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Dermatika

Hydrocortison-Creme in stärkerer Dosierung rezeptfrei

25.04.2007  21:23 Uhr

Dermatika

Hydrocortison-Creme in stärkerer Dosierung rezeptfrei

von Max Conradt, Hamburg

Bisher waren nur Cremes und Salben mit einem Hydrocortison-Anteil von 0,25 Prozent freiverkäuflich in der Apotheke erhältlich. Dies hat sich seit dem 1. April 2007 geändert: Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht hat die Freigabe von Hydrocortison-Zubereitungen mit 0,5 Prozent befürwortet, und der Gesetzgeber ist dieser Empfehlung gefolgt.

»Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch sind höher konzentrierte Hydrocortison-Cremes unbedenklich«, sagte Professor Dr. Peter Elsner, Direktor der Klinik für Dermatologie und dermatologische Allergologie der Universität Jena und Sprecher der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in Hamburg während einer Pressekonferenz des Bielefelder Arzneimittelherstellers Dr. Wolff. Für die Selbstmedikation geeignete Anwendungsgebiete seien mäßig ausgeprägte entzündliche, allergische oder juckende Hauterkrankungen sowie Sonnenbrand und Insektenstiche. »Diese leichten Hauterkrankungen sind auch für den Laien gut diagnostizierbar«, sagte Elsner.

Ab April ist Linola Akut 0,5 %  rezeptfrei auf dem Markt.  Allein die Creme-Grundlage, eine Öl-in-Wasser-Emulsion mit Linolsäure, beeinflusse den Heilungsverlauf positiv, so der Dermatologe weiter. Sie setze das Hydrocortison effektiv frei und wirke bereits selbst antientzündlich, also doppelt. Darüber hinaus empfänden die Patienten den kühlenden Effekt der Creme mit einem Wassergehalt von 76 Prozent als angenehm. Die Creme ziehe zudem schnell in die Haut ein. Ferner enthalte sie weder Parabene noch Duftstoffe.

Während der Pressekonferenz wiesen die Referenten mehrfach auf »den bestimmungsgemäßen Gebrauch« der 0,5-prozentigen Creme hin. Dazu gehören besonders:

  • Nur anwenden bei leichten entzündlichen, allergischen oder juckenden Hauterkrankungen.
  • Die Anwendungsdauer sollte 14 Tage nicht überschreiten.
  • Tritt nach 14-tägiger Behandlung keine deutliche Besserung ein, sollte der Hautarzt befragt werden.
  • Die Creme ist unter anderem ungeeignet bei Schuppenflechte, schwerer Neurodermitis und anderen gravierenden Hauterkrankungen.
  • Kinder unter sechs Jahren dürfen nicht mit der neuen Creme behandelt werden.

Neue Option für die Selbstmedikation

Der Gesetzgeber entließ 0,5-prozentige Hydrocortison-Zubereitungen auch deshalb aus der Rezeptpflicht, weil die Wirksamkeit geringer konzentrierter Cremes immer häufiger angezweifelt wurde. Darauf verwiesen Privatdozent Dr. Christoph Abels, Medizinischer Direktor der Dr. Wolff-Forschung, und Eduard R. Dörrenberg, Gesellschafter der Wolff-Gruppe.

Zudem sei Cortison nicht gleich Cortison, und Hydrocortison sei grundsätzlich schwächer wirksam als die übrigen Corticoide, erklärte Elsner. Als potenzielle Nebenwirkungen der höher dosierten Creme nannte der Dermatologe eine Verdünnung der Haut an den behandelten Stellen und als Folge der Tiefenwirkung der Creme einen eventuellen Einfluss auf die innersekretorische Hormon-Regulation. Insgesamt aber seien die Nebenwirkungen äußerst selten. Bei chronischen schweren Hauterkrankungen sei ohnehin eine Therapie mit höher dosierten Corticoiden oder mit topischen Immunmodulatoren angezeigt.

Größere Skepsis bei älteren Menschen

Hinsichtlich der Akzeptanz des Cortisons in der deutschen Bevölkerung hieß es in Hamburg: »Bei kaum einem anderen Wirkstoff liegen Vertrauen und Misstrauen so eng beieinander.« Diese seit langem bekannte Tatsache nahm die Gesellschaft für Konsumforschung (GFK) in Nürnberg zum Anlass, 2000 Personen im Alter ab 14 Jahren zu der Freigabe der 0,5-prozentiger Hydrocortison-Zubereitungen von der Rezeptpflicht zu befragen. Danach begrüßt ein Drittel der Bevölkerung den freien Verkauf einer Cortison-Creme, ein anderes Drittel findet es nicht gut. 91 Prozent der Deutschen kennen den Wirkstoff Cortison. Bei Personen über 50 ist die Skepsis gegenüber Cortison größer, in der Altersgruppe zwischen 30 und 49 Jahren kommen positive Meinungen überdurchschnittlich häufig vor.

Die Befragung der GFK lässt außerdem den Schluss zu, dass gut ein Viertel der Deutschen unter Hauterkrankungen leidet, hauptsächlich unter trockener oder sehr trockener Haut. Nach Erkenntnissen des Sprechers der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft Professor Elsner nimmt die Zahl der Menschen mit Hautproblemen tendenziell zu.

 

E-Mail-Adresse des Verfassers:
mail(at)max-conradt.de