Tropfen gegen Trockenheit |
13.02.2017 10:07 Uhr |
Von Kornelija Franzen / Das trockene Auge hat viele Gesichter: Während manch Betroffener über gerötete und juckende Augen klagt und ein kratzendes Fremdkörpergefühl schildert, reagieren andere mit Brennen oder Tränen der Augen. Das Sicca-Syndrom ist keine Bagatelle: Der Mangel an keimabtötenden Substanzen macht die Augen anfällig für Infektionen. PTA sollten daher Patienten unbedingt auch über Hygiene bei der Applikation von Tränenersatzmitteln aufklären.
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Ein intakter Tränenfilm ist essenzieller Bestandteil eines gesunden Auges. Er versorgt die gefäßlose Hornhaut (Cornea) mit Nährstoffen und Sauerstoff, schwemmt eingedrungene Fremdpartikel aus, schützt vor Infektionen und sorgt für ein reibungsloses Gleiten beim Öffnen und Schließen der Augen. Nicht zuletzt gleicht er Unebenheiten der Hornhaut aus und ist somit unverzichtbar für eine klare Sicht.
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Die Produktion des Tränenfilms erfolgt durch die Aktivität verschiedener Drüsen und unter Beteiligung des vegetativen Nervensystems. Bei jedem Lidschlag, also etwa alle fünf bis zehn Sekunden, wird der sich kontinuierlich neu bildende Tränenfilm gleichmäßig über die Augenoberfläche verteilt. Wird seltener geblinzelt, etwa beim Lesen, Fernsehen oder Arbeiten am PC, führt dies unweigerlich zu einer schlechteren Benetzung der Augenoberfläche.
Aufbau des Tränenfilms
Der Tränenfilm kann vereinfacht in drei Bereiche unterteilt werden. Die unterste Schicht ist reich an Schleimstoffen (Mucinschicht) und dient als Haftmatrix für die darüber liegende wässrige Phase, die die Hauptfraktion des Tränenfilms darstellt und die Ernährungs- und Immunfunktionen innehat. Nach außen wird der Tränenfilm durch eine dünne lipidhaltige Schicht begrenzt. Ihre Aufgabe besteht darin, die Verdunstung herabzusetzen. Sezerniert wird diese Phase von lidständigen Meibomdrüsen.
Zu wenig oder instabil
Beim Sicca-Syndrom fehlt es an ausreichend Tränenflüssigkeit. Dabei wird entweder zu wenig Tränenflüssigkeit produziert (sekretorische oder hypovolämische Störung) oder der Tränenfilm ist instabil und verdunstet zu schnell (hyperevaporative Störung). Letzteres geht meist auf einen Lipidmangel, genauer eine Meibomdrüsendysfunktion, zurück.
Das trockene Auge kann Keime nicht mehr so gut abwehren wie das gesunde Auge. Es wundert daher nicht, dass bakteriell induzierte Lidrand- oder Bindehautentzündungen bei Betroffenen vermehrt auftreten. Darüber hinaus sorgt der Volumenmangel für eine Hyperosmolarität des Tränenfilms: Die erhöhte Salzkonzentration entzieht den Epithelzellen der Hornhaut Wasser und setzt eine Kaskade entzündlicher Prozesse in Gang. Sicca-Präparate mit sogenannten Osmoprotektiva mit wasserbindenden Substanzen (wie Trehalose in Thealoz® Duo, Ectoin in Hylo® Protect) sollen die Epithelzellen vor hyperosmolarem Stress bewahren.
Zeitlich begrenzt
Das trockene Auge zu verharmlosen ist gefährlich. Wird es unzureichend behandelt, drohen chronische Entzündungen der Horn- und Bindehaut sowie irreversible Hornhauteintrübungen. Sicca-Symptome, die über einen längeren Zeitraum bestehen, sollten stets augenärztlich abgeklärt werden. Nur so können Beschwerdeursache und Schweregrad diagnostiziert und eine zielgerichtete Therapie festgelegt werden. Die Behandlung im Rahmen der Selbstmedikation sollte zeitlich begrenzt und ausschließlich bei leichten Beschwerden erfolgen.
