Dauerhaft Gewicht verlieren |
02.05.2009 09:50 Uhr |
Dauerhaft Gewicht verlieren
von Ursula Sellerberg
Ein Drittel der Deutschen will abnehmen, so eine aktuelle Umfrage. Doch die Diätempfehlungen widersprechen sich teilweise. Deshalb fragt sich so mancher: Wie verliere ich erfolgreich meine Pfunde?
Die meisten Verbraucher wissen inzwischen, dass kurzfristige Diäten nur einen kurzfristigen Erfolg bringen. Wer auf lange Sicht ein niedriges Gewicht erreichen und halten will, schafft das nur mit einer langfristigen Ernährungsumstellung. Doch die Empfehlungen variieren.
Die gute Nachricht vorab: Jede Diät, egal ob man nur noch Kohlrabi knabbert, alle Beilagen weglässt oder dreimal täglich einen Eiweißshake trinkt, funktioniert zunächst. Sobald die Energiezufuhr unter dem Energieverbrauch liegt, verliert der Mensch an Gewicht. Problematisch ist vielmehr, dass niemand eine einseitige Ernährung langfristig durchhält.
Wie schafft man es also, dauerhaft mit weniger Energie auszukommen, ohne all zu sehr zu hungern? In der Praxis haben sich verschiedene Konzepte bewährt. Die drei bekanntesten Methoden sind, die Fett-, die Kohlenhydratzufuhr oder die Energiedichte in der Ernährung zu senken. Alle funktionieren auch langfristig. Zum einen sättigt der hohe Eiweißanteil, zum anderen füllen Lebensmittel mit geringer Energiedichte wie Gemüse aufgrund ihres großen Volumens den Magen und täuschen so eine Sättigung vor.
Wie viel Energie braucht der Mensch eigentlich? Die Faustregel lautet: Der tägliche Kalorienbedarf errechnet sich aus dem Körpergewicht in kg multipliziert mit 30. Eine 60 kg schwere Frau braucht pro Tag also etwa 1800 kcal. Um den genauen Bedarf zu ermitteln, müsste man allerdings noch das Alter und die körperliche Aktivität in die Berechnung einbeziehen. Auch Krankheiten wie Fieber, Entzündungen, Atemwegsprobleme oder eine Schilddrüsenüberfunktion steigern den Energiebedarf. Wer abnehmen will, muss entweder weniger Kalorien zu sich nehmen als errechnet oder durch Bewegung mehr verbrauchen.
Weniger Fett
Eine Möglichkeit, die Energiezufuhr herabzusetzen ist, den Fettgehalt der Ernährung zu senken (Low-Fat-Methode). Fett liefert die meiste Energie. Ein Gramm Fett hat einen Brennwert von etwa 9 kcal – und damit deutlich mehr als Eiweiß oder Kohlenhydrate mit jeweils 4 kcal pro Gramm. In der Praxis heißt das: Fettreiche Lebensmittel müssen fettarmen weichen. Beispielsweise sollte man fette Wurst, fetten Käse und Butter durch mageren Aufschnitt und Frischkäse ersetzen. Auch die Zubereitung sollte fettarm sein, ideal ist Dünsten.
Manche Experten empfehlen maximal drei Mahlzeiten pro Tag, weil dann zwischen den Mahlzeiten der Insulinspiegel über eine längere Phase hinweg absinkt. Das bewahrt vor kurzfristigen Hungergefühlen und fördert die Zeiten, in denen die Fettverbrennung kräftig anlaufen kann. Andere Fachleute raten zusätzlich zu kleinen Zwischenmahlzeiten, um kurzfristigen Heißhungerattacken vorzubeugen. Diese Zwischenmahlzeiten sollen aber nie aus schnell verfügbaren Kohlenhydraten wie Keksen bestehen.
