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Mobbing

Wehret den Anfängen

23.06.2009  10:17 Uhr

Mobbing

Wehret den Anfängen

von Dragan Pavlovic und Michael van den Heuvel

Eine Arbeitskollegin verhält sich Ihnen gegenüber herablassend und zweifelt Ihre Kompetenzen an? Außerdem verbreitet sie hinter Ihrem Rücken Gerüchte über Sie. Wer bemerkt hat, dass er gemobbt wird, sollte schnell und systematisch handeln. Allerdings gilt es, einige Regeln für das Gespräch unter vier Augen zu beachten, damit der Konflikt nicht eskaliert.

Mobbing untergräbt das Selbstvertrauen und lässt die Arbeitsleistung rapide schwinden. Hält dieser Zustand an, entwickeln sich bald psychosomatische Beschwerden, die sich bei längeren Konflikten bis hin zur Arbeitsunfähigkeit steigern können. Jeder kennt die Auswirkungen eines Streits in der Familie oder der Partnerschaft. Allerdings können sich nur wenige vorstellen, was ein schier endloser Konflikt im Beruf bedeutet. Deshalb gilt es, die Psyche zu schützen, sobald das Mobbing in Gang gekommen ist. Betroffene sollten nicht erst reagieren, wenn sie unter Schlafstörungen, Angst oder depressiven Zuständen leiden, sondern rasch handeln.

Der erste Schritt: Der Gemobbte sollte versuchen, den Hintergrund der gegen ihn gerichteten Mobbing-Handlungen aufzudecken und so den Konflikt zu lösen. Das funktioniert in der Regel nur zu Beginn. Je länger Mobbing dauert und je länger der Betroffene bereits unter den Attacken gelitten hat, desto schwerer fällt es erfahrungsgemäß, genug Kraft gegen die Aggression aufzubringen. Auch ist der Ursprung der Auseinandersetzung am Anfang meist eher erkennbar. Dabei helfen konkrete Fragen. Ist die Organisation der Arbeitsabläufe Quelle des Streits? Oder die mangelnde moralische Integrität der Arbeitskolleginnen? Engen hierarchische Fesseln das eigene Handeln ein?

Doch leider scheuen viele Menschen davor zurück, einen bestehenden Konflikt offen anzusprechen. Sie beschweren sich zwar bei den anderen Kollegen, sprechen aber nicht direkt mit der mobbenden Person. Worte sind mächtig und ihre Wirkung nicht zu unterschätzen. Wer also die Handlungen des anderen genau erfasst und seine Beobachtungsgabe schult, kann verbal den nötigen Druck ausüben, um Änderungen zu bewirken. Ein Tipp: Nach Möglichkeit das Vier-Augen-Gespräch suchen und den Konflikt klar benennen. Der Urheber des ausgrenzenden und herablassenden Verhaltens kann so zur Rede gestellt werden.

Gefühle ansprechen

Die Erfahrung zeigt, dass die mobbende Person sich ihrer Handlungen oft nicht wirklich bewusst ist und ganz erstaunt reagiert, wenn sie darauf angesprochen wird. Das geschieht zwar häufig, ist aber keine Entschuldigung. Hier kann die Aussprache dem Gesprächspartner rechtzeitig die Augen öffnen und so eine Verhaltensänderung bewirken.

Noch ein Rat: Immer in der Ich-Form reden und das Gegenüber auffordern, die eigenen Gefühlen zu beschreiben. Dann wird das klärende Gespräch umso erfolgversprechender. Vor allem sollte der Betroffene nach einem ersten Dialog die Verhaltensänderung mit der gleichen Vehemenz einfordern, wie der andere sein ausgrenzendes Verhalten fortführt. Bei Konflikten gilt die Regel, dass Mobbing erst dann seine zerstörerische Wirkung entfaltet, wenn die gemobbte Person jedes Unrecht ohne Widerworte erduldet. Und unfaires Verhalten wird für den Aggressor selbst schnell unangenehm, wenn es beständig erkannt und verbalisiert wird.

Außerdem sollte der Betroffene deutlich sagen, welche Verhaltensänderung er sich wünscht. Einige Beispiele: 

  • »Mich trifft es sehr, wenn Sie mich vor Kunden kritisieren. Bitte wenden Sie sich bei Unklarheiten diskret an mich.«
  • »Ich empfinde es als ausgrenzend, wenn Sie mir wichtige Informationen vorenthalten. Ich möchte künftig von Ihnen ausführlich informiert werden.«
  • »Ihre Art, mich anzusprechen, ist verletzend. Ich wünsche mir von Ihnen ein kollegiales und konstruktives Verhalten.«

Auch wenn die mobbende Person alles abstreitet, gibt es einen Ratschlag für die Gemobbten: Sie sollten hartnäckig bleiben und mitteilen, dass die beleidigenden Worte oder ausgrenzenden Handlungen Sie stark getroffen haben. Niemand sollte sich einreden lassen, er hätte eine Fehlwahrnehmung. Stattdessen gilt es, klar zu machen, dass man sich nicht für dumm verkaufen lässt, und die eigenen Forderung zur Verhaltensänderung mit Nachdruck zu wiederholen.

Schlagfertigkeit lässt sich üben

Zugegeben: Leicht fallen die Ratschläge sicher niemandem. Die Fertigkeit, falsches Verhalten zu erkennen und unmissverständlich zur Sprache zu bringen, widerspricht auch häufig dem Wesen der angegriffenen Person. Daran zu arbeiten ist der beste Beitrag, um gegen Mobbing am Arbeitsplatz aktiv vorzugehen.

Buch-Empfehlung

Mobbing: Wenn der Job zur Hölle wird
Seelische Gewalt am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehrt
von Marie-France Hirigoyen

Die Autorin nimmt in dem Praxisleitfaden die Situation am Arbeitsplatz schonungslos unter die Lupe und geht auf die Ursachen beziehungsweise gesundheitlichen Folgen der Opfer ein. Sie zeigt Betroffenen zahlreiche Hilfestellungen und Lösungen auf, wie sie seelischer Gewaltanwendung im Arbeitsleben begegnen können. Ein weiterer Pluspunkt: Das Buch gibt einen Überblick über die Rechtssituation in Deutschland. 

Taschenbuch, dtv-Verlag; ISBN-13: 978-3423341233; 6,50 Euro.
Interessenten können das Buch beim Govi-Verlag Tel. 06196 928257, per Fax 06196 928259, E-Mail: service(at)govi.de oder unter www.govi.de bestellen.

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