»Der Mensch steht im Mittelpunkt« |
26.01.2015 11:34 Uhr |
Von Annette van Gessel / Anja Esser ist seit mehr als 25 Jahren als PTA in der öffentlichen Apotheke tätig. Sie liebt die Herausforderung. Auch aus diesem Grund führt sie zusätzlich Schulungen für die Mitarbeiter anderer Apotheken durch. Mit PTA-Forum spricht sie über ihren Berufsalltag.
PTA-Forum: Warum haben Sie sich für die Ausbildung zur PTA entschieden?
Esser: Als ich mich für den Besuch der PTA-Schule entschied, war ich noch recht jung. Ich hatte in den Schulferien ein Praktikum in einer Apotheke gemacht und fand den Beruf der PTA einfach nur toll. Der weiße Kittel, die Beratung der Patienten, die Rezepturen – alles hat mich damals sehr beeindruckt und mir gefallen.
Außerdem fand ich den Beruf ideal, weil ich später einmal eine Familie gründen wollte. Einige Mitarbeiterinnen in der Apotheke arbeiteten in Teilzeit und das ließ sich im Arbeitsauflauf gut organisieren. Auch fand ich die damaligen Gehälter im Vergleich mit den typischen Frauenberufen – Arzthelferin, Friseurin, Einzelhandels- oder Bankkauffrau – ganz akzeptabel.
PTA-Forum: Bitte beschreiben Sie einmal kurz Ihren beruflichen Werdegang.
»Ich würde alles sicherlich wieder genauso machen.« Anja Esser empfiehlt allen, die sich für den PTA-Beruf interessieren, zunächst ein Praktikum in einer Apotheke zu machen.
Foto: privat
Esser: Noch in der zehnten Klasse auf dem Gymnasium hatte ich genug von der Schule und habe mich an der PTA-Lehranstalt beworben. Aber aufgrund der nur mittelmäßigen Noten erhielt ich leider eine Absage. Eine Zusage bekam ich in der elften Klasse und musste mich dann schnell entscheiden. Doch die Aussicht auf ein Abitur mit mittelmäßigen Noten, mit denen man mir aufgrund des Numerus clausus sicher keinen Studienplatz in Pharmazie zuteilen würde, machte mir die Entscheidung leicht. Im Hinterkopf hatte ich immer noch, später zu studieren oder mich weiterzubilden.
Auf der PTA-Schule packte mich der Ehrgeiz, sodass ich die Ausbildung mit Auszeichnung beenden konnte. Nach kurzer Zeit fand ich dann die Apotheke, in der ich nun seit fast 25 Jahren tätig bin. Die Geburt meiner Tochter sorgte für eine kurze Pause, doch mittlerweile arbeite ich fast wieder knapp 30 Stunden pro Woche in der Apotheke.
Vor einigen Jahren habe ich dann während einer Kur die Welt der Anthroposophie kennen gelernt und mich damit beschäftigt. Inzwischen darf ich für die Weleda kleinere Schulungen, Seminare, aber auch Promotion-Aktionen durchführen. Zum Studium ist es leider nie mehr gekommen, die Familie war dann wohl doch wichtiger!
PTA-Forum: Wie sieht Ihre Tätigkeit heute aus?
Esser: Meine Arbeit in der Apotheke ist typisch für PTA. Ich arbeite hauptsächlich im Handverkauf, bin aber auch für die Rezeptur zuständig. Durch meine Beschäftigung mit der anthroposophischen Medizin, bringe ich Kunden die entsprechenden Produkte und Arzneimittel näher, aber auch die Philosophie. Zudem berate ich zur Naturkosmetik und führe kleinere Schulungen für die Mitarbeiter anderer Apotheken durch. Dazu gehören auch schon einmal Handmassage-Aktionen mit den dazu passenden Ölen, Lotionen und Handcremes.
PTA-Forum: Was macht Ihre Arbeit derzeit für Sie so interessant?
Esser: Es macht mir sehr viel Freude, mit Menschen umzugehen, ihnen zu helfen und sie zu beraten. Durch meine Tätigkeit als Referentin reise ich in andere Regionen und Städte Deutschlands und kann bei anderen Apotheken hinter die Kulissen schauen.
PTA-Forum: Warum arbeiten Sie neben Ihrer Tätigkeit in der öffentlichen Apotheke noch als Referentin?
Esser: Zum einen gab es finanzielle Gründe, aber sicherlich nicht zuletzt schätzte ich die neue Herausforderung. Ich kann heute schon nicht mehr genau sagen, welcher Grund der gravierendere war. Für meine Referentinnentätigkeit war das Einverständnis meines Arbeitgebers erforderlich. Ich bin sehr froh, dass er keinerlei Bedenken hatte.
PTA-Forum: Würden Sie sich noch einmal für den PTA-Beruf entscheiden?
Esser: Diese Frage habe ich mir zwischendrin immer wieder einmal gestellt. Ich kann sie nur schwer beantworten. Sicherlich hat der PTA-Beruf sehr viele Vorteile, Frauen können ohne Probleme nur stundenweise arbeiten und dadurch Arbeit und Familie gut unter einen Hut bringen. Aber es gibt auch einige Nachteile, zum Beispiel die Arbeitszeiten im Vergleich zu einem Bürojob.
Aber generell macht mir der Beruf noch immer und immer wieder viel Spaß. Er wird ja nie langweilig. Ich muss mich weiterbilden und flexibel sein, wenn ich da nur an das Computersystem mit ständig neuer Software denke.
Also unter dem Strich: Ich würde alles sicherlich wieder genauso machen.
PTA-Forum: Welchen Rat würden Sie Berufsanfängerinnen mit auf den Weg geben?
Esser: Bevor sie die PTA-Ausbildung beginnen, sollten sie auf jeden Fall ein Praktikum in einer Apotheke machen, sodass sie Einblick in ihren späteren Berufsalltag bekommen. Und ganz wichtig, sie sollten viel Empathie mitbringen, denn das Zwischenmenschliche in der Apotheke nimmt in meinen Augen einen immer größeren Stellenwert ein. Es geht nicht nur um Beraten und Verkaufen, sondern der Mensch sollte im Mittelpunkt stehen. /