Empfehlung bei akuter Bronchitis |
25.02.2013 06:21 Uhr |
Von Christian Ude, Mario Wurglics und Manfred Schubert- Zsilavecz / Aktuell prüft das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das Pelargonium-haltige Erkältungsmittel Umckaloabo® im Rahmen eines Stufenplanverfahrens. Grund sind Meldungen zu möglichen seltenen Beeinträchtigungen der Leberfunktion durch den Pelargonium-Extrakt. Einige Experten kritisieren jedoch das Vorgehen: Ihre eigene Datenanalyse ergab keinen eindeutigen Zusammenhang.
Erste Fallberichte über eine Beeinträchtigung der Leberfunktion durch Umckaloabo gibt es seit knapp zehn Jahren. Bis 2011 gingen von Apothekern, Ärzten und Patienten bei den Behörden insgesamt 30 sogenannte Spontanmeldungen ein, Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen durch Umckaloabo. Das BfArM leitete deshalb im Sommer 2012 ein Stufenplanverfahren ein, um einen Zusammenhang zwischen der Einnahme des Arzneimittels und dem seltenen Auftreten leberspezifischer unerwünschter Arzneimittelwirkungen zu überprüfen. Aufgrund der vorliegenden Berichte forderte das Institut den Hersteller auf, die Fach- und Gebrauchsinformationen zu erweitern und dort auf mögliche Leberschäden und Hepatitis im Zusammenhang mit der Einnahme hinzuweisen.
Hilfe aus der Natur: Der Extrakt aus der Wurzel der Kapland-Pelargonie wirkt gegen akute Bronchitis und Husten.
Foto: PZ/Archiv
Eine Expertengruppe um den Gastroenterologen Professor Dr. Rolf Teschke hält die vorliegenden Daten jedoch für lückenhaft. Teschke und seine Mitarbeiter analysierten die Verdachtsfälle des BfArM auf einen tatsächlichen Zusammenhang zwischen der Einnahme des Wurzelauszugs der südafrikanischen Pelargonie und der Beeinflussung der Leberfunktion. Die Arbeitsgruppe bewertete die Fälle nach der CIOMS-Skala (Council for International Organizations of Medical Sciences), die weltweit der Evaluierung von Lebertoxizität durch Arzneimittel dient. Ihr Urteil: Lediglich in vier Fällen sei ein möglicher Zusammenhang zwischen der Umckaloabo®-Einnahme und den erhöhten Leberwerten zu erkennen. In 20 Fällen bewerteten die Wissenschaftler dies als unwahrscheinlich und in vier Fällen sogar als ausgeschlossen. Sie kommen deshalb zu dem Ergebnis, dass nur sehr wenig dafür spricht, dass Umckaloabo® zu Leberschäden führen kann. Andere potenziell leberschädigende Faktoren seien nur unzureichend dokumentiert, wie beispielsweise die gleichzeitige Einnahme weiterer Medikamente, virale Infekte (Hepatitis A, B, C, Cytomegalie-Viren, Epstein-Barr-Viren), Autoimmuneffekte und systemische Erkrankungen. Ungeachtet dessen müssen Spontanberichte über unerwünschte Wirkungen auch zukünftig kritisch beobachtet werden. Alle Vertreter der Heilberufe, somit auch Apotheker und PTA, sollten hierbei ihre Verantwortung wahrnehmen und das Auftreten von unerwünschten Arzneimittelwirkungen melden.
Wirkung belegt
Zur Behandlung von Atemwegserkrankungen hat sich in der Selbstmedikation eine Vielzahl von Zubereitungen auf Basis verschiedener Arzneipflanzen und Arzneipflanzen-Kombinationen bewährt. Viele bei akuter Bronchitis beziehungsweise Husten eingesetzte Arzneipflanzen stammen aus dem traditionellen Arzneischatz und ihre Zulassung beruht auf dieser oft jahrhundertealten Erfahrung. Im Unterschied dazu ist die Wirkung von Umckaloabo durch klinische Studien belegt. Des Weiteren liegen Studien zur Wirksamkeit des Pelargonium-Extraktes bei Rhinosinusitis (Nasenschleimhaut- und Nasennebenhöhlenentzündung) und bei Erkältungskrankheiten vor.
Foto: imago/Arco Images
In der Vergangenheit haben verschiedene Beispiele (unter anderem Kava Kava) gezeigt, dass es auch bei pflanzlichen Arzneimitteln unbedingt erforderlich ist, neben der Wirksamkeit deren Unbedenklichkeit und Sicherheit in klinischen Studien zu prüfen. Für den Pelargonium-Extrakt liegen dazu zahlreiche Daten aus klinischen Studien vor. Nach erfolgter Zulassung im Jahr 2005 wurden 13 placebokontrollierte Doppelblindstudien durchgeführt, in denen neben der Wirksamkeit vor allem auch die Sicherheit und Unbedenklichkeit geprüft wurde. In all diesen Studien stellten Ärzte keine schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen fest. Die Probanden berichteten über leichte bis mittelschwere Nebenwirkungen, an erster Stelle gastrointestinale Beschwerden. In weiteren Studien traten zentralnervöse Störungen wie Schwindel auf.
