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Selbstmedikation

Hilfe bei quälendem Husten

01.05.2009  11:24 Uhr

Selbstmedikation

Hilfe bei quälendem Husten

von Andrea Hämmerlein

Zwar ist die Erkältungszeit im Frühjahr eigentlich vorbei, dennoch husten immer noch viele Menschen. Wendet sich ein Patient an PTA oder Apotheker, müssen diese entscheiden, ob die Selbstmedikation möglich ist oder der Patient einen Arzt aufsuchen sollte.

Bei allen Atemwegserkrankungen ist die physiologische Funktion der Atemwege und der Lunge gestört. Die oberen Abschnitte der Atemwege umfassen die Nasenhöhle mit ihren Nebenhöhlen und dem Rachen (Pharynx). Die unteren Atemwege beginnen mit dem Kehlkopf (Larynx). Es folgt die Luftröhre (Trachea), ab der sich die Atemwege als Röhrenverbund immer feiner in den Bronchialbaum verzweigen. Der Röhrendurchmesser ändert sich dabei von 2 cm in der Trachea über 4 bis 10 mm in den Bronchien bis zu 0,5 mm in den endständigen Bronchiolen.

Pro Tag atmet der Mensch etwa 10.000 Liter Luft ein und aus. Die Atemluft kann gewebeschädigende Gase oder Partikel sowie Krankheitserreger (insbesondere Viren) enthalten. Die Atemwege sind mit einer spezialisierten Schleimhaut ausgekleidet, die sie feucht hält und schützt. Die Schleimschicht, die sich auf der Schleimhaut, den Schleimdrüsen und Flimmerhärchen befindet, ist ein wesentlicher Schutzfaktor des Atemwegssystems. Die Flimmerhärchen haben die Aufgabe, Krankheitserreger und Fremdpartikel abzufangen und sie durch rhythmische Bewegungen mit dem Schleim aus den Atemwegen hinaus zu transportieren. Diese geniale Selbstreinigung läuft ununterbrochen und unbemerkt in den Bronchien ab. Sie wird als mukoziliäre Clearance bezeichnet. Dieser Begriff leitet sich ab von mucus (lat. Schleim), Zilie (Flimmerhärchen des Oberflächenepithels im Atmungstrakt) und clearance (engl. Reinigung).

Mukoziliäre Clearance

Bei einer Reihe von akuten und chronischen Erkrankungen der Atemwege ist dieser Selbstreinigungsmechanismus gestört, zum Beispiel bei viralen Infektionen. Auch regelmäßiges Rauchen beeinträchtigt die mukoziliäre Clearance und fördert chronische Atemwegserkrankungen wie die chronische Bronchitis. Ist das natürliche Reinigungssystem überlastet, kommt der zweite wichtige Selbstreinigungsmechanismus der Atemwege zum Einsatz: der Husten. Mit brachialer Gewalt versucht der Körper mittels eines Hustenstoßes alles hinauszubefördern, was die Gasaustauschfläche gefährden könnte. Dieser produktive reinigende Husten entfernt zähflüssigen Schleim oder Fremdkörper aus den Atemwegen. Im Gegensatz dazu entsteht der Reizhusten durch chemische Reizung der Hustenrezeptoren im Respirationstrakt und leistet keinen Beitrag zur Reinigung der Atemwege. Er wird als trockener Husten bezeichnet, ist oft schmerzhaft und äußerst belastend, vor allem wenn er den Schlaf stört.

