Urlaub für Haut und Bronchien |
23.06.2009 22:04 Uhr |
Urlaub für Haut und Bronchien
von Edith Schettler
Die heilende Wirkung des Meerwassers und der positive Einfluss des Sonnenlichts auf Haut und Psyche sind die idealen Voraussetzungen für Badekuren und Urlaube. Schon Cleopatra soll das Salz aus dem Toten Meer für ihre berühmten Baderituale genutzt haben.
Wie gelangt das Salz ins Meer? Flüsse transportieren aus Gestein gelöste Mineralien in die Meere; durch Vulkane und Erdbeben auf dem Meeresboden werden ebenfalls Mineralstoffe aus dem Gestein ins Wasser gespült. Durch die Sonneneinstrahlung verdunstet nur das Wasser, die Salze bleiben im Meer zurück. So erhöht sich im Laufe der Jahrtausende die Salzkonzentration, wenn die Flüsse nicht ständig größere Mengen an Süßwasser nachliefern.
Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt im Toten Meer, das nur über einen einzigen größeren Zufluss verfügt. Sein Salzgehalt ist so hoch, dass der Auftrieb genügt, um die Körper der Badenden an der Oberfläche schwimmen zu lassen.
Das Tote Meer liegt als so genannter Endsee in einer Senke des Jordangrabens und ist der am tiefsten gelegene See der Erde. An die Ufer des Toten Meeres grenzen die Länder Israel, Jordanien und Palästina. Seine Wasseroberfläche liegt aktuell etwa 420 Meter unter dem Meeresspiegel, sein Salzgehalt beträgt durchschnittlich 28 Prozent. Kaum bekannt ist, dass die Salzkonzentrationen des Assalsees in Ostafrika bis zu 35 Prozent und des Kara-Bogas-Gol in Turkmenistan etwa 34 Prozent betragen. Ein Vergleich: Das Mittelmeer enthält nur etwa 3 Prozent gelöste Salze.
Der einzig nennenswerte Zufluss für das Tote Meer ist neben kleineren Flussläufen und unterirdischen Quellen der Jordan, einen Abfluss gibt es nicht. Einen Teil des Wassers holt sich das Meer aus der Luft zurück: Das Salz wirkt hygroskopisch, so dass das verdunstete Wasser wenigstens teilweise wieder gebunden wird.
In den letzten Jahren beobachten Wissenschaftler, dass der Meeresspiegel des Toten Meeres kontinuierlich absinkt, und zwar jährlich um etwa einen Meter mit zunehmendem Tempo. Die Ursache dafür ist der immer größer werdende Bedarf an Wasser für die Industrie und Landwirtschaft sowie für die Privathaushalte vor allem in Israel, aber auch in Jordanien. Strömten in den 1930er-Jahren noch etwa 1300 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr mit dem Jordan in das Meer, sind das heute nur noch 350 Millionen Kubikmeter, also rund ein Viertel der ursprünglichen Menge. So ging in den letzten 40 Jahren bereits ein Drittel der Meeresfläche verloren. Nicht nur die Industrie, die das Salz des Meeres verarbeitet, steht damit vor großen Problemen. Auch der Tourismus wird beeinträchtigt, wenn die Wege vom Ufer zum Wasser immer länger werden.
Ökologische Aspekte
Israel und Jordanien planen deshalb, den See mit Hilfe von Kanälen aus dem Mittelmeer und dem Roten Meer wieder aufzufüllen. Das könnte aber zu neuen Umweltproblemen in anderen Regionen führen. Eine Forschergruppe der Technischen Universität Darmstadt um Shahrazad Abu Gazleh schlägt vor, nicht länger das Trinkwasser aus dem Jordan zu entnehmen, sondern statt dessen entsalztes Mittelmeerwasser zu verwenden, um den Fluss wenigstens teilweise zu entlasten. Mit dem Sinken des Meeresspiegels fällt parallel der Grundwasserspiegel. Das führt ebenfalls zu massiven Problemen für Flora und Fauna. Eine Lösung ist dringend notwendig, denn dem Toten Meer droht sonst der »Tod« – im Jahr 2055 könnte es ausgetrocknet sein. Deshalb ist es das Ziel verschiedener Umweltorganisationen, das Tote Meer von den Vereinten Nationen zum schützenswerten Biosphärenreservat und Weltkulturerbe erklären zu lassen.
Endemische Pflanzen und Tiere
Der Landstrich um das Tote Meer gleicht einer Steinwüste, beheimatet aber trotzdem viele Arten. In den Bergen, Oasen, Sümpfen und Bächen leben 500 verschiedene Pflanzenarten und viele Tiere, zum Beispiel Leoparden, Antilopen und Gänsegeier. Manche von ihnen sind endemisch, das heißt, es gibt sie weltweit nur dort.
