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Erythromycin in Zinkoxidschüttelmixtur

Rekristallisation verhindern

30.01.2017  13:09 Uhr

Von Ingrid Ewering / Fünf PTA sowie einige approbierte Kolleginnen treffen sich regelmäßig zum Rezepturstammtisch. Heute steht Erythromycin im Mittelpunkt der Diskussion, vor allem dessen Verarbeitung in Zinkoxidschüttelmixtur.

Die Moderatorin des Abends stellt Erythro­mycin als Aknetherapeutikum vor. Das Makrolid-Antibiotikum mit kleinem Wirkspektrum ist wegen seiner­ antiphlogistischen Eigenschaft für alle Akneformen geeignet; ins­beson­dere für die entzündliche Variante mit Papeln und Pusteln. Die Betroffenen müssen Lös­ung, Gel oder Creme zweimal täglich dünn auf die gesäuberte und trockene Haut auftragen. Dadurch reichert sich das Erythromycin in den Talgdrüsenfollikeln an und hemmt dort die Vermehrung der Akne-erzeugenden Bakterien (Bakteriostase). Nach vier Wochen, maxi­mal nach acht, ist das Hautbild des geplagten Jugend­lichen extrem ge­bessert. Längere Anwendung erhöht die Resistenzgefahr.

 

»Aber auch bei der sogenannten Alters­akne, also Acne rosacea, lohnt sich ein Versuch mit dem Arzneistoff«, fährt die Kollegin fort und informiert die Anwesenden, dass bei Erythro­mycin laut Therapieleitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft die Sensibilisierungsrate hoch ist und sich rasch Resistenzen entwickeln. Die gleichzeitige Anwendung von Benzoylperoxid entschärft diese Problematik bei beiden Indikationen.

»Einige Mediziner schätzen das Antibio­tikum mit oder ohne Cortison bei therapieresistenten, superinfizierten Ekzemen, sogar bei empfindlicher Kinderhaut«, berichtet sie über ein weiteres Indikationsgebiet. Es wirke gegen den Problemkeim Staphyloccocus aureus, der sich häufig auf atopischer Haut ansiedelt. Überrascht ruft die PTA aus der Linden-Apotheke in die Runde: »Jetzt wird mir klar, warum unser Kinderarzt immer wieder Erythromycin für Säuglinge und Kleinkinder mit Neurodermitis verordnet!«

 

Zwei Schüttel­mixturen

Die Apothekerin aus der Löwen-Apothe­ke hält ein Kurzreferat über die beiden officinellen Zinkoxid-Zubereitungen: die Lotio Zinci oxidati SR und die Lotio alba aquosa DAC. »Die Lotio alba aquosa ist eine weiße, dickflüssige Suspension, deren feste Bestandteile bei längerem Stehen sedimentieren. Daher muss sie vor Gebrauch geschüttelt werden. Sie ist im DAC mono­graphiert. Diese doch recht betagte Schüttelmixtur hält modernsten Ansprüchen stand: Sie enthält weder Emulgatoren noch Konservierungs­mittel, denn sie ist wegen des hohen Zinkoxidgehaltes autosteril. Lediglich der hafterhöhende Naturstoff Talkum ist wegen der möglichen Granulom-Bildung sowie der mikrobiellen Belastung in Verruf geraten. Granulome wurden jedoch nur bei Pudern nachgewiesen. Weist das Analysenzertifikat allerdings eine Keimzahl unter 100 KBE pro Gramm aus, so gilt diese Charge als unproblematisch«, beendet die Mode­ratorin ihre Ausführungen und greift zu einer weißen Schüttelmixtur-­Flasche mit Klappschanierverschluss.

Tabelle 1: Die beiden Zubereitungen unterscheiden sich nicht nur im Zinkoxidgehalt

Bestandteile Zinkoxidschüttel­mixtur DAC (NRF 11.22.) Hydrophiles Zinkoxid- Liniment (NRF 11.109.)
Zinkoxid 20 % 25,0 %
Talkum 20 %
Glycerol 85 % 30 % 5,0 %
Nichtionische hydrophile Creme SR 15,0 %
Gereinigtes Wasser 30,0 % 55,0 %

Erstaunt fragt die PTA aus der Hirsch-Apotheke: »Muss die Schüttelmixtur nicht in einem Weithalsglas abgegeben werden?« Daraufhin greift die Apothekerin erneut in ihre Tasche und reicht der PTA ein Weithalsglas mit der Aufforderung, die Lotion aufzutragen. Die PTA schüttelt kräftig, dreht den schwarzen Deckel ab und gießt die dickflüssige Zubereitung aus. Dabei stellt sie überrascht fest, dass viel zu viel Zubereitung auf ihre Haut gelangt. Beim Versuch, die gesamte Menge mit den Fingern zu verteilen, kleckert sie einiges auf den Tisch. Ihre Kolleginnen können ein Grinsen kaum unter­drücken.