Beide Hustenarten treten als Symptom zahlreicher Atemwegserkrankungen auf , wie etwa

  • Atemwegsinfektion (wie Bronchitis, Pneumonie)
  • Pharyngitis (Rachenentzündung)
  • Laryngitis (Kehlkopfentzündung)
  • Rhinitis/Sinusitis
  • Asthma bronchiale (Husten beson-ders zwischen 2 und 4 Uhr nachts)
  • Chronisch obstruktive Atemwegs-erkrankungen (COPD; chronischer Husten, Raucher)
  • Erkältungskrankheit/grippalerInfekt (Virusinfektion)
  • Chronische Bronchitis (produktiver Husten mindestens drei Monate pro Jahr in zwei aufeinander folgenden Jahren)
  • Grippe
  • Allergenexposition
  • Einnahme von ACE-Hemmern (Reizhusten als Nebenwirkung)
  • (Bronchial-)Karzinom
  • Linksherzinsuffizienz
  • Psychogener Husten
  • (Pseudo-)Krupp (häufig bei Kindern)

Ob eine Selbstmedikation möglich ist und welches Präparat sich am besten eignet, müssen PTA und Apotheker im Beratungsgespräch klären. Wichtig ist dabei, die Dauer und die Art des Hustens sowie Alter und Begleiterkrankungen des Patienten gezielt zu erfragen. Der Kasten rechts enthält mögliche Fragen. Die Dauer des Hustens bestimmt wesentlich, ob eine Selbstmedikation möglich ist oder nicht.

Akuter oder chronischer Husten

Laut Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie gilt ein Husten bis zu acht Wochen als akut, darüber hinaus als chronisch. Die Leitlinie für Kinderheilkunde und Jugendmedizin unterteilt in akuten (< zwei Wochen), subakuten (zwei bis vier Wochen) oder chronischen Husten (> vier Wochen). Dauert der Husten allerdings länger als zwei Wochen in unveränderter Stärke, müssen PTA oder Apotheker den Patienten an den Arzt verweisen, damit dieser die Ursachen klärt. Der Kasten führt weitere Faktoren auf, bei denen der Arztbesuch anzuraten ist. Nur bei akutem Husten bis zu zwei Wochen ist die Selbstmedikation möglich.

Wann ist ein Arztbesuch zu empfehlen?

  • Chronischer, länger als 2 Wochen unverändert starker Husten oder wiederholtes Auftreten (über 5 Hustenperioden in den letzten 12 Monaten)
  • Akutes Auftreten von Hustenanfällen mit Fieber >39°C oder Fieber über mehr als 3 bis 4 Tage
  • Gelblich-grüner, eitriger oder blutiger Auswurf
  • Beschleunigte, eventuell auch mühsame Atmung
  • Schmerzen beim Atmen oder Husten
  • Rassel- und Pfeiffgeräusche beim Atmen (»Giemen«) als Hinweis auf Asthma, COPD, Eindringen flüssiger oder fester Fremdkörper in die Atemwege
  • Verdacht auf chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder Asthma (bei Husten nachts, besonders zwischen 2 und 4 Uhr)
  • Raucherhusten (morgendliches Abhusten) 
  • in Schwangerschaft und Stillzeit
  • Husten bei Säuglingen und Kleinkindern

Quelle: Braun, R., Schulz, M.: Selbstbehandlung: Beratung in der Apotheke. (1994), GOVI-Verlag Eschborn. 8. Erg.-Lfg. (2007)

Akuter Husten wird meist durch einen akuten Infekt der Atemwege hervorgerufen. Während einer Erkältung wird er häufig auch als akute Bronchitis bezeichnet. Auslöser sind in der Regel Viren, die zu einer Entzündung der Bronchialschleimhaut führen. Husten ist die physiologische Abwehrreaktion des Körpers. Typische Begleitsymptome sind Fieber, Schnupfen, Niesen, Kurzatmigkeit sowie Hals- und Muskelschmerzen. Die häufigste Hustenart ist gleichzeitig auch die komplizierteste, denn der Erkältungshusten ändert typischerweise im Verlauf der Erkrankung seine Erscheinungsform. Er beginnt für zwei bis drei Tage als trockener Husten, wird dann für etwa sieben Tage produktiv und endet oft wieder trocken. Meist klingt der Husten bei einer viralen Erkrankung nach zwei bis vier Wochen spontan wieder ab. Der trockene Nachhusten kann sich aber je nach Schwere der Erkrankung und vor allem bei Kindern auch über mehrere Wochen hinziehen.