Kohlenhydrate sind bei der fettreduzierten Diät unbegrenzt erlaubt, zum Beispiel Brot oder Nudeln, jedoch ohne Sauce, sogar Zucker und fettfreie Süßigkeiten wie Gummibärchen. Nachteil der fettreduzierten Diäten ist, dass sich die meisten Menschen im Gegenzug zu Kohlenhydrat-haltig ernähren. Das führt dazu, dass einige wieder mehr Kalorien essen, als sie verbrauchen, und deshalb nach einer gewissen Zeit zunehmen. Kohlenhydrate, vor allem Zucker, stimulieren rasch die Sekretion von Insulin. Dessen Abfall löst wieder Hunger aus. Problematisch sind auch zuckerhaltige Getränke wie Cola oder Fruchtsaft. Sie machen kaum satt, weil sie den Magen zu schnell passieren, enthalten aber beachtliche Mengen an Kalorien. Noch ein Hinweis: Alkohol enthält 7 kcal pro Gramm, deshalb sollten Diätwillige auf alkoholische Getränke verzichten.
Weniger Kohlenhydrate
Eine andere Diät-Methode basiert darauf, weniger Kohlenhydrate zu essen, vor allem weniger Zucker und stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln, Nudeln, Reis und Brot (Low-Carb-Diät). Stattdessen sind eiweiß- und fettreiche Lebensmittel erlaubt – je nach Diätkonzept fast unbegrenzt. Damit durch die kohlenhydratarme Diät das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht zu sehr erhöht wird, sollten die Abnehmwilligen Nüsse, Fische sowie pflanzliche Öle mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren essen.
Bei dieser Diät leiden die wenigsten unter Hunger, weil eiweißreiche Lebensmittel wie Quark oder Fleisch gut sättigen. Weil sie kaum Zucker und Kohlenhydrate zuführen, schüttet der Körper weniger Insulin aus. Auch dadurch haben die Abnehmwilligen seltener Hunger. Außerdem: Die Energiegewinnung aus Eiweiß kostet den Körper mehr Energie als aus Kohlenhydraten.
Wie bleibt man dauerhaft schlank, wenn es mit dem Abnehmen geklappt hat? Das untersucht derzeit die Diogenes-Studie, an der etwa 500 europäische Familien beteiligt sind. Das EU-Projekt wird in acht europäischen Ländern durchgeführt. Nachdem die Kinder und Erwachsenen abgenommen hatten, versuchten sie mit einer langfristigen Ernährungsumstellung, das Gewicht zu halten. Nach vorläufigen Auswertungen schnitten dabei die Familien am besten ab, die den Eiweißanteil ihrer Nahrung gesteigert hatten. Sie nahmen am wenigsten wieder zu. Der glykämische Index spielte zumindest nach ersten Ergebnissen keine Rolle. Die komplette Auswertung der Studie wird im Mai 2009 vorgestellt.
Der glykämische Index (GI) beschreibt, wie stark der Blutzucker nach dem Verzehr eines kohlenhydrathaltigen Nahrungsmittels ansteigt. Dieser Wert wird experimentell im Labor bestimmt. Traubenzucker dient als Referenzwert: Er hat einen GI von 100. Je niedriger der GI eines Lebensmittels ist, desto weniger stark steigt der Blutzucker nach dem Essen an. Der GI eines Lebensmittels hängt übrigens auch von dessen Zubereitung ab.
Eine größere Aussagekraft als der GI hat die Glykämische Last (GL). Die GL berücksichtigt auch den absoluten Kohlenhydratgehalt des Nahrungsmittels und dessen Portionsgröße. Die GL berechnet sich nach der Formel: GI mal Kohlen-hydrat-menge einer üblichen Portion geteilt durch 100.
Ein Beispiel: Wassermelonen haben einen GI von etwa 72, Bananen von etwa 52. Auf den ersten Blick scheinen Bananen also besser für eine kohlenhydratarme Ernährung geeignet, weil ihre Kohlenhydrate den Blutzucker nicht so stark in die Höhe treiben. Maßgeblich ist aber vielmehr, wie viele Kohlenhydrate die Portion tatsächlich enthält. Eine übliche Portion (jeweils 120 Gramm) Wassermelone enthält 6 Gramm Kohlenhydrate, bei Bananen sind es 24 Gramm. Die GL einer Portion Wassermelone liegt daher bei 4, bei Bananen bei 12. Tatsächlich eignet sich die Wassermelone für die Diät besser als Bananen. Wer sich also für die Low-Carb-Methode zum Abnehmen entscheidet, sollte eine bestimmte GL pro Tag nicht überschreiten.
