommerzeit. Wenn alle Bäume dürre sein, so grünest du, edles Tannenbäumelein.« Diese Strophe geht auf ein altes schlesisches Volkslied aus dem 16. Jahrhundert zurück. Der Text diente offenbar als Vorlage für das bekannte Weihnachtslied »O Tannenbaum«. Das Lied beziehungsweise seine Melodie und der Baum gehören nicht nur in Deutschland, sondern mittlerweile auch in vielen Ländern weltweit, zum Brauchtum.

In der eher kargen Winterzeit trägt der Nadelbaum als eine der wenigen Pflanzen noch ein farbiges Kleid. Immergrüne Pflanzen fanden Eingang in die Bräuche ganz unterschiedlicher Kulturen. Im Winter lieben die Menschen »Grünes« in ihren Wohnräumen, weil es für Lebenskraft steht und damit symbolisch für Frische und Widerstandskraft. Den Weihnachts- oder auch Christ- beziehungs­weise Tannenbaum schmücken sie dazu noch festlich. Doch vorab hat jeder die Qual der Wahl: Welcher Baum passt in unsere Wohnung? Sollen wir ihn ins Wohnzimmer oder lieber auf die Terrasse stellen? Soll er groß oder klein sein, seine Äste ausladend oder eher kurz? Kaufen wir einen Baum im Topf mit Wurzel oder abgesägt? Alle diese Aspekte zu bedenken, ist für viele Menschen bereits eine Herausforderung. Wer zusätzlich noch Wert darauf legt, woher sein Baum kommt und unter welchen Bedingungen er gewachsen ist, hat keine so große Auswahl mehr.

Tannen-Paradiese

»Seit Jahren geht das nun schon so, nur noch diese Einheits-Bäume«, beschwert sich meine Freundin Anna. Sie schaute sich die letzten Jahre in Berlin auf den vielen einladend festlich geschmückten »Tannen-Paradiesen« nach ihrem Weihnachtsbaum um. Dort gibt es meistens ausschließlich Nordmanntannen aus heimischen oder dänischen Gefilden.

Als Landkind kenne ich es noch, dass wir Kinder mit unserem Vater oder Opa den Weihnachtsbaum im Wald aussuchten und dann entsprechend frisch geschlagen nach Hause brachten. Tanne, Kiefer oder Fichte, hell-, dunkel- oder bläulichgrün. Jeder Baum ein Unikat. Das dauerte manchmal etwas länger, denn jeder hatte andere Vorstellungen. In einem Jahr freuten wir uns über das üppige Exemplar, ein anderes Mal erwies sich der Baum zu Hause als etwas schief gewachsen und einseitig ziemlich karg. Zusätzlich sollte unser Baum gut zu schmücken sein und echte Kerzen tragen können, damit er nicht in Flammen aufgehen konnte. Oma und Mutter meckerten selten, wenn die Männer den Baum mit den Worten »Den haben die Kinder ausgesucht« ins Haus schleppten. Manche Menschen, hauptsächlich Männer, besorgen ihren Weihnachtsbaum traditionell erst am 24. Dezember. Weil das angeblich kostengünstiger ist. Das halte ich für viel zu kurz gegriffen. Leicht kann das vermeintliche Schnäppchen zum weihnachtlichen Desaster führen. Ist das »billige Bäumchen« ein spärlicher, krumm gewachsener Restposten, hängt der Haussegen schnell schief.

»Von den rund 30 Millionen in Deutschland verkauften Weihnachtsbäumen kommen gut 90 Prozent aus Deutschland – allerdings meistens aus eigens angelegten Weihnachtsbaumkulturen«, lese ich beim Naturschutzbund (NABU). Die am meisten verkauften Nordmanntannen stammen fast immer aus Monokulturen. Damit der Ertrag möglichst hoch ausfällt, werden die Anbauflächen kräftig gedüngt und gespritzt: Mineraldünger für gleichmäßigen Wuchs und eine intensive Färbung sowie Herbizide gegen andere Gewächse. Mit Insektiziden werden vor allem Rüsselkäfer und Läuse bekämpft.

