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Selbstmedikation bei Akne

Gegen Pickel, Pusteln und Papeln aktiv werden

10.06.2008  09:24 Uhr

Selbstmedikation bei Akne

Gegen Pickel, Pusteln und Papeln aktiv werden  

Karin Berger, Berlin

Akne vulgaris ist die häufigste Hauterkrankung und betrifft in erster Linie Jugendliche. In dieser Lebensphase sind die jungen Menschen besonders sensibel, und Pickel belasten sie psychisch stark. Eine maßgeschneiderte Therapie sowie die gute Beratung durch PTA oder Apotheker helfen den Heranwachsenden in dieser schwierigen Situation.

Je nach Schweregrad verunstaltet Akne die Haut bei 80 bis 90 Prozent aller Jugendlichen, am häufigsten trifft es die 15-bis 18-Jährigen. 20 bis 30 Prozent der jungen Menschen benötigen ärztliche Hilfe. Bei der Mehrzahl der Patienten verschwindet das Hautproblem nach der Pubertät spontan. Bei 2 bis 7 Prozent bleiben allerdings Narben zurück. Etwa 10 Prozent sind auch nach dem 25. Lebensjahr immer noch betroffen.

Akne ist eine Erkrankung der Talgdrüsenfollikel und befällt vorwiegend talgdrüsenreiche Regionen wie Gesicht, Brust und Rücken. Das Krankheitsbild ist sehr komplex. Wesentliche Ursachen sind: Die Talgdrüsen produzieren zu viel Talg (Seborrhoe) und die Haarfollikel verhornen zu stark (follikuläre Hyperkeratose).

Jungen meist stärker betroffen

Wie stark ein Jugendlicher an Akne erkrankt, hängt vor allem von seinen Genen, den Hormonen und der individuellen Immunantwort auf Propionibakterien ab. Das Bakterium Propionibacterium acnes gehört zur normalen Hautflora. Es besiedelt die Talgdrüsenfollikel und löst dort bei Aknepatienten starke Entzündungen aus.

Talg macht die oberste Hautschicht, das Stratum corneum, geschmeidig und wasserabweisend. In der Pubertät nimmt das Volumen der Talgdrüsen bei Aknepatienten unter dem Einfluss der Androgene zu, so dass sie vermehrt Talg produzieren und die Haut »fettig« glänzt. Wegen des höheren Androgenspiegels sind Jungen oft schwerer von Akne betroffen als Mädchen. Die Talgdrüsen münden fast immer in Haarfollikel, die von hornbildenden Zellen (Keratinozyten) ausgekleidet werden. Bei Aknepatienten bilden sich die Keratinozyten in so starkem Maße nach, dass der Talg die abgestoßenen Zellen nicht mehr nach außen abtransportieren kann. 

Die mildeste Akneform

Hinzu kommt, dass sich die Propionibakterien auf dem Talg stark vermehren. Den mit Lipiden, Hornzellen und Bakterien prall gefüllten Follikel bezeichnen Mediziner als Mikrokomedo. Als erste pathologische Veränderung ist er äußerlich noch nicht sichtbar. Im weiteren Verlauf nimmt die Lipid-Keratin-Masse zu und erscheint in der Folge an der Hautoberfläche als geschlossener Komedo (White-head). Von offenen Komedonen sprechen Ärzte, wenn die sichtbaren Hornpfröpfe durch Melanin schwärzlich gefärbt sind (Blackheads).

Die mildeste Form der Akne zeichnet sich durch Komedonen aus und heißt Acne comedonica. Die Stoffwechselprodukte der Propionibakterien wirken entzündungsfördernd, und insbesondere aus den geschlossenen Komedonen entwickeln sich Papeln und eitrige Pusteln. Acne papulopustulosa liegt vor, wenn Komedonen, Papeln und Pusteln nebeneinander auftreten. Meist in der Spätphase der Entzündung platzt die Follikelwand. Dabei treten Lipide, Fettsäuren, Hornzellen, Bakterien und Zelltrümmer aus, die im umgebenden Gewebe ausgedehnte, tiefe Entzündungen verursachen. Charakteristisch für diese schwerste Akne-Ausprägung, die Acne conglobata, sind Knoten, Zysten, Abszesse und Fisteln. Zerstört die Entzündung das kollagene Netzwerk in der Lederhaut, entstehen Narben. Papeln und Pusteln heilen mit kleinen Narben (großen Poren) ab, während Knoten, Zysten, Abszesse und Fisteln zu großen, teilweise verunstaltenden Narben führen.

