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Der Gemeine Kürbis

Samen für die Blase

07.03.2016  15:09 Uhr

Von Monika Schulte-Löbbert / Die Kürbispflanze stammt ursprünglich aus den tropischen Regionen Amerikas. Von dort brachten die Portugiesen sie mit nach Europa. In den letzten Jahren erlebt der früher als Arme-Leute-Essen verschmähte Kürbis eine wahre Renaissance. Medizinisch genutzt werden seine Samen, vor allem um die Blase zu kräftigen.

Der Gemeine Kürbis, Gartenkürbis oder auch Arzneikürbis genannt, mit dem botanischen Namen Cucurbita pepo gehört zur Familie der Kürbisgewächse, der Cucurbitaceae. Als Stammform der heute zahlreichen Kürbisarten gilt der Texanische Wildkürbis (Cucurbita texana). Vor über 8000 Jahren bauten vermutlich südamerikanische Ureinwohner erstmals den Kürbis an, anfangs nur wegen der schmackhaften und nahrhaften Samen, da das Fruchtfleisch noch ungenießbar war. Erst im Laufe der Zeit gelang es ihnen, einen Kürbis mit bekömmlichem Fruchtfleisch zu züchten.

Bis ins 16. Jahrhundert kannten die Euro­päer nur den Flaschenkürbis (Cucur­bita lagenaria). Erst Kolumbus brachte den Gemeinen Kürbis von seinen Überseereisen mit nach Europa.

Seither hat der Gartenkürbis hierzulande unter den vielen Sorten noch immer die größte Bedeutung, er wird auch weltweit kultiviert. Zu den Haupt­anbaugebieten zählen die ost­euro­pä­ischen Länder sowie Österreich, Ungarn und Mexiko. Als eine aus den Tropen stammende Pflanze liebt der Kürbis Wärme und Sonne, reagiert sehr empfindlich auf Frost und kann schon bei länger anhaltenden Temperaturen unter 10 °C Schaden nehmen. Erfahrene Gärtner wissen, dass der Gemeine Kürbis am besten auf dem Komposthaufen gedeiht.

Der botanische Gattungsname »Cucurbita« war schon in der Antike für den Flaschenkürbis bekannt. Vermutlich stammt der Name von dem altindischen »carbhatah« (= Gurke). Den aus Amerika neu eingeführten Garten­kürbis nahm Carl von Linné (1707–1778) in seine wissenschaftliche Arbeit unter der Bezeichnung »Cucurbita pepo« auf, »pepo« leitet sich von dem griechischen »pepon« (= reif) ab. Der deutsche Name »Kürbis« ist eine Ableitung von Cucurbita.

Täglich bis zu 14 Zentimeter

Der Gartenkürbis ist eine einjährige Pflanze mit kriechenden bis zu zehn Meter langen, verzweigten Ranken. Die lang gestielten, wechselständigen Laub­­blätter sind borstig behaart. Ihre sehr große Blattspreite ist mehr oder weniger gelappt. Bei günstigen Wetterbedingungen wächst der Spross pro Tag bis zu 14 Zentimeter. Von Juni bis August erscheinen in den Blattachseln die großen trichter- bis glockenförmigen Blüten. Der Kürbis ist einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch): Die weiblichen Blüten stehen einzeln, die männlichen zu mehreren in den Blattwinkeln. Gerne besuchen Bienen und Hummeln die meist leuchtend goldgelben Blüten. Im Herbst reifen diese zu großen gelben bis orangefarbenen, rundlichen Früchten heran. Die Frucht ist im botanischen Sinn eine Beere. Das faserige, gelbliche Fruchtfleisch umgibt zahlreiche, häufig helle und bis zu 15 Millimeter lange Samen, auch Kürbiskerne genannt. Mit einem Gewicht von bis zu 30 Kilogramm gehört der Kürbis zu den größten Früchten.

Europameister

Im Jahr 2015 züchtete ein Schweizer den schwersten Kürbis Europas und gewann mit seinem 856 Kilo schweren Koloss die Europameisterschaft im Kürbiswiegen. Diese Schwergewichte sind zum Essen nicht geeignet, dagegen werden ihre Samen für viel Geld gehandelt, zum Teil für mehrere hundert Euro pro Samen. Für die Samen der ganz großen Kürbisse ­erzielen Züchter in Nordamerika bis zu 1000 Dollar pro Stück. Keimt der Samen nicht, hat der Käufer vergeblich sehr viel Geld investiert, denn eine »Geld-zurück-Garantie« gibt es nicht.

Medizinisch verwendet werden die reifen und getrockneten Samen verschiedener Kulturvarietäten von Cucurbita pepo L., besonders von Cucur­bita citrullina, var. styriaca, dem wirkstoffreichen Steirischen Ölkürbis. Im Gegensatz zu vielen anderen Kürbissorten enthalten seine Früchte weichschalige, dunkelgrün gefärbte Samen. Sie schmecken angenehm nach Nüssen und liefern nach der Pressung ein tief braunrotes Öl, das wegen des hohen Gehaltes an ungesättigten Fettsäuren für eine gesunde Ernährung wertvoll ist. Das Deutsche Arzneibuch (DAB 2008) führt die Droge unter der Monographie »Kürbissamen – Cucurbitae semen«. Das DAB stellt keine Anforderungen an den Gehalt, lässt aber nur die Samen von Cucurbita pepo L. zu.