 

Nach diesem eindrucksvollen Experiment rät die Apothekerin: »Aus der Klappschanierverschlussflasche ist die zähe Flüssigkeit besser applizierbar. Dabei vergesst bitte nie, einen Spatel mitzugeben, damit die Zubereitung hygie­nisch einwandfrei auf die Haut auf­getragen und verteilt werden kann! Macht den Patienten bitte auch klar, dass sie die weiße Puderschicht nicht vor jedem Auftragen entfernen müssen. Sie können sie einfach überpinseln. Die Rückstände sollten sie lediglich einmal täglich mit Wasser oder indifferenten Dermatika beseitigen.«

Sie fährt fort: »Die Lotio alba aquosa DAC darf nicht mit der Lotio Zinci ­oxidati SR verwechselt werden. Die SR-Zubereitung stammt aus der Formelsammlung der ehemaligen DDR und wird fälschlicherweise auch Zinkoxid Schüttelmixtur 25 % SR genannt. Galenisch ist sie als hydrophile Paste einzuordnen. Sie enthält 15 Prozent nicht­ionische hydrophile Creme SR. In der halbfesten Zubereitung bleibt der Feststoff Zinkoxid in der Schwebe. Somit entfällt das lästige Aufschütteln vor der Anwendung. Unter dem galenisch korrekten Begriff Hydrophiles Zinkoxid-Liniment steht die Zubereitung im NRF unter der Nummer 11.109.« Tabelle 1 führt die Bestandteile der beiden Zuberei­tungen auf.

 

Die Apothekerin hat die Paste zum Testen in einer Spenderdose mitgebracht, sodass alle anderen mit ihrem Spatel eine Probe entnehmen können. Anschließend fordert die Moderatorin die Teilnehmer auf, die Hauteffekte beider Zubereitungen zu beschreiben und miteinander zu vergleichen. »Beide wirken kühlend«, kommentiert eine PTA. »Die Schicht bröckelt ja gar nicht, sondern fühlt sich geschmeidig an!«, stellt eine andere PTA beim Auftragen des Liniments erstaunt fest.

 

Die Apothekerin erklärt: »Nach dem Abdunsten der flüchtigen Bestandteile beider Zubereitungen entsteht eine feine zinkoxidhaltige Schicht, die durch Glycerol feucht gehalten wird. Durch Verdunstung von Flüssigkeit entsteht ein Kühleffekt, der lästigen Juckreiz mildert. Die weiße Schicht wirkt austrocknend, entzündungshemmend, also antiphlogistisch, adstringierend und saugt Sekret auf. Bei der Schüttelmixtur bildet sich eine Puderschicht, beim Liniment hingegen ein Lipidfilm. Dieser verhindert ein zu starkes Austrocknen und so entsteht der geschmei­digere Effekt.«

 

Werte vergleichen

Zinkoxid schützt die Zubereitungen vor mikrobiellem Befall und reagiert zudem in wässriger Grundlage alkalisch. Der Abgleich der pH-Werte der beiden zinkoxidhal­tigen Zubereitungen mit dem rezeptierbaren pH-Bereich des Erythromycins ergibt, dass die Haltbarkeit von vier Wochen in beiden Fällen galenisch plausibel ist (siehe ­Tabelle 2). Eine längere Anwendung ist unter pharmakologischen Gesichtspunkten bei Kindern mit einem super­infizierten Ekzem eigentlich auch nicht erwünscht.

Tabelle 2: Die pH-Werte der Grundlagen ergeben, dass sich das Erythromycin in beide unkompliziert einarbeiten lässt

Zubereitung Vorliegender pH-Wert
der Grundlage
Rezeptierbarer pH-Bereich von Erythromycin
Zinkoxidschüttel mixtur DAC 8 bis 9 Suspension 7 bis 10 Lösung 8 bis 9
Hydrophiles Zinkoxid-Liniment 7 bis 8 Suspension 7 bis 10 Lösung 8 bis 9

Die PTA aus der Linden-Apotheke beschwert sich darüber, wie schwierig es ist, das Erythromycin zu verarbeiten. Das vorschriftsmäßige Anreiben des festen Arzneistoffes mit der doppelten Menge mittelkettiger Triglyceride (1 T + 2 T) bringe häufig nicht das gewünschte einwandfreie Ergebnis. »Es entstehen immer wieder gut sichtbare Klumpen!« beklagt sie sich.

 

Daraufhin berichtet die Modera­torin, ihre Recherche habe ergeben, dass die Ursache einerseits im sehr hohen Wassergehalt der Substanz liegt, andererseits spiele die chargenabhängige Korngröße eine Rolle. »Der Trocknungsverlust darf laut Arznei­buch­vorschrift bis zu 6,5 Prozent betragen. Ein solch wasserhaltiger Feststoff ist schlecht mit dem Neutralöl (Myglyol® 812) benetzbar! Falls damit das Anreiben nicht zu einem einwandfreien Ergebnis führt, probiert es mit wasserfreiem Glycerol!«, rät sie. Außerdem weist sie darauf hin, dass beide zinkoxidhaltigen Zubereitungen bereits Glycerol enthalten (siehe Tabelle 1). »In älteren Vorschriften wird Propylen­glycol zum Anreiben eingesetzt. Aktuelle Untersuchungen ergaben, dass sich Erythromycin darin zu 5 Prozent löst. Durch Rekristallisation entstehen jedoch zu große Feststoffpartikel«, warnt die Moderatorin.

 

»Wie ich vorhin erwähnte, ist auch die Korngröße ausschlaggebend für ein gleichmäßiges Verreiben. Momentan ist eine Charge mit Teilchen unter 20 µm auf dem Markt; davor lag diese bei unter 30 µm. Doch je kleiner die Partikel, desto stärker ist die Agglomeratneigung«, beendet die Moderatorin den Rezepturstammtisch. /

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