Auch für Kinder
Zu einem positiven Ergebnis kam auch ein Review der Cochrane Collaboration, ein Zusammenschluss von Ärzten und Wissenschaftlern, die systematische Übersichtsarbeiten erstellen. Im Review lobten die Experten die gute Wirksamkeit und Sicherheit von Umckaloabo im Gegensatz zu den klassisch eingesetzten Expektorantien und β2-Sympathomimetika. Umckaloabo sei auch für Kinder geeignet, während die Wissenschaftler die Anwendung von Antitussiva wie Codein oder Dextromethorphan vor allem bei Kleinkindern kritisch sehen.
Pflanzenextrakte sind immer Vielstoffgemische. Daher beschäftigen sich Forscher regelmäßig mit der Frage, welche Inhaltsstoffe für die pharmakologische Wirkung verantwortlich sind und auf welchem Mechanismus diese Wirkung beruht. Das gilt auch für Umckaloabo. In den flüssigen und festen Fertigarzneimitteln wird der ethanolische Auszug EPs®7630 aus Pelargonium sidoides Wurzeln eingesetzt. Eingehende Untersuchungen des Extrakts legen den Schluss nahe, dass neben Proanthocyanidinen, Cumarine und andere phenolische Pflanzeninhaltsstoffe wie Flavonoide über antivirale und antibakterielle Eigenschaften verfügen und das unspezifische Immunsystem stimulieren. Obwohl Untersuchungen zur Pharmakologie bereits wesentlich zur Aufklärung molekularer Wirkmechanismen beigetragen haben, müssen zukünftige Studien klären, ob und in wie weit andere Faktoren zur Gesamtwirkung des Extraktes beitragen.
Beginn akut innerhalb weniger Stunden oder Tage, Husten, Auswurf, leichte Temperaturerhöhung, Thoraxschmerzen, zähes Sputum (zunächst weiß-milchig, dann grünlich oder gelb), Kopf- und Gliederschmerzen
PTA und Apotheker sollten vor der Empfehlung von Umckaloabo zuvor in einer »Anamnese« abklären, ob der Patient das Arzneimittel in der Selbstmedikation anwenden darf. Sie müssen berücksichtigen, dass auch andere Erkrankungen oder Arzneimittel das Symptom »Husten« auslösen können. Umckaloabo eignet sich nur bei Vorliegen einer akuten Bronchitis, nicht dagegen bei einer chronischen. Die akute Bronchitis tritt hauptsächlich in kalten, feuchten Wintermonaten aufgrund von Virus-Infektionen auf; die chronische Form ist zum Beispiel durch einen starken Zigarettenkonsum bedingt oder auf chronische Erkrankungen der Atemwege zurückzuführen.
Akute Bronchitis, Allergische Rhinitis, Asthma, COPD, gemeine Erkältung, Grippe, Herzinsuffizienz, Refluxösophagitis, Lungenentzündung, Bronchialkarzinom, Pseudokrupp (vornehmlich bei Kindern), Gastroösophagaler Reflux (GERD)
Arzneimittel, die Husten auslösen können
ACE-Hemmer, Methotrexat, Amiodaron, β-Blocker, inhalative Glucocorticoide
Vor der Abgabe von Umckaloabo müssen PTA oder Apotheker auch klären, ob der Patient an einer schweren Nieren- oder Leberfunktionsstörung erkrankt ist oder Antikoagulantien einnimmt. Sollte dies der Fall sein, darf er kein Umckaloabo erhalten. Folgende Hinweise und Informationen müssen PTA oder Apotheker im Beratungsgespräch erwähnen:
Da Umckaloabo Flüssigkeit zum Einnehmen 10 Prozent Alkohol enthält, gibt es als Alternativen für Kinder oder Personen, die keinen Alkohol zu sich nehmen dürfen, den alkoholfreien Umckaloabo Saft für Kinder beziehungsweise Umckaloabo Filmtabletten.
Fazit
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sowohl Erwachsene als auch Kinder und Jugendliche mit akuter Bronchitis von einer Behandlung mit Umckaloabo als Tabletten, Tropfen oder Saft profitieren können. Umckaloabo ist trotz des Stufenplanverfahrens aus heutiger Sicht als ein sicheres und bei akuter Bronchitis wirksames Phytopharmakon einzustufen.
Dies bedeutet keinesfalls eine Abwertung des eingeleiteten Stufenplanverfahrens beziehungsweise eine Verharmlosung der aufgetretenen Fälle. Vielmehr müssen die zukünftigen Ergebnisse des Verfahrens weiterhin aufmerksam und kritisch verfolgt werden. Bis dahin gelten jedoch die aktuell vorliegenden Daten, die den beschriebenen Schluss zulassen. In der Apotheke sollten PTA und Apotheker die Patienten vor allem auf eine ausreichend hohe Dosierung (60 bis 90 mg täglich) und eine angemessene Therapiedauer von höchstens drei Wochen hinweisen. Unerwünschte Wirkungen auf die Leber sind möglich, der Zusammenhang zwischen dem Phytopharmakon und dem Organschaden ist allerdings bis jetzt nicht vollständig geklärt. /
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