Eine kohlenhydratarme Ernährung soll den Stoffwechsel umpolen: Der Körper rückt mehr und mehr vom Glucose-Stoffwechsel ab und verwertet stattdessen Fette. Hauptbrennstoffe sind für ihn die Fettsäuren aus der Nahrung und dem Fettgewebe. Anfangs bewirken Low-Carb-Diäten oft einen schnellen Gewichtsverlust. Der Körper baut zunächst seine Glykogenspeicher in der Leber und den Muskeln ab. Damit scheidet er auch das an Glykogen gebundene Wasser aus und der Abnehmwillige freut sich über die verlorenen zwei bis drei Kilogramm. Erst -danach beginnt der erwünschte Abbau des Speicherfetts.
Die Umstellung des Körpers dauert etwa drei bis vier Wochen. In dieser Übergangsphase wird die Leistungsfähigkeit, zum Beispiel beim Breitensport, beeinträchtigt. Hochleistungssportler wie Sprinter oder Gewichtheber benötigen soviel Glykogen, dass sie keine streng kohlenhydratarmen Diäten machen dürfen. Auch für Menschen mit Nierenerkrankungen sind Low-Carb-Diäten nicht geeignet, weil die erhöhte Zufuhr von Eiweiß die Nieren zusätzlich belastet. Diabetiker mit einer normalen Nierenfunktion können dagegen problemlos eine kohlenhydratarme Diät durchführen, denn sie führt nicht zu Unterzuckerungen. Der Körper stellt Glucose selbst her, in der Leber und der Niere entstehen etwa 150 Gramm pro Tag. Damit sind auch das Gehirn und die roten Blutkörperchen, die auf Glucose angewiesen sind, ausreichend versorgt.
Geringere Energiedichte
Die Methoden Low-Fat und Low-Carb sind beide eiweißreich und sättigen recht gut. Gleichzeitig können die Abnehmwilligen in fast unbegrenzter Menge volumenreiche, energiearme Lebensmittel wie Gemüse oder Salat essen. Die Diätformen gleichen in diesen Punkten auch den Diäten mit geringer Energiedichte, bei denen nur fettarme, eiweiß- und wasserreiche Lebensmittel mit einem großen Volumen und wenig Kalorien auf den Tisch kommen. Die Abnehmwilligen essen dann hauptsächlich Salate, Gemüse, Obst und Vollkornprodukte, die bedingt durch ihren hohen Ballaststoffanteil den Blutzuckerspiegel nur wenig erhöhen. Der Effekt dieser Methode: Man spart enorm viele Kalorien, weil man Zucker, Fett und schnell verfügbare Kohlenhydrate meidet.
Was satt macht, sind nicht die Kalorien, sondern die große Menge der Nahrung. Ein Beispiel: In einer Studie aßen die Teilnehmer Brote mit und ohne Leberwurst bis zum Sattwerden. Sie verspeisten dabei immer die gleiche Menge, obwohl die Leberwurstbrote doppelt so viele Kalorien hatten. Auch wer vor dem Hauptgang eine Suppe oder einen Salat isst, führt seinem Körper insgesamt weniger Energie zu als derjenige, der direkt mit dem Hauptgang beginnt.
Lebensmittel mit einer geringen Energiedichte von unter 1,5 enthalten weniger als 150 kcal pro 100 Gramm. Dazu zählen fast alle Gemüse- und Obstsorten, denn sie bestehen hauptsächlich aus Wasser. Die Energiedichte hängt aber auch von der Zubereitung ab. Ein Schnitzel natur (Energiedichte 1,1) ist deutlich energieärmer als ein paniertes Schnitzel (Energiedichte 3,2).
Persönlichen Geschmack beachten
Ob fettarm, kohlenhydratarm oder energiearm: Gewicht verliert man dauerhaft nur, wenn man die Ernährungsumstellung monatelang durchhält. Das scheint aber nur zu klappen, solange man individuelle Vorlieben beim Essen nicht außer Acht lässt. Ein Fleischesser dürfte daher besser mit einer Low-Carb-Diät fahren, ein Gemüsefreund besser mit einer Diät mit geringer Energiedichte. Und nicht vergessen: Alle nehmen noch leichter ab, wenn sie sich mehr bewegen.
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