Im Fokus der Forschung |
22.01.2018 12:06 Uhr |
Von Caroline Wendt, Köln / Curcuma ist nicht nur Hauptbestandteil des Curry-Pulvers. Als Heilpflanze soll die gelbe Wurzel den Gallenfluss fördern, antientzündlich wirken und die Leberzellen schützen. Professor Dr. Karen Nieber präsentierte bei einem Symposium zum 35-jährigen Bestehen der Kooperation Phytopharmaka einen Überblick der wissenschaftlichen Forschungsarbeiten.
Curcuma stammt aus dem asiatischen Raum und gilt dort seit Jahrtausenden als Heilpflanze. Die Pflanze gehört zur Familie der Ingwergewächse (Zingiberaceae). Genutzt wird der getrocknete Wurzelstock von Curcuma longa (Gelbwurz) und Curcuma xantorrhiza (Javanische Gelbwurz). Seit einigen Jahren gewinne die Wurzel auch in Europa immer mehr an Popularität, erklärte Nieber, emeritierte Professorin für Pharmakologie der Universität Leipzig. Der wichtigste Inhaltsstoff ist Curcumin, der sowohl in einer Monographie der Kommission E als auch in einer Monographie des Ausschusses für pflanzliche Arzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur (HMPC) beschrieben wird. Die traditionelle Behandlung von unspezifischen Magen-Darm-Beschwerden wie Blähungen, Völlegefühl und langsamer Verdauung sei durch die Monographien anerkannt, so Nieber.
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Curcumin beeinflusse viele Zielstrukturen, beispielsweise entzündlich wirksame Zytokine, Enzyme, Wachstumsfaktoren und Rezeptoren zur Genexpression. »Wir haben es mit einem Multi-Target-Wirkstoff zu tun«, erläuterte die Referentin. Die möglichen Wirkmechanismen werden derzeit in zahlreichen In-vitro-Studien untersucht. Entscheidend sei es jedoch, zu sehen, wie Curcumin in klinischen Studien wirke, betonte sie.
Über Curcumin sind in den Datenbanken mehr als 100 klinische Studien zu finden. Davon seien allerdings viele nicht abgeschlossen oder die Ergebnisse nicht veröffentlicht, so Nieber. Die Evidenzlage sei insgesamt sehr dürftig. Dies hinge unter anderem mit verschiedenen Studiendesigns, unterschiedlichen Dosierungen und variablen Patientenzahlen zusammen. »Aufgrund der geringen Bioverfügbarkeit von Curcumin ist auch die eingesetzte technologische Formulierung von entscheidender Bedeutung«, betonte Nieber. Curcumin sei sehr schlecht wasserlöslich, werde schlecht resorbiert und schnell metabolisiert. Ziel müsse es deshalb sein, entweder den Abbau von Curcumin zu verlangsamen oder die Resorption zu verbessern.
Besser bioverfügbar
So hemme beispielsweise Piperin, das Alkaloid des schwarzen Pfeffers, den enzymatischen Abbau von Curcumin. »Es handelt sich hierbei um einen sogenannten Drug Enhancer«, erklärte Nieber – ein Hilfsstoff, der die Verfügbarkeit eines Wirkstoffs steigert. Zudem wirke Piperin selbst antioxidativ und antikanzerogen. Doch die Blutkonzentration von Curcumin sinkt bereits nach einer Stunde wieder ab. Die Kombination von Piperin und Curcumin sei deshalb therapeutisch ohne Bedeutung, so die Professorin.
In Kapseln verpackt: Galenisch lässt sich die Bioverfügbarkeit von Curcumin enorm steigern.
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Besser sieht es bei Versuchen zur Steigerung der Resorption aus. Hier können unterschiedliche technologische Formulierungen einen deutlichen Anstieg der Bioverfügbarkeit erzielen, sagte Nieber. So führe zum Beispiel eine Fettemulsion mit Curcumin-Nanopartikeln zu einer vierfach höheren Bioverfügbarkeit als der unbehandelte Wirkstoff. Curcumin gelöst in ätherischem Öl aus der Curcuma-Pflanze erhöhe die Bioverfügbarkeit sogar um das Siebenfache. Die derzeit besten Ergebnisse seien jedoch mit der Mizellen-Technologie zu erzielen: Curcumin in eine hydrophile Hülle aus Polysorbat 80 zu »verpacken«, führe zu einer 185-fach höheren Bioverfügbarkeit. »Das ist ein technologischer Erfolg«, betonte Nieber. Die Mizellen-Technologie findet bereits bei verschiedenen Präparaten Anwendung, zum Beispiel in Curcusol®, Curcuflex®, Arcumin Plus® und Curcumin-Loges®.
Sinnvolles Add-on
Es gibt einige klinische Studien, die unter anderem die antiphlogistische und antioxidative Wirkung von Curcuma-Präparaten mit der Mizellen-Formulierung untersucht haben. Eine direkte analgetische Wirkung habe Curcumin nicht, doch sei durch die Entzündungshemmung eine mittelfristige Schmerzlinderung möglich, erklärte Nieber. In einer randomisierten Studie mit 367 Patienten mit Knie-Arthrose sei die schmerzlindernde Wirkung des Curcumin-Präparates vergleichbar mit der analgetischen Wirkung von Ibuprofen gewesen. Auch eine Add-on-Therapie ist nach Meinung der Professorin sinnvoll: »Eine mögliche Reduktion von Schmerzmitteln durch die zusätzliche Einnahme von Curcumin ist ein wichtiger Aspekt in der Therapie der Arthrose.«
Eine doppelt verblindete, randomisierte Studie mit 50 Patienten mit Colitis ulcerosa untersuchte die Ansprechrate der Patienten auf Mesalazin in Kombination mit Curcumin oder Placebo. Bei Curcumin als Add-on war die Ansprechrate um etwa 50 Prozent höher als bei der zusätzlichen Einnahme eines Placebos. Curcumin als komplementäre Behandlungsmethode sei inzwischen auch Bestandteil der Leitlinie »Diagnostik und Therapie der Colitis ulcerosa« der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, sagte Nieber.
Die Referentin sieht in den biooptimierten Formulierungen eine gute Möglichkeit, um in weiteren klinischen Studien die Wirksamkeit von Curcumin auch in anderen Indikationsgebieten zu untersuchen. Curcumin-Präparate sind bisher nur als Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt. /