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Was ich noch erzählen wollte ... Kein Tag mehr ohne Lachen

22.02.2007  08:56 Uhr

Was ich noch erzählen wollte...

Kein Tag mehr ohne Lachen

von Annette Behr, Berlin

Angeblich lachen die Deutschen zu wenig. Mancher glaubt, er hat nichts zu lachen. Gerade im Alltag sind aber die komischsten Momente zur Erheiterung zu finden. Tage, an denen das Lachen zum offiziellen Programm gehört wie im Karneval, sind Geschmackssache. Schmunzelnd denke ich darüber nach, ob der Humor angeboren oder Lachen erlernbar und womöglich ansteckend ist.

Wenn mein Opa früher mit der Gießkanne oder dem Gartenschlauch uns Kindern hinterherjagte, ums Haus, durch den Garten, in die Garage, musste ich derartig lachen, dass ich kaum mehr laufen konnte. So erwischte er mich schnell. Bei seiner Verfolgungsjagd sah er einfach furchtbar komisch aus. Es freute ihn diebisch, wenn er mich klatschnass fing und meine Oma mit ihm schimpfte, weil ich mich erkälten könnte. Das tat ich nie. Auch meine Tochter nicht, mit der ich ähnliche Späßchen treibe. Das liegt vermutlich an den vielen Prozessen, die das Lachen im Körper in Gang setzt.

Gesundes Gelächter

Beim Lachen werden allein im Gesicht 17 Muskeln betätigt, im gesamtem Körper sind es sogar 80. »Kein Wunder, dass Du so viele Falten um die Augen hast«, sagt meine Tochter grinsend. »Genau, die Krähenfüße hatte ich schon als Kind«, entgegne ich fast schon altersweise. Aber die Spuren der Freude trage ich gerne. Außerdem graben sich Kummerfurchen noch intensiver ins Gesicht und erzeugen einen stets traurigen Eindruck. Das Lachen ist übrigens ein angeborenes Verhalten des Menschen, ein Reflex, ausschließlich dem Mensch zu eigen. Wer lacht, atmet in mehreren Stößen und unterschiedlich intensiv aus. Dabei schießt die Luft mit bis zu 100 km/h durch die Atemwege und versetzt die Stimmbänder in Schwingungen.

Durch die schnelle Folge gleichartiger Laute wie »hahaha«, »hihihi« oder »hohoho« bewegt sich das Zwerchfell rhythmisch auf und ab und »massiert« die inneren Organe. Lachanfälle können daher sogar einen Muskelkater auslösen. Die lustigen Gefühlsausbrüche stärken die Herz- und Lungenfunktion sowie den ganzen Kreislauf und beugen so einem Herzinfarkt vor. Nur 20 Sekunden eines heftigen Lachanfalls entsprechen der körperlichen Leistung von drei Minuten schnellem Rudern. Fitnesswillige sollten doch einmal mit fröhlichem Gelächter anfangen. Wie wärs? Durch die schnelle Atmung transportiert die Lunge viermal so viel Sauerstoff wie im »Ruhezustand«. Das regt die Durchblutung an und fördert Stoffwechselprozesse. Nach einer Lachattacke nimmt die Herzfrequenz wieder ab, und der Blutdruck sinkt.

Einige Muskeln erschlaffen allerdings vorübergehend, beispielsweise in den Beinen. Und auch die Blasenmuskulatur entspannt sich. Der Volksmund kennt diesen Zusammenhang schon lange, denn daher stammt wohl der Ausdruck: »Sich vor Lachen in die Hose machen.« Manchen Menschen rollen aber auch vor lauter Lachen die Tränen die Wangen herunter. Das zeigt: Tränen sind kein typisches Zeichen für Traurigkeit, sondern für emotionale Ausnahmezustände.

Im Februar feiern die Deutschen traditionell Karneval oder Fasching, oft in Form eines mehrtägigen Ausnahmezustands mit Volksfestcharakter. Viele verkleiden sich bis zur Unkenntlichkeit, versammeln sich zu Scharen in großen Sälen, um sich die Reden der Obernarren, der »Tollitäten«, anzuhören, und grölen simple Gassenhauern wie »Viva Colonia«. Von aufwendig gestalteten, bunten Karnevalswagen fliegen Kamelle, Blumensträußchen und Konfetti. Die Menge am Straßenrand schreit »Alaaf« und »Helau«, feiert, trinkt und ... lacht.