Auswahl des Arzneistoffes

Im Rahmen der Selbstmedikation ist nur die symptomatische Therapie möglich. Dafür stehen Arzneimitteln mit protussiver (expektorationsfördernder) und antitussiver (hustendämpfender) Wirkung zur Verfügung. Bei der Empfehlung eines Arzneimittels sind in der Regel Präparate mit nur einem Inhaltsstoff Kombinationspräparaten vorzuziehen. 

Bei Arzneidrogen sind meist Kombinationen verschiedener Husten lösend wirkender Pflanzenextrakte oder -inhaltsstoffe sinnvoll. Leidet der Patient unter einem produktiven Husten, der ihn auch nachts quält, kann er tagsüber ein Expektorans und am Abend ein Antitussivum einnehmen.

Fragen zur Erfassung der Symptome (Beispiele)

  • Wie äußert sich der Husten? Ist er trocken oder produktiv?
  • Seit wann und wie häufig müssen Sie husten?
  • Tritt er anfallsartig auf? Müssen Sie ständig husten oder nur nachts, nur morgens, nur nach oder während der Arbeit?
  • Rauchen Sie?
  • Haben Sie Fieber?
  • Haben Sie Schmerzen beim Husten?
  • Haben Sie Atemnot?
  • Haben Sie bereits Arzneimittel ausprobiert und wenn ja, mit welchem Erfolg?

Antitussiva gegen Hustenreiz

Antitussiva stillen den Hustenreiz, blockieren ihn jedoch nicht vollständig. Seit der Marktrücknahme von Clobutinol stehen bei den apothekenpflichtigen Hustenstillern noch drei Substanzen als Mittel der ersten Wahl zur Verfügung: Dextrometorphan, Pentoxyverin und Dropropizin. Dextrometorphan ähnelt in seiner Struktur dem Codein, besitzt aber keine Schmerz stillenden und betäubenden Eigenschaften. Im Hustenzentrum senkt es die Hustenreizschwelle. Das ebenfalls nicht opioide Pentoxyverin hemmt sowohl das Hustenzentrum im Stammhirn als auch Hustenrezeptoren im Bronchialtrakt. Auch Dropropizin ist kein Opioidabkömmling. Diese Substanz soll auf die Hustenrezeptoren im Respirationstrakt wirken.

Alle genannten Arzneistoffe beeinträchtigen die Reaktionsfähigkeit und können müde oder schläfrig machen. PTA und Apotheker sollten den Patienten auf jeden Fall auf diese Nebenwirkungen hinweisen. Alkohol verstärkt die unerwünschten Effekte. In seltenen Fällen führen die Antitussiva zu Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen. Hustenstiller sollten normalerweise circa 30 bis 60 Minuten vor dem Schlafengehen eingenommen werden.

Neben den Antitussiva gibt es lokal wirkende Hustenreiz lindernde Zubereitungen, sogenannte Demulzenzien. Sie verringern den Reiz auf Hustenrezeptoren im oberen Atemwegstrakt. Als pflanzliche Hustenreiz lindernde Zubereitungen haben sich Extrakte aus Eibischwurzel, Isländischem Moos, Spitzwegerichkraut, Huflattichblättern oder Malvenblüten bewährt. 

Die Schleimzubereitungen aus diesen Drogen »schirmen« die entzündeten Areale der oberen Atemwege ab. Auch Hustenbonbons und süße Hustensäfte lindern Hustenreiz. Demulzenzien wirken allerdings nur kurz (10 bis 30 Minuten). Kinder sollten nur alkoholfreie Zubereitungen (Säfte/Tropfen) erhalten. Bonbons und auch Hustensäfte enthalten meist viel Zucker. Daher sollten PTA oder Apotheker besser zuckerfreie Produkte empfehlen, vor allem Diabetikern. 