Fettes Öl und Phytosterole

Zu den für die Wirkung verantwort­lichen Inhaltsstoffen zählen die Phytosterole, die teilweise in glykosidischer Bindung vorliegen. Ihr Gehalt beträgt etwa 1 Prozent. Weiter enthalten die Samen Tocopherole wie Vitamin E, Spurenelemente, besonders Selen, Iod, Mangan, Zink und Kupfer, sowie außerdem 30 bis 50 Prozent fettes Öl, Kohlenhydrate und Proteine, teilweise mit antioxidativer Wirkung. Art und Menge der Inhaltstoffe hängen sehr stark von der Sorte ab, als besonders wertvoll gilt der Steirische Öl­kürbis.

Seit dem Mittelalter empfiehlt die Volksmedizin Kürbissamen als Wurmmittel, als harntreibendes Mittel bei Nierenentzündungen und äußerlich zur Wundheilung. Für diese Anwen­dungen liegt bis heute kein Wirkungsnachweis vor.

Bei Reizblase und BPS

Aufgrund ihrer großen Ähnlichkeit mit den Androgenen und Dehydrotestosteron (DHT) sollen die Sterole der Kürbissamen die Bindung und Speicherung von DHT beeinflussen, das für die Vergrößerung der Prostata verantwortlich gemacht wird. Dadurch soll sich das durch DHT induzierte Prostatawachstum verzögern. Klinische Studien belegen die Wirksamkeit von lipophilen Kürbissamen-Extrakten oder Kürbis­samen­öl bei Miktionsbeschwerden als Begleitsymptome einer Reizblase oder einer gutartigen Vergrößerung der Pros­tata, auch benignes Prostatasyndrom (BPS) genannt.

Daher beurteilte die Kommission E beim früheren Bundesgesundheitsamt Kürbissamen für folgende Indikationen positiv: Reizblase und Miktionsbeschwerden bei Prosta­ta­­adenom (BPS) Stadium I bis II. Die Beschwerden äußern sich durch schmerzhaftes Wasserlassen, häufige Blasenentleerung, nächtlichen Harndrang, Harnverhalten und führen zur Restharnbildung.

Die 2010 durchgeführte G.R.A.N.U.- Studie (German Research Activities on Natural Urologicals) mit dem Samen des FINK® Arzneikürbis, bestätigt die Linderung von Miktionsbeschwerden bei Männern mit BPS. Die Probanden mit einem IPSS-Gesamtscore (siehe Kasten) zwischen 13 und 19 Punkten, also mit mittelschweren Beschwerden, berichten, der ständige Harndrang hätte sich spürbar verringert und ihre Lebens­qualität damit verbessert. Prostatavolumen und Restharnmenge änderten sich aber nicht.

IPSS-Fragebogen

Der sogenannte International Prostate Symptom Score (IPSS) ist ein Fragebogen, den der Patient selbst schnell und leicht ausfüllen kann. Er enthält sieben Fragen zu Symptomen der gutartigen Prostatavergrößerung und eine Frage zur Lebensqualität. Für die sieben Symptome werden jeweils fünf Punkte vergeben. Nach diesem Punktesystem werden die Patienten in solche mit milder (IPSS<8), mittlerer (IPSS=8-19) und schwerer (IPSS=20-35) Symptomatik eingeteilt. Eine Therapie wird in der Regel ab einem Wert von größer 7 und bestehendem Leidensdruck begonnen.

Soweit nicht anders verordnet, gelten 10 Gramm Kürbissamen als mitt­lere Tagesdosis. Sie können gemahlen oder zerkaut mit viel Flüssigkeit jeweils morgens und abends eingenommen werden. Kürbissamen sind gut verträglich, es sind weder Nebenwirkungen oder Gegenanzeigen noch Wechselwirkungen mit anderen Mitteln bekannt.

Samen oder Trockenextrakt

Die Samen sind Bestandteil zahlreicher Mono- und Kombinationspräparate aus der Gruppe der Prostatamittel und Urologika. Ein Trockenextrakt aus Kürbis­samen ist zum Beispiel enthalten in den Fertig-Präparaten Granu Fink® Prosta forte 500 mg Hartkapseln, ­Nomon® mono Kapseln oder Vesiherb® Filmtabletten.

Um eine Wirkung zu erzielen, ist erfahrungsgemäß die Anwendung über Wochen und Monate erforderlich. PTA oder Apotheker sollten Patienten mit Prostatabeschwerden bei der Beratung darauf hinweisen, in regelmäßigen Abständen ihren Arzt aufzusuchen. Präparate mit Kürbissamen bessern zwar oft die Beschwerden einer gutartigen Prostatavergrößerung, aber sie beheben die Vergrößerung selbst nicht. So könnte sich hinter den zunächst nur lästigen Symptomen auch eine ernsthafte Erkrankung wie Prostatakrebs verbergen.

Auch Frauen mit Blasenschwäche oder sogenannter Reizblase können von Kürbiskernen profitieren. Für die lindernde Wirkung bei Beschwerden der Reizblase werden insbesondere das Vitamin E, Linolsäure, Spurenelemente wie Selen und Mangan sowie verschiedene Carotinoide verantwortlich gemacht. Die Inhaltsstoffe sollen die Blasen­muskulatur entspannen und den Blasenschließmuskel kräftigen.

Nicht nur als Medikament, sondern auch prophylaktisch als gesunde Knabberei sind Kürbiskerne zu empfehlen. Es können ruhig zwei bis drei Esslöffel pro Tag sein – als Kürbiskernbrot, auf dem Salat oder als abendlicher Snack. /