Zu Beginn eines jeden Beratungsgesprächs müssen PTA oder Apotheker klären, für wen der Kunde das gewünschte Aknetherapeutikum kauft. Kein Fall für die Selbstmedikation ist starke Akne bei Kindern vor Eintritt in die Pubertät und bei über 20-jährigen Erwachsenen. Diese müssen unbedingt einen Dermatologen aufsuchen. Sind die Hautveränderungen plötzlich aufgetreten oder gehen sie mit intensivem Juckreiz einher, weist dies auf andere Dermatosen hin, die ebenfalls ein Facharzt beurteilen muss.

Nur Patienten mit leichter Akne dürfen apothekenpflichtige Aknemittel in der Selbstmedikation anwenden. Ist die Anzahl und vor allem der Entzündungsgrad der Hautveränderungen groß, wird der Gang zum Dermatologen Pflicht, um einer Narbenbildung vorzubeugen. Das gilt besonders für Patienten, in deren Familie bereits Fälle stark vernarbender Akne bekannt sind.

Außerdem können einige Arzneimittel Akne verursachen, zum Beispiel Kontrazeptiva mit schwach androgener Wirkung, Anabolika wie Testosteron oder Clenbuterol, aber auch Glucocorticoide, Phenytoin, Lithiumsalze und hoch dosierte Vitamin B6- beziehungsweise B12-Präparate. Auch der längere Gebrauch von Kosmetika mit Lanolin, Vaselin, Paraffin, pflanzlichen Ölen oder Fettsäureestern kann die sogenannte Kosmetikakne hervorrufen.

Noch ein Hinweis für die Patienten: Wenn sich die Symptome innerhalb von sechs Wochen nach Therapiebeginn nicht entscheidend gebessert haben, sollten sie einen Facharzt aufsuchen.

Therapeutische Möglichkeiten

Jede Aknebehandlung sollte möglichst mehrere auslösende Faktoren positiv beeinflussen. Wichtige Therapieziele sind die Talgproduktion zu verringern, die Follikelausgänge zu öffnen, die Bakterien zu bekämpfen und die Entzündungen zu beruhigen. PTA oder Apotheker sollten den Patienten die richtige Anwendung der Präparate erklären und sie zum Durchhalten der oftmals langen Behandlung motivieren. Im Hinblick auf eine bessere Compliance sollten die Patienten wissen, dass sie frühestens nach mehreren Wochen mit einer Besserung der Symptome rechnen können. Auch nur mit einer konsequenten Weiterbehandlung lässt sich die Akne in Schach halten.

Bei leichter Akne reicht die äußerliche Therapie aus. Topische Arzneimittel verhindern das Aufblühen neuer Läsionen, deshalb müssen die Patienten die Produkte aufs ganze Gesicht oder den oberen Rücken auftragen und nicht nur auf einzelne Pickel tupfen. Für die Selbstmedikation eignet sich Benzoylperoxid.

Benzoylperoxid (zum Beispiel Sanoxit®, Benzaknen®, Akneroxid®) wirkt bakterizid auf Propionibakterien. Die Subs-tanz gilt als Mittel der ersten Wahl, da sie keine bakteriellen Resistenzen induziert. Im Handel sind Präparate in Gel-, Lotion-, Creme- und Seifenform sowie Waschlösungen für die ein- bis zweimal tägliche Anwendung. Für das Gesicht eignen sich Konzentrationen von 2,5 bis 5 Prozent, für den Brust- und Rücken auch 10-prozentige Zubereitungen. Ein wichtiger Hinweis: Patienten sollten ihre Haut vor direkter Sonne schützten und unbedingt den Kontakt von Benzoylperoxid mit Augen, Lippen oder Schleimhäuten vermeiden. Zu den unerwünschten Arzneimittelwirkungen zählen gereizte und trockene Haut, selten eine Kontaktdermatitis. Und: Benzoylperoxid bleicht Haare und farbige Kleidung, Handtücher und Bettwäsche aus!

Neben Benzoylperoxid steht auch Salicylsäure (zum Beispiel Aknefug®) für die Selbstmedikation zur Verfügung. Salicylsäure wirkt antibakteriell und in höherer Konzentration auch keratolytisch. Die Substanz findet zudem in Rezepturen Verwendung (zum Beispiel Aknespiritus NRF). Salicylsäure darf nicht zusammen mit Erythromycin verarbeitet werden, weil die Arzneistoffe inkompatibel sind.