Auch die Mediziner beschäftigen sich mit der Erforschung des Lachens. Das Fachgebiet heißt Gelotologie (griechisch gelos = Gelächter). Ihre Erkenntnisse: Menschen mit ausgeprägtem Humor sind seltener auf medizinische Hilfe angewiesen. Denn, während Frohsinn die Produktion der Stresshormone Adrenalin und Cortisol im Gehirn reduziert, steigert er die Ausschüttung der Glückshormone wie Endorphine und Dopamin. Ein guter Witz oder eine komische Situation heben die Laune, befreien den Geist von trüben Gedanken und machen sogar high.

Tatsächlich löst eine herzhafte Lachattacke ähnliche Empfindungen aus wie die Einnahme von Kokain. US-Wissenschaftler wiesen nach, dass Lachen die gleichen Hirnregionen anregt wie Kokain. Der menschliche Körper ist also selbst in der Lage, sich durch die Produktion »eigener Drogen« in Hochstimmung zu versetzen. Sensationell, da kann man doch getrost auf Alkohol und Nikotin verzichten.

Anhand einer Blutuntersuchung lässt sich nachweisen, dass Lachen auch das Immunsystem stärkt. Nach einem Lachanfall finden sich Killerzellen und Immunglobuline in erhöhter Anzahl im Blut. Traurigkeit und Stress dagegen senken die Zahl der Immunglobuline. Killerzellen stürzen sich nicht nur auf Viren und Bakterien, sondern auch auf Tumorzellen. Immunglobuline identifizieren Krankheitserreger und Fremdstoffe und führen zur Alarmierung des Immunsystems.

Die beste Medizin

Also besteht kein Zweifel: Lachen hält und macht gesund. Die heilende Wirkung des positiven Lebensgefühls entdeckte der Journalist Norman Cousins in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Als Cousins erfuhr, dass er an einer unheilbaren Knochengewebserkrankung litt, verordnete er sich selbst eine Lachtherapie. Er nahm sich vor, möglichst viel zu lachen. Stundenlang schaute er sich Slapstick-Filme an und ließ sich lustige Bücher vorlesen. Nach einem Lachkoller wurden die Schmerzen für einen begrenzten Zeitraum schwächer – und schließlich wurde Cousins wieder ganz gesund.

Lachen setzt Selbstheilungskräfte in Gang, es befreit und entspannt. Daher wundert es mich nicht, dass es auch in Krankenhäusern als Therapieform eingesetzt wird. So kommen beispielsweise psychologisch und künstlerisch geschulte Clowns als Professor Nase und Doktor Murks zur Visite auf die Kinderstationen. Die Idee der Klinikclowns stammt aus den USA. Dort trat erstmals 1985 ein Clown in einer Kinderklinik auf. Wo sonst alle Menschen flüsterten, drang plötzlich Tööhrööh und Gejohle durch die sterilen Flure.

Ansteckende Fröhlichkeit

Wenn die Anarchie Einzug hält, wird für einen kurzen Zeitraum die beängstigende Krankenhaussituation außer Kraft gesetzt. Kinder mit chronischen Krankheiten warten sehnsüchtig auf den Besuch der »Roten Nasen«, denn sie freuen sich über die spaßige Abwechslung. Der Clown durchbricht Tabus, zeigt unbefangen auf alles, was ihm merkwürdig vorkommt. Er darf ein Kind nach dem amputierten Bein fragen: »Wo ist eigentlich Dein anderes Bein? Hast Du es zu Hause vergessen?« Die Naivität, die Tollpatschigkeit und die Mißgeschicke des Clowns sind nicht nur ein Grund für kurzfristige Fröhlichkeit. Kranke Kinder lachen plötzlich unbeschwert, verfolgen aufmerksam das Geschehen. Sie bekommen Selbstwertgefühl und neuen Lebensmut.

