PTA-Forum online
PTA als Schriftstellerin

Die Kraft der Worte

25.03.2014  11:48 Uhr

Von Rainer Seidel / Nach ihrem ersten Roman mit dem Titel »Mager­sucht« aus dem Jahr 2006 befasste sich PTA Uta Beutel erneut mit diesem Thema: 2011 erschien ihr Roman »Wolken verdunkeln die Seele: Die Geschichte einer Magersucht«. Im selben Jahr wurde auch ihr drittes Werk veröffentlicht »Der Eremit und das Geheimnis vom Berg«. PTA-Forum befragte Beutel, welches Anliegen sie mit ihrem dritten Roman verfolgt. »Mit jedem Handeln und auch Nicht-Handeln hinterlassen wir eine Spur.«

PTA-Forum: In Ihrem Roman über den Eremiten David beschreiben Sie Ihre Hauptperson als einen Menschen, der sich enttäuscht vom Leben in der Gemeinschaft in die Einsamkeit des Waldes zurückgezogen hat. Fünf Jahre später spürt ihn dort der Junge Pit auf und bewirkt, dass David sich in kleinen Schritten zur Rückkehr ins Dorf entscheidet. Worauf wollen Sie in diesem Roman besonders aufmerksam machen?

Beutel: Auf die Möglichkeit einer sozialeren und menschlicheren Welt und die Fähigkeit jedes Einzelnen, dazu beizutragen. Und zwar vor allem durch eine Veränderung der eigenen Einstellungen und des Verhaltens. Nur dadurch kann meiner Meinung nach eine Gesellschaft nachhaltig verändert werden. David wirkt letztlich durch seine eigene Persönlichkeit auf die Dorf­bewohner ein und beeinflusst so deren Verhalten. Er hat während seines Alleinseins ganz bewusst die Werte Respekt, Mitgefühl, Friedfertigkeit und Tole­ranz kultiviert.

PTA-Forum: 2007 führten wir ein Gespräch über Ihren ersten Roman zum Thema Magersucht. Darin haben Sie von Ihren eigenen Erfahrungen gesprochen. Inwieweit spielt auch beim Eremiten Ihr persönlicher Erfahrungsschatz eine Rolle?

Beutel: Auch hier fließen eigene Erfahrungen mit ein. Beispielsweise meine vielen Reisen nach Indien und Südostasien, meine jahrelange Medita­tions­praxis und meine ebenso lange Aus­einandersetzung mit psychologischen und philosophischen Themen. Außerdem möchte ich noch das Element der Achtsamkeit nennen und meine Bewunderung für Franz von Assisi.

PTA-Forum: David, der Held des Romans, hat offenkundig dank seines Eremiten-Daseins Erkenntnisse gewonnen, die es ihm ermöglichen, die gestörten Beziehungen in seinem Heimatdorf zu durchschauen, teilweise sogar zum Positiven zu beeinflussen. Ist dies eine Empfehlung an die Leser, den Wegen des Franz von Assisi in die Einsamkeit zu folgen?

Beutel: Es ist nicht mein Anliegen, einen so radikalen Weg zu empfehlen. Doch gerade in der heutigen Zeit halte ich es für ungemein wichtig, auch einmal innezuhalten und sich zu fragen: Was möchte ich mit meinem Leben anfangen? Wer bin ich und was sind meine Anlagen und Fähigkeiten? Und auch, was ist mir wichtig? Was würde ich verändern, wenn ich wüsste, ich hätte nur noch ein halbes Jahr zu leben? Solche existenziellen Fragen gehen völlig unter im Konsumrausch und im allgegenwärtigen Zeitdruck unseres Lebens.

PTA-Forum: Sie zeichnen in Ihrem Roman das Bild einer Gesellschaft, in der die Menschen nur noch gewinn­orientiert handeln und verlernt haben, sich sozial und mitfühlend zu verhalten – eine Horror-Utopie oder erlebte Wirklichkeit?

Beutel: Ich würde es gerne als Horror-Utopie bezeichnen, aber ich kann die Augen nicht davor verschließen, wie sehr sich unsere Gesellschaft zunehmend verändert. Unser ganzes Wirtschaftssystem basiert darauf, dass jeder nur noch auf seinen eigenen Vorteil achtet und den Gewinn, den sein Handeln ihm einbringt. Und unser Konsum und unsere Lebensweise haben immer zerstörerischere Auswirkungen. Denken Sie nur an die immensen Müllberge, die Produktion begehrter Markenwaren in Billiglohnländern und die unwürdige Massentierhaltung, nur damit das Fleisch möglichst billig ist. Und für diese Entwicklung ist jeder Einzelne von uns mit verantwortlich. Durch den Kauf bestimmter Produkte entscheiden wir mit, welche Entwicklungen wir fördern möchten und welche nicht.