Kein Fall für die Selbstbehandlung

Bei mittelschwerer bis schwerer Akne verordnen Dermatologen Retinoide, Antibiotika und Azelainsäure. Je nach Schweregrad kombinieren sie topische und systemische Therapeutika. Topische Retinoide (Tretinoin, Isotretinoin, Adapalen) wirken komedolytisch. Die Patienten müssen die Präparate ein- bis zweimal täglich auftragen. Zu Beginn der Therapie, nach 8 bis 14 Tagen kommt es oft zu einer Verschlechterung, die sich aber anschließend wieder zurückbildet. Erst nach 3 bis 4 Monaten können sie die maximale Wirkung erwarten. Insbesondere wenn die Patienten topische Retinoide mehr als einmal täglich anwenden, führen die Substanzen häufig zu lokalen Irritationen, es bilden sich Ery-theme, die Haut schuppt und brennt. 

Adapalen (Differin®) hat als Retinoid der dritten Generation das geringste Irritationspotenzial und wirkt zusätzlich entzündungshemmend. Eine Empfehlung an die Patienten: Sie sollten die Retinoid-haltigen Produkte grundsätzlich nur abends auftragen, damit sich eine eventuelle Rötung über Nacht zurückbilden kann. Da Tretinoin (wie Airol®, Aknemycin Plus) und Isotretinoin (Isotrex®) phototoxisch wirken, sollten sich die Patienten vor Sonne schützen. Schwangere dürfen keine Retinoide anwenden.

Falls der Arzt topische Retinoide mit Benzoylperoxid kombiniert, sollten die Patienten die Produkte nie gleichzeitig auftragen, da das Peroxid die Wirkung des Retinoids aufhebt. Das Retinoid Adapalen ist allerdings chemisch so stabil, dass es mit Benzoylperoxid kombiniert werden kann (zum Beispiel in Epiduo®).

Die Wirksamkeit der Azelainsäure (Skinoren®) beruht auf deren antimikrobiellen und keratolytischen Eigenschaften. Nach allgemeiner Einschätzung wirkt Azelainsäure ähnlich stark wie topisches Tretinoin, Benzoylperoxid und topische Antibiotika. Vorteilhaft ist die geringe Hautirritation. Neben Erythromycin eignet sich Azelainsäure am ehesten zur Aknebehandlung von Schwangeren.

Topische Antibiotika bekämpfen die Propionibakterien tief im Haarfollikel. Deshalb vermindern sie bei der entzündlichen Akne die Anzahl der Papeln und Pusteln. Die Patienten müssen die Salben, Gele oder Lösungen ein- bis zweimal pro Tag auf die Entzündungsherde auftragen. Eingesetzt werden die Wirkstoffe Erythromycin (zum Beispiel in Aknemycin®, Inderm®, Eryaknen®), Clindamycin (wie Basocin®), Tetracyclin (wie Imex®) und Nadifloxacin (Nadixa®). 

Trotz der guten Verträglichkeit verordnen Ärzte topische Antibiotika heute nur noch selten, da sie Resistenzen fürchten. Dagegen empfiehlt es sich, die Wirkstoffe mit Benzoylperoxid, Retinoiden, Azelainsäure oder Zink zu kombinieren. Einige Fertigarzneimittel sind als Kombinationspräparate mit Antibiotika im Handel (zum Beispiel Duac® Akne Gel).

Systemische Behandlung

Isotretinoin (wie Roaccutane®, Aknenormin®) ist der einzige, systemisch verwendete Arzneistoff, der sehr zuverlässig auf alle auslösenden Faktoren der Akne gleichzeitig einwirkt. In vielen Fällen bewirkt Isotretinoin sogar eine definitive Heilung. Vor allem reduziert der Arzneistoff die übermäßige Talgproduktion ganz erheblich. Allerdings trocknen häufig alle Haut- und Schleimhautareale aus, und die Tränenproduktion lässt nach. PTA oder Apotheker können den Patienten mehrere Maßnahmen empfehlen, die die unerwünschten Wirkungen lindern. Die Patienten sollten Nasensalben und Lippenpflegestifte auftragen, die Haut eincremen, zu häufiges Waschen mit Seife vermeiden sowie künstliche Tränenflüssigkeit und Sonnenschutzpräparate anwenden. Kontaktlinsenträger sollten für die Zeit der Behandlung besser eine Brille aufsetzen. 