Lachclubs und Lachmeditation

Der erste Lachclub wurde 1995 in Indien von Dr. Madan Kataria gegründet. Er entwickelte eine Yoga-Lach-Technik als Therapieform. Das »Lachen ohne Grund«, das Hasyayoga praktizieren inzwischen weltweit etwa 5000 Clubs. Lachübungen wie das »herzliche Lachen«, das »Löwenlachen«, das »Ein-Meter-Lachen« werden durch Atemübungen mit einem Sprechgesang unterbrochen. Jede Therapiesitzung endet mit der Lachmeditation.

Was wäre, wenn ein Yoga-Schüler plötzlich während des Telefonats mit einem Kunden loslacht? Diese Vorstellung löst bei mir wiederum heftigen Lachreiz aus. Allerdings wäre der Berufsalltag wesentlich angenehmer und auch erfolgreicher, wenn überall mehr gelacht würde. Denn Lachen reißt Barrieren ein, löst Spannungen und bringt die Menschen einander näher. Wer sich entschließt, über einen Fehler der Kollegin oder des Kollegens einmal zu lächeln, entkrampft die Situation. Und sofort fällt es leichter, Hilfe anzunehmen. Einige Unternehmen schicken ihre Mitarbeiter daher zu »Humorseminaren«, um deren Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit zu steigern. Es wäre phantastisch, wenn neben Fleiß, Organisationstalent und Pünktlichkeit auch der Humor zu den gewünschten Charaktereigenschaften von Mitarbeitern zählen würde. Denn der ist für ein gesundes Arbeitsklima unerlässlich.

Ist Humor angeboren? Oft ist er anerzogen. So wird ein Rheinländer in das Karnevalsgetöse der fünften Jahreszeit hineingeboren. Der eher unterkühlt wirkende Hanseat lacht dagegen etwas differenzierter. Leider muss auch mancher zum Lachen »in den Keller«, ist sozusagen humorfrei. Das »Humor-Gen« ist bisher weitestgehend unerforscht. Aber angeblich kann jeder Mensch das Lachen durch bestimmte Techniken lernen, Hinweise finden Interessierte unter www.humor.ch. Ich hege da meine Zweifel; aber einen Versuch ist es wert.

Seit jeher sind Heerscharen von Kommödianten bemüht, die Menschheit bei Laune zu halten. Meinen kindlichen Humor prägten »Dick & Doof«, die »Kleinen Strolche« und die »Otto-Show«. Auch meine Tochter lacht sich über den Otto Waalkes Sieben-Zwerge-Film oder über den quakenden Zeichentrickschwamm SpongeBob-Schwammkopf kaputt.

Kindlicher Humor ist anders als der von Erwachsenen. Durch Necken, Ärgern und Streiche Aushecken entdecken sie Gemeinsamkeiten mit anderen Kindern. Das Sprengen von Grenzen spielt beim Humor eine entscheidende Rolle. Die Realität wird verdreht und starre Gesetzmäßigkeiten entmachtet. Der seit fünf Jahrzehnten tätige Clown Dimitri meint: »Humor zeigt uns doch oft, wie in der übertriebenen Ernsthaftigkeit das Lächerliche und Absurde steckt. Seine Aufgabe ist es, alles was den Menschen einengt, immer wieder bloß zu stellen. Lachen fördert die innere Beweglichkeit und gibt Kraft zur Selbstdistanzierung.«

Weltlachtag im Mai

Da trifft es sich gut, dass es an jedem ersten Sonntag im Mai den Weltlachtag gibt. Der 1. Welttag des Lachens wurde 1998 in Bombay organisiert. In diesem Jahr darf jeder am 6. Mai offiziell kichern und gackern, bis ihm das Zwerchfell schmerzt. Da seit den 50er Jahren die Deutschen laut ofizieller Statistik täglich statt 18 gerade noch 6 Minuten lachen, empfehle ich an diesem Tag Versäumtes nachzuholen. Clownerie, Slapstick, Kabarett und Comedyshows sind Garanten für ausgiebige Lachanfälle.

Mein Rat an die Eltern: Kinder lieben das tägliche »Durchkitzeln«. Auch ein freundliches Lächeln sollte jeder unbedingt in den Tagesablauf einbauen. Denn es ist wunderbar entwaffnend und befreit sekündlich von allem Übel.

 

E-Mail-Adresse der Verfasserin:
blaubehr(at)gmx.de