Schön im Schlaf |
20.02.2018 11:11 Uhr |
Von Elke Wolf / Der Begriff »Schönheitsschlaf« kommt nicht von ungefähr. Denn während die Haut am Tag mit der Abwehr äußerer Einflüsse wie Wind, UV-Licht und Umweltschadstoffen beschäftigt ist, ist sie nachts ganz auf Regeneration eingestellt. Spezielle Pflegepräparate unterstützen die Reparatur- und Erneuerungsprozesse der Haut.
Unser gesamter Organismus folgt einem biologischen Rhythmus. »Praktisch alle Zellen unseres Körpers haben eine innere Uhr. Und die steuert viele Funktionen von der Zellteilung bis zum Schlaf«, sagte Professor Dr. Achim Kramer vom Institut für Medizinische Immunologie an der Berliner Charité auf einer von Sanofi-Aventis ausgerichteten Pressekonferenz.
Dabei fungiert der suprachiasmatische Nukleus (SCN) hinter dem Auge als Haupttaktgeber. Er wird durch Licht-Dunkel-Zyklen über spezielle Blaulicht-sensitive Zellen im Auge mit der Umwelt synchronisiert. Der SCN dirigiert ein in nahezu jeder Körperzelle vorhandenes genregulatorisches Netzwerk. Er steuert eine ganze Klasse von Uhr-kontrollierten Genen, die dann ihrerseits die jeweiligen zellulären Prozesse tageszeitlich regulieren, erklärte Kramer das Ticken unserer inneren Uhr.
Foto: iStock/bowie15
Dass die genetischen Zeitgeber auch in Hautzellen sitzen, konnte Biochemiker Kramer vor wenigen Jahren beweisen. Anhand entnommener Keratinozyten ließ sich bestimmen, welche Probanden Frühaufsteher und welche Langschläfer waren. Dazu hatte Kramer die im Tagesverlauf schwankende Aktivität vorhandener Uhrgene sichtbar gemacht. Bei den »Lerchen« tickte diese Zelluhr morgens deutlich schneller als bei den »Eulen«.
Sämtliche physiologischen Vorgänge in der Haut unterliegen chronobiologischen Einflüssen. Sie bestimmen, wann die Haut welche Aufgaben erfüllt. Während unser größtes Organ uns tagsüber vor Wind, UV-Licht und Umweltschadstoffen schützt, widmet es sich nachts der Regeneration. Die nächtliche Aktivität verläuft in verschiedenen Abschnitten, zeigen chronobiologische Forschungsarbeiten.
Es beginnt mit einer Phase gesteigerter Durchblutung und Durchfeuchtung etwa gegen 20 Uhr, in der körpereigene Vitalstoffe verstärkt aus der Tiefe in obere Regionen geschleust werden, um diese Zellen wieder zu versorgen. Tagsüber hat die Haut einige ihrer körpereigenen Feuchthaltefaktoren abgeben müssen.
Nachtaktive Zellen
Ab etwa 23 Uhr arbeitet das Immunsystem auf Hochtouren, die Hirnanhangsdrüse schüttet vermehrt Wachstumshormone aus. Das Humane Groth Hormone, Somatropin, steuert die Zellerneuerung und den Kollagenaufbau. Die Zellteilungsrate ist dann etwa siebenmal höher als am Tag. Die Arbeitsgruppe um Kramer stellte anhand entnommener Keratinoyzten fest, dass der Transkriptionsfaktor Klf9 nachts die Teilung und Differenzierung der Keratinozyten beschleunigt, tagsüber bremst er sie. Am Tag entstandene Schäden etwa durch Sonnenlicht oder Umweltgifte werden nachts repariert. Nach 3 Uhr sinkt das Hormonlevel wieder ab. Die Zell-DNA regeneriert sich sogar noch etwas früher, ab etwa 17 Uhr. Manche Kosmetik-Experten empfehlen deshalb, Nachtpflegepräparate bereits so früh am Abend aufzutragen.
Das Wissen der Chronobiologie lässt sich für das optimale Timing der Hautpflege zunutze machen. Denn spezielle Zubereitungen können die nächtlichen Reparaturarbeiten der Haut unterstützen. Weil sich die Poren nachts auf ein Maximum weiten und die Hautbarriere durchlässiger wird, kann die Haut Wirkstoffe aus Cremes oder Seren dann besonders gut aufnehmen.
Eigens für die Nacht konzipierte Zubereitungen enthalten mehr Wirkstoffe als entsprechende Tagespräparate. Es sind vor allem enthaltene Reparaturenzyme, die den natürlichen Regenerationsprozess der Haut unterstützen. Als wirksam erwiesen haben sich die unterschiedlichsten Wirkstoffe, etwa aus Extrakten von Trüffeln, schwarzer Weide oder verschiedenen Algenarten. Auch bestimmte Kräuterkomplexe sind in der Lage, die Regeneration von Hautzellen anzukurbeln, wie eine Kombination aus Rosmarin, Ginseng, Brennnessel, Braunwurz, Brunnenkresse, Sauerampfer, Erdrauch und Blasentang. Auch Retinol und seine verschiedenen Derivate zeigen zellerneuernde Effekte, genauso spezifische Peptide, die die Kollagenproduktion anregen. Produktbeispiele sind Toleriane® Ultra Nacht von La Roche Posay, Normaderm® Nacht Detox oder Slow Age® Nuit von Vichy, Vinoperfect® Nachtpflege zur Zellerneuerung von Caudalie, Skin Ergetic Nocturne Overnigth von Biotherm, Turnaround Overnight® von Clinique.
Besondere Texturen
Neben speziellen Wirkstoffen ist es auch die Textur der Nacht-Präparate, die die Haut bei ihrem Regenerationsprogrammm unterstützt. Diese Präparate machen sich zunutze, dass die Talgproduktion der Gesichtshaut gegen Mitternacht auf einem Tiefpunkt angelangt ist. Ihre Wirkung beruht auf der Ausbildung eines dünnen Fettfilms, der durch Okklusion die Wasserabgabe verzögert. Verstärkt wird dieser Effekt durch den Zusatz von Wasser und Feuchthaltefaktoren. Grundlagen sind häufig höhere Fettalkohole, Lanettewachs, Liposomen, Ceramide, ungesättigte Fettsäuren, Glycerolmonostearat sowie Wachse und Öle, die den hauteigenen Lipiden ähneln und somit den Hydro-Lipid-Film wieder aufbauen helfen. Wichtig: Die Nachtpflege sollte genau wie die Tagespflege auf den individuellen Hautzustand abgestimmt sein. Eine normale Haut braucht keine extrem lipidreiche Creme auf W/O-Basis wie eine trocken-fettarme Haut.
Die Erkenntnisse der Chronobiologie finden bei der Entwicklung neuer Nachtpräparate immer mehr Berücksichtigung. Derzeit hat die Kosmetikbranche die Uhrgene der einzelnen Hautzellen für sich entdeckt. Neue Forschungsergebnisse deuten an, dass die zelleigenen Uhrgene aufgrund von Alterung, Stress und Umwelteinflüssen aus dem Takt geraten können. Was wiederum das Reparaturvermögen der einzelnen Hautzellen einschränkt. Derzeit befinden sich Peptide in der Forschungspipeline, mit deren Hilfe man die Aktivität von Uhrgenen in den einzelnen Hautzellen so synchronisieren möchte, dass die Zelluhren wieder im gleichen Takt schlagen, und optimale Bedingungen für die nächtliche Reparatur herrschen. /