Gute Alternative

»Das möchte ich auf keinen Fall unterstützen«, denke ich und erfahre: Der NABU empfiehlt den Kauf von heimischen Fichten, Kiefern oder Tannen, die auf Sonderflächen der regionalen Forstbetriebe, unter Strom- oder Leitungstrassen angepflanzt wurden. Diese Bäume sind demnach eine gute Alternative zu den gedüngten und gespritzten Exemplaren aus den Weihnachtsbaumplantagen. Zusätzlich wirken sich die kurzen Transportwege positiv auf die Ökobilanz aus. Auch das gefällt mir gut. Habe ich mir doch das Ziel gesetzt, so wenig CO2 zu produzieren wie möglich und verzichte deshalb so oft wie möglich auf mein Auto als Transportmittel.

Aller guten Dinge

Obwohl ich schon lange in der Großstadt Berlin lebe, habe ich bereits mehrfach Nadelbäume gepflanzt. In den beiden vergangenen Jahren hatte ich zum Beispiel jeweils eine »Blaufichte im Topf« ergattert. Immer mit der Hoffnung, dass der Wurzelballen nach den Feiertagen im kalten Boden gut Fuß fassen würde. Mal gelang das in der Vergangenheit, mal nicht.

Im letzten Jahr – wie leider schon im Jahr davor – kam es allerdings erst gar nicht dazu, dass ich den Baum nach Weihnachten in den Vordergarten des Mehrfamilienhauses, in dem ich wohne, einpflanzen konnte. Meine Tochter und ich hatten das Auspflanzen überkorrekt vorbereitet, den idealen Platz an der Gartengrenze gewählt und mit den Nachbarn abgesprochen. Dann haben wir den Baum zur Probe dort abgestellt, um abzuwarten, dass sich der Frost verzieht. Doch schneller waren Diebe, denn nach kurzer Zeit war unser Bäumchen verschwunden. Gestohlen! Das ist mir nun schon zweimal passiert. Irgendwer hatte den Baum vielleicht nötiger als wir. Ich hoffe nur, die Bäume gedeihen inzwischen woanders. Dieses Jahr werde ich es wieder versuchen, denn aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei.

Auch in diesem Jahr habe ich einen sehr schönen Baum im Topf gefunden. Er steht bereits draußen auf dem Balkon und hat dem Sturm Xaver erfolgreich getrotzt. Sollte es zu kalt werden, darf er die Zeit bis zum 24. Dezember auf dem Hausflur warten. Und nach den Festtagen werde ich ihn direkt – ohne lange Eingewöhnungsphase – in den Garten pflanzen.

Anbieter von Ökobäumen

Eine Liste der bundesweiten Anbieter finden Interessierte im Internet unter www.robinwood.de/wo-kaufen.406.0.html

Trend zum Ökobaum

Auf unserem Balkon steht zusätzlich schon länger ein Lebensbaum. Das ist im Sommer wie im Winter schön. Er wächst allmählich zu einem echten Weihnachtsbaumkonkurrenten heran. Mit Kerzen und Kugeln lässt er sich schwerlich schmücken, eine Lichterkette verleiht ihm derzeit jedoch einen eleganten Glanz. Er ist zu unserem Zweitbaum avanciert und wir freuen uns über den Luxus drinnen und draußen.

»Wie, du hast keinen Öko-Weihnachtsbaum gekauft?«, fragte mich mein Cousin Olaf grinsend, als wir uns neulich auf einen Kaffee trafen. Gedacht hatte ich tatsächlich daran, jedoch die wenigen einschlägigen Angebote nicht weiter verfolgt. Tatsächlich bot mein Biomarkt zum Advent zertifizierte Tannen, Fichten und Kiefern an. Doch ich hatte bereits unseren Prachtbaum gekauft, sonst wäre ich vermutlich schwach geworden. Der nette Verkäufer hatte außer den Bäumen noch seinen Hund, Schafe und Prospekte über die Heimat der Bäume bei sich. Er informierte Interessierte über FSC- (Forest-Stewardship-Council), Naturland- und Bioland-Siegel. Obwohl inzwischen viele Menschen ihre Lebensmittel im Biomarkt kaufen, friste der ökologische Weihnachtbaumanbau noch ein Nischen­dasein, so der Verkäufer. Im nächsten Jahr werde ich ernsthaft über einen Ökobaum nachdenken. Denn die ungespritzten Bäume werden »mechanisch von Aufwuchs« befreit: Schafe halten die Gräser zwischen den Bäumen kurz. Weil die Pflanzenfresser wählerisch sind, lassen sie die Nadelbäume in Ruhe. /

E-Mail-Adresse der Verfasserin
blaubehr(at)gmx.net