Edler Kardamom für Kaffeefreunde |
21.01.2011 14:41 Uhr |
Von Brigitte M. Gensthaler / Als getrocknete Früchte, Samen und Pulver kommt Kardamom in Europa in den Handel. Sein Aroma wird als muskatartig, würzig bis brennend beschrieben. Wer eine Prise Pulver in den Kaffee, in ein Reisgericht oder eine Süßspeise gibt, denkt kaum daran, dass er eines der teuersten Gewürze der Welt verwendet.
Ursprünglich stammt der Kardamom (Elettaria cardamomum Maton, Malabar-Kardamom, Zingiberaceae = Ingwergewächse) aus den Bergen Südindiens. Die »Cardamom Hills« (Kardamom-Berge) an der Grenze der Bundesstaaten Kerala und Tamil Nadu sind nicht nur bekannt für den Anbau von Kardamom, Kaffee und Pfeffer, sondern auch ein beliebtes Reiseziel für Touristen. Die mit Ingwer und Kurkuma nahe verwandte Gewürzpflanze ist außerdem auf Sri Lanka heimisch. Die hier wachsenden kleineren Früchte sollen noch aromatischer sein.
Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH unterstützt unter anderem auch Projekte zum Schutz der biologischen Artenvielfalt. Ein Projekt ist der nachhaltige Anbau von Kardamom in Südindien, um dort Kleinbauern ein unabhängiges Einkommen zu ermöglichen.
Foto: GIZ/ Dirk Ostermeier
Bereits in den alten Hochkulturen, beispielsweise im Ägypten der Pharaonen, waren die Gewürze aus Asien hoch geschätzt. Ausgrabungen zeugen von deren Gebrauch als Heilmittel, Parfümbestandteil und Küchenzutat. Der Philosoph Theophrastus von Erasos beschrieb schon im 3. Jahrhundert vor Christus einige Gewürze, darunter Zimt und Kardamom. Ähnlich wie Pfeffer, Zimt und Ingwer kam auch Kardamom über verschlungene, oft geheime Handelswege aus Indien nach Europa und wurde hier teuer verkauft.
Kampf um Anbauländer
Seit der frühen Neuzeit lieferten sich die europäischen Seemächte Portugal, England, Niederlande und Frankreich blutige Schlachten um die gewürzproduzierenden Länder des Ostens und zwangen deren Einwohner mit Gewalt in ihre Dienste. Um die Monopole der Handelsnationen zu brechen, versuchten Forscher immer wieder, die exotischen Pflanzen in anderen Teilen der Welt zu kultivieren.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts legten deutsche Siedler in Guatemala die ersten Kardamom-Plantagen an, die heute etwa die Hälfte der jährlichen Welternte liefern. In Zentralamerika und Indien bietet der Kardamom-Anbau vielen Kleinbauern eine stabile Einnahmequelle neben dem Kaffee, dessen Preise stark schwanken.
Viel Handarbeit bei der Ernte
Am besten wächst die bis zu 3 Meter hohe Kardamomstaude in feuchtwarmem Klima und – wie der Arabica-Kaffee – im Schatten. Oft werden beide Pflanzen gemeinsam angebaut. Kardamom ist mehrjährig und kann viele Jahre am gleichen Standort abgeerntet werden. Die grünen Kapseln wachsen wie an Schnüren über den Boden. Da die Früchte ungleichmäßig reifen, werden sie wöchentlich von Hand abgepflückt, getrocknet und sortiert. Erst beim Trocknen in der Sonne oder im Ofen entwickelt sich das typische Aroma.
Wer Kardamomsamen bei Bedarf im Mörser verreibt, erhält ein besonders aromatisches Pulver. Praktischer ist das bereits pulverisierte Gewürz.
Foto: Fuchs Gewürze
Um Fälschungen zu vermeiden, werden die ganzen Kapseln gehandelt. So bleibt auch das Aroma am besten erhalten. Ein hochwertiges Pulver erhält, wer die Samen ohne die Kapselwand vermahlt. Kardamomsamen sind reich an ätherischem Öl mit den Hauptkomponenten Terpinylacetat und Terpineol sowie 1,8-Cineol.
Das Gewürz fördert die Verdauung, löst Krämpfe und in den Bronchien festsitzenden Schleim und wirkt angeblich auch als Aphrodisiakum. Als Karminativum hat sich ein Tee aus Kardamomsamen, Fenchel- und Kümmelfrüchten bewährt. Das Kauen der Samen nach einer feucht-fröhlichen Feier soll Katersymptome lindern, den Magen stabilisieren und für frischen Atem sorgen. Wer etwa fünf Minuten lang drei bis vier Samen kaut, kann so auch den Geruch von Knoblauch überdecken.