Expektorantien zum Schleimlösen

Gegen produktiven Husten, etwa bei einer akuten oder chronischen Bronchitis, helfen Expektorantien. Diese wirken über verschiedene Mechanismen. Sie stimulieren die Bildung von dünnflüssigem Schleim, verflüssigen festen Schleim und/oder beschleunigen dessen Abtransport durch das Flimmerepithel. Damit erleichtern sie das Abhusten des Schleims. Für die Selbstmedikation stehen vier Substanzen zur Verfügung: Bromhexin, Ambroxol, N-Acetylcystein (NAC) sowie Guaifenesin mit vergleichsweise geringer Bedeutung.

Bromhexin und Ambroxol sind chemisch eng verwandt: Bromhexin ist die Muttersubstanz, Ambroxol ist einer seiner 15 wirksamen Metaboliten. Beide besitzen alle drei zuvor beschriebenen Wirkmechanismen und werden zur Therapie akuter und auch chronischer bronchopulmonaler Erkrankungen eingesetzt. Aufgrund seiner lokalanästhetischen Wirkung lindern Ambroxol-haltige Lutschpastillen oder Saft zusätzlich den Hustenreiz im Rachen. Ambroxol steigert zudem die Verfügbarkeit einiger Antibiotika im Bronchialsekret. Es unterstützt so antibiotische Behandlungen.

Als Nebenwirkungen von Ambroxol werden gelegentlich Fieber, Veränderungen der Geschmackswahrnehmung, Magen-Darm-Beschwerden und Mundtrockenheit beschrieben. Bei der Anwendung von Bromhexin können Fieber sowie leichte Magen-Darm-Beschwerden, gelegentlich Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall auftreten. 

N-Acetylcystein ist das am meisten eingesetzte Expektorans und in der Selbstmedikation zur Verflüssigung des Schleims und zur Erleichterung des Abhustens bei erkältungsbedingter Bronchitis indiziert. Der Schleim wird flüssiger, indem die Arzneisubstanz die Disulfidbrücken im Proteinanteil der Schleimmoleküle spaltet. Als Nebenwirkungen treten gelegentlich Entzündungen der Mundschleimhaut, Kopfschmerzen und Tinnitus, selten allergische Reaktionen und Magen-Darm-Störungen auf. 

Guaifenesin reduziert zum einen die Viskosität des Bronchialschleims und stimuliert zum anderen die Bildung von dünnflüssigem Sekret.

Bei den pflanzlichen Expektorantien spielen vor allem Efeu- und Thymianextrakt sowie Myrtol eine Rolle. Im Handel sind zahlreiche Fertigarzneimittel in verschiedenen Darreichungsformen wie Tropfen, Lösungen, Tabletten, Kapseln, Säfte oder Zäpfchen. Zudem helfen als Brusteinreibungen oder zur Inhalation Zubereitungen mit ätherischen Ölen, unter anderem Eukalyptus- und Latschenkieferöl, sowie Menthol und Campher. Cineol und Menthol sind bei Säuglingen und Kleinkindern kontraindiziert, da sie bei diesen einen Stimmritzenkrampf (Laryngospasmus) mit Todesfolge auslösen können. Campher ab 5 Prozent zeigt ähnliche unerwünschte Wirkungen. Für die kleinen Patienten sind daher mentholfreie Präparate im Handel. Grundsätzlich sollten die Eltern bei Säuglingen und Kleinkindern erst den Rat des Kinderarzt  einholen. Ein Arztbesuch ist auch Schwangeren und Stillenden anzuraten, da hier für die Arzneistoffe der ersten Wahl meist Kontraindikationen vorliegen.

Bei akuten Infektionen der oberen Atemwege hat sich der Extrakt aus Umckaloabo bewährt. In mehreren Anwendungsbeobachtungen und kontrollierten Studien erwies sich der Extrakt aus der in Südafrika beheimateten Heilpflanze als antibakteriell, vor allem gegen Staphyllo- und Streptokokken, und als Stimulans für das Immunsystem. Umckaloabo ist gut verträglich und lässt sich sogar schon bei Kindern ab einem Jahr einsetzen.

E-Mail-Adresse der Verfasserin:
A.Haemmerlein(at)abda.aponet.de

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