Der Tränenfilm besteht aus drei Schichten: der Mucinschicht, der wässrigen Phase und der schützenden Lipidschicht.
Cave: Patienten mit Sicca-Syndrom neigen zu Augenrötungen. Sie sind Folge einer gesteigerten Bindehautdurchblutung: Der Körper versucht so, die durch Tränenmangel ausgelöste Minderversorgung der Cornea auszugleichen. Die Abgabe vasokonstriktorischer Ophthalmika wie Tetryzolin ist hier kontraindiziert.
Patienten können zwischen einer großen Zahl verschiedener Tränenersatzmittel wählen. PTA und Apotheker orientieren sich am besten an Art und Intensität der Beschwerden. Berichtet der Patient von einem sporadisch auftretenden, juckenden oder kratzenden Fremdkörpergefühl im Auge, ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Volumenmangel ursächlich. Hier sollten zunächst wässrige Tränenersatzmittel mit geringer Viskosität empfohlen werden, etwa Augentropfen mit Polyvinylalkohol (zum Beispiel in Liquifilm®, Siccaprotect®) oder Povidon (wie in Oculotect fluid®, Vidisept®, Wet-Comod®). Sie haben ein gutes Wasserbindungsvermögen und können, da sie die Sicht nicht trüben, problemlos tagsüber verwendet werden. Gleiches gilt für Präparate mit Hyaluronsäure (wie Artelac® Rebalance/-Splash, Biolan®, Hylo-Comod®, Hyabak® oder Vismed®), die gerne in Kombination mit Augentrost (zum Beispiel Hylo-Fresh®) oder Dexpanthenol (zum Beispiel Bepanthen® Augentropfen, Corneregel® Fluid, Hylo-Care®) angeboten werden.
Nachhaltig feucht
Empfindet der Patient die Befeuchtung als nicht intensiv oder lang anhaltend genug, sollten Wirkstoffe mit einem höheren Wasserbindungsvermögen eingesetzt werden. Geeignet sind etwa Cellulose-Derivate wie Hypromellose (wie in Berberil® DryEye, Sic-Ophtal®) oder Carmellose (in Cellufresh®, Cellumed®).
Carbomere (Polyacrylsäure) quellen unter Wasseraufnahme zu Gelen. Sie lagern sich in die Mucinschicht ein und zeichnen sich durch eine besonders nachhaltige Befeuchtungsleistung aus (wie in Artelac® Complete, Siccapos® Gel, Vidisic®). Obgleich gut wirksam, besitzen sie einen entscheidenden Nachteil: Sie trüben die Sicht. Dieser Zustand hält für etwa 15 bis 30 Minuten an. Aus diesem Grund sollten zähflüssige Tränenersatzmittel bevorzugt vor dem Zubettgehen appliziert werden.
Zur Nacht
Während des Schlafs wird kaum Tränenflüssigkeit produziert. Manche Patienten leiden daher vor allem morgens an ausgeprägten Trockenheitsgefühlen. Zur effektiven Symptomlinderung hat sich die Anwendung von Augensalben zur Nacht bewährt (zum Beispiel Bepanthen® Augen- und Nasensalbe, VitA-Pos®).
Lipide ersetzen
Brennende Augen und Reflextränen deuten eher auf eine Tränenfilminstabilität mit Lipidmangel hin. Präparate, die neben Feuchthaltefaktoren zusätzlich Fette (mittelkettige Triglyceride oder Phospholipide) enthalten, sind eine geeignete Empfehlung (etwa Artelac Lipids®, Systane® Balance, Visine® Trockene Augen).
