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Rezeptur

Unverträglichkeiten beachten

11.06.2008  09:03 Uhr

Rezeptur

Unverträglichkeiten beachten  

Jenny Berger, Hilden

Aluminiumchlorid ist die meist verwendete Substanz zur Behandlung der übermäßigen Schweißbildung, der Hyperhidrosis. Für diese Indikation wird das Salz vor allem als wässrige oder alkoholisch-wässrige Lösung oder auch in Form eines Gels eingesetzt. Die übliche therapeutische Konzentration liegt zwischen 10 und 25 Prozent.

Aluminiumchlorid-Hexahydrat Ph. Eur. ist stark hygroskopisch und wird als weißes bis schwach gelbes, kristallines Pulver oder als farblose Kristalle angeboten. Aluminiumchlorid reagiert stark sauer, und da die Substanz in sehr hohen Konzentrationen eingesetzt wird, müssen die zusätzlichen Rezepturbestandteile diesen besonderen Eigenschaften standhalten. Zudem wirkt Aluminiumchlorid korrosiv und darf daher nicht mit Metallen, zum Beispiel Metallspateln und -tuben, in Kontakt gelangen. 

Im Apothekenalltag kommt es oft vor, dass Ärzte Rezepturen aus Aluminiumchlorid mit einem Gelbildner verordnen, der gegenüber dem Metallsalz inkompatibel ist, und außerdem der Gelbildnertyp nicht eindeutig definiert ist. Ein Beispiel aus der Praxis:

Aluminiumchlorid 20 %
MC 400 2 %
Aqua pur. ad 50,0

Die Abkürzung MC 400 steht für Methylcellulose Ph. Eur. mit einer Viskosität von 400 Millipascal Sekunde (mPa s). Die dem Typennamen nachgestellte Zahl charakterisiert also die Verdickungsleistung. Methylcellulose Ph. Eur. ist ein nicht ionischer (neutraler) Gelbildner, der empfindlich gegenüber hohen Salzkonzentrationen und niedrigen pH-Werten ist. In der genannten Rezeptur würde die hohe Elektrolytkonzentration die Löslichkeit der Methylcellulose negativ beeinflussen, und der Gelbildner würde ausflocken (auch Salzkoagulation genannt).

Nach Alternativen suchen

Also muss Methylcellulose durch einen Gelbildner ersetzt werden, der weder elektrolyt- noch säureempfindlich ist, deshalb kommen auch Carmellose-Natrium oder Carbopol nicht in Frage. Für die Recherche nach möglichen Alternativen bietet sich das NRF an.

In dem genannten Rezepturbeispiel soll eine rein wässrige und nach der Menge des Gelbildners zu urteilen, viskose Lösung hergestellt werden, so dass entweder die NRF-Rezeptur 11.24. oder 11.132. in Frage kommen. Unter NRF 11.132. ist die Viskose Aluminiumchlorid-Hexahydrat-Lösung beschrieben, in der als Gelbildner Hydroxyethylcellulose 400 in ebenfalls 2-prozentiger Konzentration verwendet wird. Hydroxyethylcellulose zählt auch zu den nicht ionischen Gelbildnern, ist aber mit höheren Salzkonzentration gut verträglich.

Handelsübliche Hydroxyethylcellulosen, die dem Viskositätsbereich von 400 mPa s entsprechen, sind beispielsweise Natrosol® 250 G Pharm und Tylose® H 300. Die nominale Viskosität dieser Substanzen ist zwar mit 300 und 500 mPas angegeben, sie darf jedoch nach dem Europäischen Arzneibuch 75 bis 140 Prozent des deklarierten Wertes betragen, also zwischen 225 und 700 mPas liegen. Gemessen wird die Viskosität der verschiedenen Cellulosetypen mit dem Rotationsviskosimeter an einer 2-prozentigen Lösung. Die ermittelten Werte muss der Hersteller auf dem jeweiligen Prüfzertifikat angeben.

Einfaches Umrechnen geht nicht

Je nach gewünschten Eigenschaften der Rezeptur kann die Konzentration des Gelbildners erhöht oder auch erniedrigt werden. Aber Achtung: Einfaches Umrechnen mit einem Dreisatz führt nicht zum richtigen Ergebnis, denn die Viskosität verändert sich nicht proportional zur eingesetzten Substanzmenge. Die geänderte Rezeptur sieht nun wie folgt aus:

Viskose Aluminiumchlorid-Lösung 20 % (NRF 11.132.)

Aluminiumchlorid-Hexahydrat 10,0 = 20 %
Hydroxyethylcellulose 400 1,0 = 2 %
Gereinigtes Wasser ad 50,0

Hergestellt wird die Lösung in einem Becherglas vorzugsweise mit Magnetrührer unter Berücksichtigung der Arbeitsschutzmaßnahmen wie Schutzbrille und Handschuhe. Als Abgabegefäß eignen sich ein Deoroller oder eine Medizinflasche.

Eine Konservierung ist nicht nötig, da die Lösung aufgrund der Eiweiß fällenden Wirkung von Aluminiumchlorid antimikrobielle Eigenschaften besitzt und außerdem der pH-Wert bei 2 liegt.

Manchmal verordnen Ärzte auch wässrig-alkoholische Gel-Rezepturen mit Aluminiumchlorid. Diese lassen sich mit Hydroxyethylcellulose nicht ohne Weiteres herstellen, da Hydroxyethylcellulose keine größeren Alkoholmengen verträgt.

Der Arzt sollte generell über die Verbesserung der Rezeptur informiert werden, um Missverständnisse bei künftigen Verschreibungen und auch Rückfragen zu vermeiden. Die Tabelle gibt eine Übersicht über die gängigsten Gelbildner und die bekannten Inkompatibilitäten. Ein Hinweis für Situationen, in denen die Rezepturherstellung Schwierigkeiten bereitet: Das NRF stellt unter der Adresse www.dac-nrf.de online Rezepturhinweise zu oft nachgefragten Themen zur Verfügung.

E-Mail-Adresse der Verfasserin:
berger(at)caelo.de