Wegen der stark fruchtschädigenden Wirkung von Isotretinoin müssen Frauen im gebärfähigen Alter mindestens einen Monat vor bis einen Monat nach der Therapie unbedingt eine Schwangerschaft verhüten. Wichtig zu wissen: Für diese Frauen dürfen PTA oder Apotheker Isotretinoin-haltige Arzneimittel nur 7 Tage nach Ausstellung des Rezeptes und höchstens einen Monatsbedarf abgeben. 

Systemische Antibiotika verordnen Ärzte bei Akneformen mit deutlich entzündlicher Komponente. Mittel der Wahl sind Tetracycline, insbesondere der zweiten Generation wie Minocyclin (zum Beispiel Aknosan®) und Doxycyclin (zum Beispiel Doxakne®, Aknefug® doxy). Sie haben den Vorteil, dass ihre Wirkung schnell eintritt und sie zu den Mahlzeiten eingenommen werden können. Alternativ verschreiben Dermatologen Clindamycin oder Makrolide. Die empfohlene Therapiedauer beträgt drei Monate. 

Verhütungs- und Sonnenschutz

Ein wichtiger Hinweis für Frauen, die orale Kontrazeptiva einnehmen: Der Verhütungsschutz ist nicht mehr sicher gewährleistet. Da mehrwertige Metallionen die Aufnahme von Tetracyclinen aus dem Darm herabsetzen, sollten die Patienten das Tetracyclin nie gleichzeitig mit Eisen-, Calcium-, Magnesium- oder Aluminium-Ionen einnehmen. Auch müssen sie auf einen ausreichenden Sonnenschutz achten!

Neben Benzoylperoxid und Azelainsäure bewertet die Deutsche Dermatologische Gesellschaft in ihren Leitlinien zur Aknebehandlung die Zinkeinnahme positiv als antimikrobielle Alternative zu Antibiotika. Auch Zink bewirkt keine Resistenzbildung. Die Patienten müssen die Zinksalze 30 bis 60 Minuten vor den Mahlzeiten und hoch dosiert über mehrere Wochen einnehmen.

Orale Estrogen-/Gestagenkombinationen mit antiandrogen wirkenden Ges-tagenen wie Cyproteronacetat (wie Diane®), Chlormadinonacetat (wie Neo Eunomin®, Belara®) oder Dienogest (wie Valette®) verordnen Gynäkologen Patientinnen als orale Kontrazeptiva, wenn sie gleichzeitig eine Verminderung der Talgproduktion wünschen. Bei Akne-Patientinnen übernehmen die Krankenkassen die Kosten des Kontrazeptivums. Auch das Gestagen Drospirenon (wie Petibelle®, Yasmin®) wirkt antiandrogen, ist aber nicht zur Aknetherapie zugelassen.

Ergänzende Maßnahmen

Auch wenn Akne nicht durch mangelnde Hygiene entsteht, sollten die Patienten die betroffenen Hautpartien täglich reinigen. Zur Reinigung dienen am besten pH-neutrale, nicht rückfettende Syndets oder Waschgele ohne Duft- oder Konservierungsstoffe. Der Zusatz eines Antiseptikums vermindert die Zahl der Propionibakterien. Vor dem Auftragen des Aknetherapeutikums muss alles Fett auf der Hautoberfläche entfernt werden, da es das Eindringen eines lokalen Aknemittels in den Haarfollikel verhindert.

Bei milden Akneformen ohne sichtbare Entzündungen, die noch keine Behandlung mit Benzoylperoxid oder Retinoiden erfordern, können die Patienten die obers-ten Hautschichten durch wöchentliche Peelings abschilfern. Danach fließt der Talg besser ab.

Kosmetikerinnen weichen bei der sogenannten Aknetoilette die oberen Hautschichten zunächst durch feuchtwarme Kompressen oder Masken auf und entfernt dann die Mitesser. Ihre  irritierte Haut sollten Aknepatienten mit einer feuchtigkeitsspendenden, nicht fettenden O/W-Creme pflegen. Sie können auch Make-up oder Tönungscremes auftragen, allerdings keine fetthaltigen oder komedogene Zubereitungen.

Kontraindikation Solarium

Eine spezielle »Aknediät« gibt es nicht, auch wenn immer wieder ein Zusammenhang zwischen Ernährung und Akne diskutiert wird. Sonnenlicht und Solarienbesuche gelten heute als kontraindiziert. Die vermeintlich positive Wirkung besteht nur in einer Bräunung der Haut, hingegen fördert UV-Strahlung die Neubildung von Komedonen.

 

E-Mail-Adresse der Verfasserin:
K.Berger(at)abda.aponet.de