Die Zukunft der Heilberufe sichern |
27.02.2017 10:59 Uhr |
Von Sabine Pfeiffer / Zum neunten Mal fand im Februar der Zukunftskongress des Apothekerverbandes Nordrhein statt, wieder einmal im alten Plenarsaal in Bonn. Als Gäste waren auch Vertreterinnen des Bundesverbands pharmazeutisch-technischer AssistentInnen (BVpta) eingeladen, denn die Frage, welchen Weg die öffentlichen Apotheken nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs einschlagen, ist auch für PTA interessant.
Bereits in seiner Begrüßungsrede sprach Verbandsvorsitzender Thomas Preis das EuGH-Urteil an, das die Zukunft der öffentlichen Apotheke so unmittelbar betrifft. Um die bestehenden Strukturen zu erhalten, liegt inzwischen in Berlin der Gesetzentwurf zum Rx-Versandhandelsverbot vor, hauptsächlich erarbeitet vom Bundesgesundheitsministerium. Im Vorfeld hatte sich der Bundesrat für ein solches Verbot ausgesprochen, federführend waren die Ländervertretungen von Bayern und Nordrhein-Westfalen. Preis berichtete auch, dass der Verband zum »Superwahljahr 2017« Wahlprüfsteine formuliert und an die Politik gesandt hat. Zu den Forderungen zählen unter anderem: ein klares Bekenntnis zur Freiberuflichkeit im Gesundheitswesen, die weitere Förderung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS), der Erhalt des Solidarfaktors, also weg von den Selektivverträgen.
Arif Ünal (Bündnis 90/Die Grünen), Peter Preuß (CDU), Thomas Preis, Dr. Stefan Schönberger (FDP) und Michael Scheffler (SPD) (von links)
In ihrem Grußwort betonte Barbara Steffens, Gesundheitsministerin von NRW, die Apotheke vor Ort läge ihr sehr am Herzen und müsse erhalten bleiben. In vielen ländlichen Gebieten sei heute schon aufgrund des Ärztemangels der Apotheker der einzige heilberufliche Ansprechpartner.
Der Versandhandel ist in ihren Augen ein »Pseudo-Zeitgeist«, für sie stünden nach wie vor Qualität und Zuwendung an erster Stelle. Alle Altersgruppen würden die Apotheke aufsuchen, wenn sie schnelle Hilfe brauchten. Die Patienten wollten Zuspruch, die Beratung von Angesicht zu Angesicht und ein Gespräch, das der Arzt aufgrund des Zeitdrucks nicht mehr führen kann. Zum EuGH-Urteil meinte die Ministerin, die Apotheker sollten sich nicht zu sehr auf das auch von ihr unterstützte Gesetz zum Rx-Versandverbot verlassen. Wenn das Gesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet wird, riet sie der ABDA, einen Plan B in der Schublade zu haben.
Als Idee für die flächendeckende Versorgung schlug Steffens vor, als »Außendienstler« der Apotheke vor Ort ähnliche Versorgungsassistentinnen einzusetzen, wie sie schon heute Ärzte entlasten. Als bewährte Konzepte nannte sie AGnES, EVA und Verah. Aus Sicht des BVpta könnten auch weitergebildete PTA diese Aufgabe erfüllen.
Barbara Steffens, Gesundheitsministerin in Nordrhein- Westfalen, liegt die Apotheke vor Ort am Herzen.Fotos: PZ/Müller
In seinem Vortrag mit dem Thema »Zufällig erfolgreich – Warum die Welt nicht berechenbar ist und wie wir das nutzen können« sprach Vince Ebert, Physiker und Kabarettist, manches Nachdenkenswerte aus. Der Mensch sei nach wie vor jedem Computer überlegen. Dieser könne zwar immense Datenmengen (be)-rechnen, menschliche Gehirne könnten hingegen komplexe Zusammenhänge verstehen, Visionen entwickeln und über die Zukunft nachdenken. Doch trotz aller vernünftigen und notwendigen Planungen sei die Zukunft letztlich nicht berechenbar. Zum Schluss appellierte Ebert an die Teilnehmer, sich nicht ausschließlich an der Effizienz zu orientieren. Diese töte jede Vielfalt, stattdessen müssten Flexibilität und Kreativität erhalten bleiben.
In der politischen Diskussion fragte Moderator Ralph Erdenberger die fünf Teilnehmer nach ihrer Einstellung zum EuGH-Urteil vom Oktober 2016. Die Vertreter der NRW-Landestagsregierung betonten, im Gegensatz zu den Bundestagsabgeordneten ihrer Parteien stünden sie voll hinter dem Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums. Alle Vertreter äußerten sich »Pro Apotheke« und möchten die flächendeckende Versorgung im Gesundheitswesen erhalten.
Auch der Fachkräftemangel wurde in der Runde thematisiert. Da die Landesregierung den PTA-Schulen die finanzielle Unterstützung gestrichen hat, fehlt es an potenziellen Interessenten für diesen Beruf, da viele die hohen Ausbildungskosten scheuen. Leider ging kein Diskussionsteilnehmer auf diese Anmerkungen ein. /