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Rabattverträge

AOK lässt sich nicht beirren

19.02.2016  13:24 Uhr

Von Cornelia Dölger und Daniel Rücker / Die AOK geht in die nächste Rabattrunde. Dabei scheint es den Ortskrankenkassen egal, dass es immer wieder Probleme mit der Verfügbarkeit von Rabattarzneimitteln gibt. Der Hessische Apothekerverband fordert nun eine gesetzliche Regelung, Lieferengpässe zu vermeiden.

Seit ihrer Einführung im Jahr 2007 sind Rabattverträge umstritten. Damals hatte die AOK Verträge mit elf, selbst vielen Apotheken unbekannten Ge­nerika-Unternehmen abgeschlossen. Dazu zählten die Firmen Biomo und Corax. Schon damals gab es erhebliche Probleme bei der Versorgung von 30 Millionen AOK-Versicherten. Immer wieder konnten einige der Generika­zwerge keine Ware liefern. Die Pro­bleme mit der Lieferfähigkeit nahmen seitdem zwar ab. Vollständig gelöst sind sie aber nicht. Ob dies auch für die aktuelle Rabattrunde der AOK gilt, wird sich erst in ein paar Monaten zeigen. Fest steht dabei schon, dass PTA und Apotheker die Leidtragenden sein werden.

Zum 17. Mal schreiben die Ortskrankenkassen Rabattverträge für Generika aus. Mit 58 Wirkstoffen und Wirkstoffkombinationen und einem Volumen von 1,1 Milliarden Euro handelt es sich um eine der großen Tranchen. Notwendig wurde die Ausschreibung, weil die Verträge aus der 13. Runde bald aus­laufen. Die aktuelle Ausschreibung soll diese ablösen. Sie startet am 1. Oktober dieses Jahres und läuft über zwei Jahre. Generikahersteller haben für ihre ­Angebote bis zum 7. April Zeit.

Bei der Ausschreibung setzt die AOK weitgehend auf die immer wieder kritisierte Strategie, die Lose jeweils nur an einen Hersteller zu vergeben. Immer wieder hatte es deshalb bei vergangenen Ausschreibungen Lieferschwierigkeiten gegeben, wenn ein Hersteller den Zuschlag bekam, der dann nicht ausreichend Ware bereitstellen konnte. Immerhin hat die AOK bei Metformin und Metoprolol jeweils drei Hersteller als Lieferanten vorgesehen.

Für AOK-Verhandlungsführer Christopher Hermann sind die Rabattver­träge offenbar eine Art Notwehr gegen die Geschäftspraktiken der pharmazeutischen Industrie. Derzeit versuche die Industrie über den Pharmadialog die Nutzenbewertung zu kippen, das Preismoratorium zu beenden und den Herstellerrabatt abzuschaffen. Würde dies umgesetzt, stiegen die Arzneimittelausgaben um mehr als drei Milliarden Euro. »Deshalb bleiben die Arzneimittelverträge für die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung von zentraler Bedeutung«, sagt Hermann. Von Januar bis September 2015 hätten die Rabattverträge Ein­sparungen von 2,5 Milliarden Euro generiert.

Die Skepsis der Apotheker bleibt. Der Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbandes (HAV), Detlef Weidemann, will Pharmaunternehmen notfalls per Gesetz dazu zwingen, ihre Lieferfähigkeit nachzuweisen. »Sind Arzneimittel nicht lieferbar, erleben wir häufig, dass Hersteller sich als lieferfähig bezeichnen, tatsächlich aber nur Mini-Mengen in den Markt geben«, sagte Weidemann der Pharmazeutischen Zeitung. Vor allem die Verträge, bei denen nur ein Hersteller pro Wirkstoff den Zuschlag erhält, seien ein Problem. Der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) sieht sich hier nicht in der Pflicht. Es sei Aufgabe der Kassen, die Lieferfähigkeit zu gewährleisten, so der BAH. Die Krankenkassen sollten verpflichtet werden, pro Wirkstoff mindestens drei Zuschläge pro Los zu erteilen. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) schließt sich dieser Forderung an. Manchen Kassen seien »ein paar Cent zusätzliche Ersparnis scheinbar wichtiger als die jeder­zeitige Verfügbarkeit von wichtigen Medikamenten«, so der DAV-Vorsitzende Fritz Becker. Manche Patienten werden deshalb vermutlich auf ihre Medikamente warten müssen. /