Sondereinsatz für die Fitness |
25.02.2013 06:20 Uhr |
Von Annette Behr / Sport gehört für viele Menschen zum Leben und zur Lebensqualität. So manche Sportart ist wirksam wie ein Medikament, hält gesund, fit und meist auch noch schön. Immer neue ausgeklügelte, abenteuerlich anmutende Trainingskonzepte animieren zum Ausprobieren.
Ohne Sport fit und schlank zu sein beziehungsweise zu werden, ist für mich zumindest schlicht unmöglich. Zu einer ausgewogenen Ernährung brauche ich die Bewegung – gerne an frischer Luft – weil ich dann ausgeglichener bin und besser schlafe. Zu Beginn des neuen Jahres lockte »mein« Frauenfitnessstudio mit Schnupperstunden auf seltsamen Gerätschaften: Power Plate, TRX und EMS. Sie versprechen allesamt, schlaffe Problemzonen schnell in den Griff zu bekommen. Eine tolle Sache, auch weil das Training angeblich deutlich weniger Zeit »verbraucht« als herkömmliches.
Moderne Fitnessstudios locken die Kunden mit immer neuen Trainingskonzepten.
Foto: Shutterstock/Kzenon
»Noch dazu ohne diese lästige Schwitzerei und Anstrengung«, meinte neulich beim Tee meine Freundin Ulla über ihr neues Fitness-Konzept für 2013. Sie hat sich bei »Speedfit« angemeldet, einem Sportstudio, das Workout mit Elektro-Muskel-Stimulation (EMS) anbietet. »Also quasi Kniebeugen mit Stromstößen oder wie?«, fragte ich schmunzelnd, bevor ich mir das Konzept einmal genauer ansah. Ganz ohne Einsatz geht es aber auch bei EMS selbstverständlich nicht. Aber der Weg zum straffen Körper ist womöglich kürzer. Das jedenfalls versprechen die Anbieter ihrer Kundschaft, deren Terminkalender ja sowieso kaum Platz für Sport lässt.
EMS-Power
Angeblich reichen für ein sichtbares Ergebnis zweimal zwanzig Minuten pro Woche. Bevor es losgehen kann, muss erst einmal eine Art Taucheranzug mit Elektroden-Innenleben angezogen werden. Dieser soll dafür sorgen, dass der niederfrequente, bipolare Strom gut über den Körper geleitet wird und die quergestreifte Muskulatur stimuliert. Alternativ können auch eine Weste sowie Gurte für Arme, Oberschenkel, Bauch und Po die Elektroden auf dem Körper platzieren. Wenn der Strom fließt, stellt sich ein Kribbeln ein. Je nach individuellem Trainingszustand wird mit leichtem Aufwärmtraining auf dem Stepper begonnen. Im Prinzip wird gegen den Impuls trainiert. Das soll die Muskelkontraktionen verstärken und die Tiefenmuskulatur anregen. Auch persönliche »Problemzonen« können gezielt trainiert werden. Neben Armen, Beinen, Bauch und Po soll diese Art des Trainings auch dem Rücken gut tun. Allerdings alles unter Anleitung eines Personal-Trainers, der ein individuelles Konzept erstellt. Ein 15-minütiges EMS-Training soll so effizient sein wie ein einstündiges herkömmliches.
Power-Plate
Die »Kraft- oder Schüttelplatte« sieht ähnlich futuristisch aus wie der verkabelte Anzug beim EMS. Das Konzept des Vibrationstrainings wurde auch ursprünglich für die Raumfahrt entwickelt, um dem Knochen- und Muskelschwund der Kosmonauten während des langen, bewegungsarmen Aufenthalts im Weltall entgegenzuwirken. Der niederländische Olympiatrainer Guus van der Meer entdeckte diese Technik im Jahr 1999 für seine Sportler. Im Studio, für zuhause oder auch für medizinische Zwecke gilt das Fitness-Gerät als Wunderwaffe. Ich finde, die Power-Plate sieht ein wenig aus, wie die moderne Variante einer Sackwaage mit Haltegriffen. Der Trainings-Willige stellt sich auf eine vibrierende Scheibe und führt unter Anleitung beispielsweise Übungen für den Po oder die Beine aus.
Foto: Shutterstock/ monticello
Durch »multidimensionale Beschleunigungen werden pro Minute bis zu 2400 Muskelkontraktionen aktiviert«, heißt es in der Beschreibung der Power-Plate. Bei der »biomechanischen Muskelstimulation« werden Schwingungen von der Vibrationsplatte auf den Körper übertragen. Dann spannen sich die Muskeln reflexartig ohne eigenes, schweißtreibendes Zutun an. Irgendwie sieht es komisch aus, wenn jemand nur auf einem Bein auf dem Gerät steht oder verhältnismäßig bewegungsarm trainiert. Doch der Anblick täuscht, denn einfach nur gegen die Vibration die Position zu halten, strengt sehr wohl an. Auf den »aktiven« Teil folgt anschließend noch eine Relaxeinheit mit Dehn- und Massageübungen. Der Vorteil des Gerätes liegt angeblich in seiner Effizienz. Demnach werden fast 100 Prozent der Muskelfasern »angesprochen«, während es beim schnöden Hanteltraining häufig nur 40 Prozent sind. Auch bei diesem Konzept trainiert jeder, ob Anfänger oder Fortgeschrittener, nach einem individuellen Plan. Statt einer Stunde herkömmlichen Trainings reichen hier schon 20 Minuten aus! Neben der deutschen Fußballnationalmannschaft und anderen Hochleistungssportlern hält sich angeblich auch Madonna mit der Power Plate fit. Das Vibrationstraining eignet sich für Jugendliche ab 14 Jahren, Senioren, Reha-Patienten ebenso wie für Menschen, die gegen ihr Übergewicht oder ihre Cellulite etwas tun möchten. Der Personal-Trainier kann die Geräte auf die Konstitution und die Kondition jedes Einzelnen einstellen und ein individuelles Übungsprogramm erstellen.