Zur Person

Uta Beutel wurde 1968 in Kempten im Allgäu geboren und ist seit 2001 schriftstellerisch tätig. Zunächst absolvierte Beutel eine Ausbildung zur PTA an der naturwissenschaftlich-technischen Akademie (nta) in Isny. Drei Jahre nach ihrem PTA-Examen im Jahr 1988 ließ sie sich zur Schrift- und Fotosetzerin umschulen. Anschließend arbeitete sie circa 10 Jahre lang in einem Zeitungsverlag und machte sich danach als Schriftstellerin selbstständig. Im Jahr 2003 entschied sie sich für den Wiedereinstieg in den PTA-Beruf und arbeitet seitdem auf Teilzeitbasis in der Apotheke. Ihr erster veröffentlichter Roman mit dem Titel »Magersucht« erschien 2006.

PTA-Forum: Sie widmen Ihren Roman allen Menschen, die ein sinn­erfülltes Leben verwirklichen wollen. Welche Botschaften wollen Sie den Lesern in erster Linie mit auf den Weg geben?

Beutel: Meine persönlichen Erfahrungen haben mich gelehrt, wie wertvoll es ist, bewusst durchs Leben zu gehen. Mit jedem Handeln und auch Nicht-Handeln hinterlassen wir eine Spur. Denn wie soll eine Gesellschaft menschlicher werden, wenn wir nicht selbst daran arbeiten, toleranter, friedvoller und mitfühlender zu sein!

PTA-Forum: In Ihrem Roman schildern Sie eindrucksvoll, dass sich das Miteinander der Dorf­bewohner durch Davids zahlreiche Gespräche verändert. Wollen Sie damit den Lesern deutlich machen, wie viel Macht Sie der einfühlsamen Kommunikation geben?

Beutel: Wenn es mir gelingt, die Leser auf diese Weise nachdenklich zu stimmen, dann ist mir die Botschaft geglückt.

PTA-Forum: Wie wirkt sich Ihre Einstellung auf Ihren Berufsalltag in der Apotheke aus? Wenn Sie Ihren Kolleginnen einen Rat für den Umgang mit Patienten und Kunden geben könnten, wie würde dieser lauten?

Beutel: Mein ganz persönlicher Rat: Sich immer ganz auf das zu konzentrieren, was man gerade tut. Und auch im oft hektischen Berufsalltag immer einmal innezuhalten und sich selbst bewusst wahrzunehmen, auch seine Gefühle. Dann fällt es leichter, dem Gesprächspartner – sei es der Kunde oder die Kollegin – wirklich aufmerksam zuzuhören. Dann gelingt es auch besser, das eigene Gedankenkino einmal abzuschalten. /

Der Roman

Im Zentrum des Romans steht der Eremit David. Er ist ein Sonderling, und auch nach seiner Rückkehr ins Dorf gehen die Menschen zunächst auf Distanz. Aber mit jedem Gespräch, das David mit einem der Dorfbewohner führt, erlebt der Leser positive Veränderungen, manchmal nur in sehr kleinen Schritten. So fasst beispielsweise die deprimierte Helena mit Davids Hilfe neuen Lebensmut, und selbst der Vater von Pit, der den Jungen oft im betrunkenen Zustand verprügelt hatte, rückt seiner Familie wieder näher. Der Roman lädt den Leser zum Innehalten und zum Nachdenken über sein eigenes Handeln im Alltag, insbesondere über den Umgang mit den Mitmenschen ein. Wer sich auf diese Gedanken einlassen will, dem sei dieser Roman empfohlen – der erhobene Zeigefinger bleibt garantiert außen vor.

»Der Eremit und das Geheimnis vom Berg« von Uta Beutel, Der Andere Verlag, ISBN 3-86247-163-2, 19,90 Euro. Zu bestellen beim Govi-Verlag, Telefon 06196 9 28-250, Fax 06196 928-259, service(at)govi.de, www.govi.de oder direkt über die Autorin per E-Mail an uta.beutel(at)web.de. Sie schickt das Buch portofrei zu.