Am Jordan und am Seebecken machen jährlich ungefähr 90 verschiedene Zugvogelarten, darunter auch Störche und der Kuckuck, Station auf ihrem Weg von Europa nach Afrika und zurück. Aber trotz seines hohen Salzgehalts beherbergt das Tote Meer etliche Algen, Bakterien und Pflanzen. In seinem Wasser leben an den Salzgehalt angepasste Grünalgen und Halobakterien. Diese anaeroben Urbakterien bauen Schwefel, Salpeter und Cellulose ab. Auch Pflanzen mit großer Salztoleranz, so genannte Halophyten, überleben hier.
Das Salz des Toten Meeres unterscheidet sich in seiner Zusammensetzung wesentlich von dem anderer Meere. Es enthält ungefähr 50 Prozent Magnesiumchlorid, 30 Prozent Natriumchlorid, 15 Prozent Calciumchlorid, 5 Prozent Kaliumchlorid, Magnesiumbromid und verschiedene Spurenelemente. Sulfate wie in den Ozeanen finden sich nur wenige, dafür aber ein höherer Anteil an Bromiden. Abgelagerter Mergel und Ton machen das Wasser außerdem leicht ölig.
Jährlich suchen Hunderttausende Urlauber Erholung am Toten Meer, um gesundheitliche Probleme zu kurieren oder einfach nur den spektakulären Effekt der Schwerelosigkeit im Wasser zu erleben. Doch ungetrübt sind die Badefreuden nicht. Die Ufer rücken immer weiter vom Wasser weg. Das Salzwasser selbst ist auf der Haut reizlos, brennt aber höllisch in Wunden und den Augen. Auch wenn Badende kaum ertrinken können, ist das Baden nicht ungefährlich: Gelangt das extrem hypertone Wasser in die Lunge, kann das tödlich enden.
Für die Region stellen der Tourismus und der Kurbetrieb wichtige Einnahmequellen dar, aber auch ein großes ökologisches Problem. In den letzten Jahrzehnten sind Hotels, Funparks und Restaurants wie Pilze aus dem Boden geschossen. Damit stieg der tägliche Süßwasserbedarf auf etwa 350 Liter pro Gast. Außerdem belasten der erhöhte Energieverbrauch, die Entsorgung von Müll und Abwasser sowie die Ausweitung von Bauland die Natur noch zusätzlich. Aktuell muss die Küste des Toten Meeres Platz für 4000 Touristen täglich verkraften.
Badekuren am Toten Meer sind besonders geeignet für Patienten mit Asthma bronchiale oder mit Hautproblemen wie Neurodermitis oder Psoriasis. Die im Wasser gelösten Mineralien beruhigen die Haut, regulieren ihren Wasserhaushalt, wirken antiallergisch und antiinflammatorisch und auf Grund ihrer hohen Konzentration antimikrobiell.
Heilung für Nerven und Lunge
Bromide finden sich im Wasser und auf Grund der hohen Temperaturen auch Brom als Gas in der Luft über der Wasseroberfläche. Die Badenden inhalieren diese Dämpfe und spüren eine sedierende, entspannende Wirkung auf das Nervensystem. Wasser, Luft und Sonne schaffen zusammen ein spezielles Mikroklima. Wegen der kargen Vegetation enthält die Luft kaum Pollen und ist auf Grund der Lage tief unter dem Meeresspiegel sauerstoffreicher. Asthmatiker und Allergiker können hier im wahrsten Sinne des Wortes aufatmen. Sonnenbaden am Toten Meer ist ungefährlicher als anderswo, denn die Dunstglocke, die ständig über dem Wasser hängt, filtert schädliche Teile des UV-Lichtes heraus. Auch die Ozonschicht ist hier besonders dicht.
Schon die Römer schätzten die gesundheitlichen Aspekte dieses Meeres. Cleopatra war während der ägyptischen Besatzung des Landes angetan von seinen Salzen und ließ sich das exklusive Rechtsichern, Manufakturen zur Verarbeitung des »weißen Goldes« zu errichten.
Heute kann jeder das Salz aus dem Toten Meer für die heimische Badewanne nutzen. Firmen in Israel und Jordanien gewinnen es aus dem Wasser und haben dafür große Deichanlagen und Verdunstungsbecken errichtet. Neben Kali-, Brom- und Magnesiumsalzen für technische Zwecke entsteht in den Salinen auch das beliebte Badesalz. Mehrere Hersteller bieten mittlerweile ganze Kosmetikserien mit Gesichts-, Hand- und Körpercremes, Masken, Duschbädern und Badesalzen für die Hautpflege zu Hause an, so zum Beispiel die Fette Pharma AG mit ihren Dermasel® Produkten. Ein wichtiger Bestandteil der Kuren am Toten Meer lässt sich allerdings nicht exportieren: das einmalige Klima.
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