Bekannt ist Kardamompulver in Europa als Backgewürz für Plätzchen und vor allem für Lebkuchen. Süßen Desserts und Pudding verleiht es einen besonderen Pfiff. Die Skandinavier lieben mit Kardamomöl aromatisierte Wurst, allerdings ist der Einsatz für Fleischgerichte, Suppen und Soßen eher die Ausnahme.
Wohltat im arabischen Mokka
Die Bewohner der arabischen Länder verbrauchen den Großteil der weltweiten Ernte: zum Würzen von Kaffee. Diese Tradition gilt als Symbol orientalischer Gastfreundschaft. Meist wird frisch gemahlener Kardamom mit dem Kaffeepulver zusammen aufgebrüht. In Nordindien wird auch Schwarztee mit Gewürzen aromatisiert, darunter Kardamom, Pfeffer, Nelken, Zimt und Fenchel.
Zudem ist Kardamom ein Charakteristikum vieler indischer Schmor- und Reisgerichte, wie dem auch bei Europäern beliebten »Biriyani«. Mitunter werden die ganzen Kapseln in heißem Fett gebräunt, bis sie sich leicht öffnen und ihr würziges Aroma verströmen. Vor dem Servieren der damit gewürzten Speisen werden sie entfernt. Große schwarze Kardamomkapseln gehören neben Zimt, Gewürznelken und schwarzem Pfeffer zu der bekannten Gewürzmischung »Garam Marsala«, die üppig für Fleischgerichte, in sparsamen Mengen für Reis- und Geflügelgerichte verwendet wird.
Daneben schätzen indische Köche auch grünen Kardamom: Sie streuen ihn einige Minuten vor Ende der Garzeit über ein Lammgericht oder kochen ihn zur Geschmacksabrundung in einem »Curry« mit. /
Mit dem Porträt des Kardamom startet das PTA-Forum die neue Serie »Gewürze aus aller Welt«.
Seit Urzeiten würzen die Menschen ihre Nahrung mit heimischen Kräutern, von denen einige auch die Gesundheit fördern. Babylonische Keilschrifttafeln aus der Zeit um 1750 vor Christus überliefern Kochrezepte, die als Hauptgewürze Kümmel, Koriander und Knoblauch enthielten. Ausgrabungen belegen, dass in der Küche der Pharaonen Gewürze wie Minze, Wacholderbeeren und Kreuzkümmel verwendet wurden.
Gewürze gehören zu den ersten Gütern, die rund um den Globus gehandelt wurden. Auf geheimnisvollen Wegen kamen diese über das verzweigte Netz der Seidenstraße aus Asien und wurden von arabischen Händlern im Mittelmeerraum verkauft. Wichtige Handelszentren der Antike waren die ägyptische Hafenstadt Alexandria und später Konstantinopel. Zu Wasser und zu Lande waren die Händler oft monate- bis jahrelang zu den sagenhaften Gewürzländern Asiens unterwegs. Die sehr wert- vollen Gewürze waren in der Antike den Pharaonen, Kaisern, Adeligen und Wohlhabenden vorbehalten. Überliefert ist ihre Verwendung in der Küche, als Heilmittel und bei kultischen Zeremonien, zum Beispiel Räucherungen.
In späteren Jahrhunderten führten die europäischen Seemächte Kriege, um die Gewürzregionen für sich zu erobern. Die Eroberungspolitik ging um Öl – allerdings um ätherisches Öl, die Hauptkomponente der meisten Gewürze. Nach der Entdeckung Amerikas gelangten auch Gewürze vom neuen Kontinent in die Alte Welt. Doch erst als es gelang, exotische Pflanzen in anderen als den Ursprungsländern zu kultivieren, brachen die Handelsmonopole, und die aromatischen Zutaten wurden allgemein erschwinglich.
Gewürze waren immer auch Heilmittel. Vanille, Pfeffer, Zimt und Kakao bereicherten den Arzneischatz der früheren Apotheken. Auch wenn es heute chemisch-synthetische Alternativen gibt: Gewürze wie Zwiebel, Kümmel, Anis und Koriander werden zu medizinischen Zwecken eingesetzt. Ihren festen Platz haben sie in der Küche. Wer wollte auf Gewürze aus aller Welt verzichten?