Neben Tropfen, Gelen und Salben haben in den letzten Jahren liposomale Lidsprays an Bedeutung gewonnen (wie Lipo Nit®, Omnitears®, Optrex® ActiSpray2in1, Tears Again®). Sie werden mit etwa 10 bis 20 cm Abstand auf das geschlossene Lid aufgesprüht. Kontaktlinsen können dabei im Auge verbleiben. Die Vorteile dieser Darreichungsform liegen auf der Hand: leichte Handhabung und geringe Kontaminationsgefahr.
Patienten mit einer Meibomdrüsendysfunktion profitieren von einer konsequenten Lidrandpflege (BlephaCura® liposomale Suspension/ Pads) – Entzündungen treten seltener auf. Die Anwendung von Wärme (Wärmebrille Blephasteam®, BlephaCura® Wärme Gel Maske) hat sich ebenfalls etabliert. Sie hilft bei verstopften Drüsenausführgängen, indem sie festes Sekret verflüssigt.
Hygiene beachten
Egal für welches Tränenersatzmittel sich der Patient letztlich entscheidet, strenge Hygiene hat bei Anwendung der Präparate einen hohen Stellenwert (siehe auch Kasten). Vor der Applikation sind die Hände gründlich zu waschen. Bei der Applikation in den Bindehautsack sollte das Arzneimittelbehältnis möglichst dicht an das Auge herangeführt werden, es aber nicht berühren. Am besten legt der Patient den Kopf in den Nacken und fixiert einen Punkt. Auf diese Weise wird das unbeabsichtigte Blinzeln vermieden und das Eintropfen erleichtert. Werden unkonservierte Einzeldosisbehältnisse abgegeben, ist unbedingt auf den einmaligen Gebrauch hinzuweisen. Reste sollten aufgrund der erhöhten Keimgefahr nicht aufgehoben, sondern umgehend entsorgt werden. Werden mehrere Ophthalmika angewendet, ist ein Applikationsabstand von mindestens zehn Minuten zu wahren.
Konservierungsmittelfrei
Konservierungsmittel bergen stets das Risiko, das Auge zusätzlich zu reizen und somit Sicca-Symptome zu verschlimmern. Unkonservierte Einzeldosisbehältnisse (EDOs) sind deshalb eine gute Empfehlung. Insbesondere Patienten mit weichen Kontaktlinsen sollten auf Konservierungsmittel verzichten, da sich diese in den Linsen anreichern und so die Hornhaut schädigen können.
Zusätzlich bietet der Markt konservierungsmittelfreie Mehrdosenbehältnisse. Sie arbeiten mit innovativen Druckausgleichsystemen, die den Kontakt von steriler Wirkstofflösung mit kontaminierter Außenluft verhindern (wie Comod®- und SafeDrop®-System). Andere Anbieter setzen auf Konservierungsstoffe, die beim Kontakt mit der Augenoberfläche in unbedenkliche Substanzen zerfallen (wie Oxyd in Artelac® Rebalance, Purite in Optive®).
Daneben werben zahlreiche Sicca-Präparate mit der Aufschrift »phosphatfrei«. Tatsächlich gab es in der Vergangenheit Einzelfälle, in denen der zugesetzte Phosphatpuffer schwerlösliche Verbindungen mit Calcium einging und zu sogenannten Calcifizierungen der Hornhaut führte.
Frische Luft und Omega-3
Sicca-Patienten sollten darauf achten, Räume regelmäßig zu lüften und gegebenenfalls Luftbefeuchter zu verwenden. Klimaanlagen sollten möglichst selten angestellt werden. Wer viel am Bildschirm arbeitet, sollte zwischendurch immer mal wieder bewusst blinzeln und den Blick schweifen lassen. Genügend Schlaf, etwa 2 l Flüssigkeit pro Tag sowie eine vitaminreiche und vollwertige Kost sind wichtig für ein gesundes Auge. Omega-3-Fettsäuren (in Hyabac Caps® Kapseln) senken das Risiko, ein trockenes Auge zu entwickeln. /