TRX-Suspension
Das große eiserne Gestell war mir schon lange aufgefallen, bevor es endlich zum Einsatz kam. Dann hingen Mutige an Seilen in diesem Gestell und absolvierten Übungen, die schon ohne Seile anstrengend genug sind. Liegestütze beispielsweise mögen die meisten Frauen nicht, weil ihre Armmuskulatur häufig schlecht oder gar nicht trainiert ist. Möchte Frau aber endlich Arme – à la Michelle Obama – zeigen, dann ist dieses Training genau richtig. Beim TRX-Suspension- oder auch Schlingentraining wird mit einem speziellen Gurt- und Seilsystem und Griffen trainiert. Suspension bedeutet frei übersetzt »Hängelage oder Hochlagerung von Körperteilen«. Der Sportwillige hängt seinen ganzen Körper oder auch nur ein Bein in die Schlingen ein. Als Widerstand dient »nur« das eigene Körpergewicht, das gegen die Schwerkraft arbeitet. Allerdings sind diese Übungen äußerst anstrengend, aber auch effizient. Muskeln, Sehnen und Bänder werden gefordert, indem Streck-, Beuge- und Rotationsabläufe wiederholt trainiert werden. Das einfache und zugleich anspruchsvolle Prinzip verleiht langfristig mehr Kraft, erhält und fördert die Koordination, das Gleichgewicht und die Beweglichkeit.
Empfehlenswert ist es, TRX unter entsprechender Anleitung in einem Sportstudio auszuprobieren. Danach kann man das Schlingensystem mit Haltegriffen auch für zuhause und unterwegs, in Form einer »To-go-Version«, erwerben. Angeblich haben US-amerikanische Soldaten das TRX-Trainingskonzept aus Mangel an Platz und Sportgeräten für entsprechende Körperertüchtigung »erfunden«. In Lagern, auf Schiffen und U-Booten hätten die Männer Trainingsgeräte aus Fallschirmbahnen kreiert. Vielleicht ist ein Funken Wahrheit an dieser Geschichte, doch in Norwegen gab es bereits vor 20 Jahren ein Schlingensystem für die Physiotherapie. Und wir alle kennen den Vorläufer der High-Tech-Variante: die Turnübungen an den Ringen.
Boya
Die Trends und Ziele unserer Zeit sind: »Gesundheit, Fitness, Beauty und Well-Aging«. So hat es jedenfalls der Texter einer Werbebroschüre für ein »Health-Well-Aging-Gerät« formuliert. Ach ja, aber muss man denn unbedingt gleich das neueste Gerät kaufen? Immer mehr Fitness-Studios und -Ketten bieten unterschiedlichste, maßgeschneiderte Konzepte an. Egal ob es um eine gute Kondition und die Erhaltung der Gesundheit oder um eine schöne Figur geht. Entscheidend für den Erfolg eines jeden Sportkonzeptes ist doch auch der Spaß-Faktor. Bei Jugendlichen besonders beliebt sind die sogenannten Express- und Freestyle-Programme. Ausgesuchte Körperregionen werden in nur 20 Minuten effizient beansprucht. Mit einem Motivationstrainer und der passenden Musik ist das Programm ein guter Ausgleich zum dürftigen Sportunterricht in den Schulen. Zirkeltraining in Kleingruppen, mit entsprechender Animation, erhöht die Motivation und den Spaß.
Wie sich die Vorlieben und Trends ändern! Schon lange sind Kampfsportarten und Selbstverteidigungskurse keine reine Männerdomäne mehr. Das Boxen beispielsweise haben die Mädchen und Frauen inzwischen auch für sich entdeckt. Spätestens seit es prominente Frauen wie die australische Schauspielerin und Sängerin Natalie Imbruglia als Beautytipps anpreisen: »Kein anderes Workout bringt mich schneller in Form.« In den amerikanischen Studios arbeiten speziell für Frauen ausgebildete Boxtrainerinnen. Nicht nur Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit werden trainiert, die Frauen können zusätzlich auch Spannungen abbauen.
Ebenfalls wieder auf dem Vormarsch sind die sogenannten »soften« Angebote wie Yoga und Pilates, die auch auf den Geist wirken. Die Kombination aus allem heißt »Boya«. Der Mix aus Box- und Yoga-Elementen fördert Ausdauer und Schnelligkeit in Verbindung mit bewusster Atmung und Körperbewusstsein. Emotionen wie Zorn, Wut und Ärger können beim Training körperlich »abgearbeitet« werden. Das hört sich doch gut an. Mal sehen, ob das noch in mein Jahrespensum für 2013 passt …! /
E-Mail-Adresse der Verfasserin