Im Dienst der Pharma-Industrie |
19.04.2013 14:39 Uhr |
Von Annette van Gessel / Nach vielen Jahren Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke arbeitet PTA Andrea Veuskens jetzt als Außendienstmitarbeiterin für Avenda, eine Tochtergesellschaft des Berliner Pharmaunternehmens Dr. Kade. Im Interview schildert sie, warum sie »die Seiten gewechselt hat« und wie ihr Berufsalltag heute aussieht.
PTA-Forum: Warum haben Sie sich ursprünglich für den Berufsweg PTA entschieden? Und wie lange haben Sie in der Apotheke gearbeitet?
Veuskens: Der Umgang mit Medikamenten und Gesundheitsthemen hat mich schon immer interessiert. Deshalb habe ich mich nach meinem Schulabschluss 1985 für die Ausbildung zur PTA entschieden. Am meisten Spaß macht mir die Beratung. Das war vom ersten Augenblick an die Hauptmotivation für mich, diesen Berufsweg einzuschlagen. Nach meinem PTA-Examen habe ich 17 Jahre in einer Apotheke gearbeitet. In dieser Zeit war es mir immer besonders wichtig, die Kunden umfassend und vor allem glaubwürdig zu beraten.
PTA-Forum: Und wie kamen Sie dann auf die Idee, in die Pharmaindustrie zu wechseln?
Veuskens: Was das Wissen um die verschiedenen Arzneimittel angeht, bleibt man in der Apotheke stets ein Generalist. Als Mitarbeiterin eines pharmazeutischen Herstellers beschränke ich mich zwar auf wenige Fachgebiete, dafür kann ich mein Fachwissen umso mehr vertiefen – und das gefällt mir. Als Spezialistin für die Bereiche Gynäkologie und Proktologie habe ich mir mittlerweile ein umfangreiches Know-how angeeignet. Das ermöglicht es mir, mit Apothekern oder auch Ärzten auf Augenhöhe zu sprechen. Außerdem bin ich ein Mensch, der Abwechslung liebt und gern selbstständig arbeitet. Von daher kommt mir der neue Berufsalltag als Außendienstmitarbeiterin sehr entgegen. Und schließlich liegt mein jetziger beruflicher Schwerpunkt weiterhin in der Beratung.
PTA-Forum: Wie sieht Ihr Berufsalltag aus?
Veuskens: Eigentlich spreche ich den ganzen Tag über Tabuthemen – denn Dr. Kade vertreibt in der Apotheke hauptsächlich Präparate gegen Hämorrhoidalleiden und Vaginalmykosen. Meine Aufgabe ist es, die Apothekenteams in diesen Indikationsbereichen intensiv zu schulen. Dabei muss ich nicht nur entsprechendes Fachwissen rund um das Produkt vermitteln, sondern auch einen gewissen Mehrwert anbieten. Das können zum Beispiel Tipps für ein vertrauensvolles Beratungsgespräch sein. Den meisten Betroffenen ist es unangenehm, über ihre Probleme zu sprechen. Oft finden sie erst nach jahrlangen Beschwerden den Weg in die Apotheke. In diesem Fall sind zwei Dinge besonders wichtig: PTA oder Apotheker müssen kompetent und einfühlsam mit den Themen umgehen und dann aus einer breiten Produktpalette die individuell beste Therapie für den Patienten auswählen. Für meine Termine in den Apotheken plane ich deshalb immer ein wenig mehr Zeit ein. Denn oft ergeben sich aus den Gesprächen weitere Fragen, die ich nicht unbeantwortet lassen will.
PTA-Forum: Welches zusätzliche Wissen benötigen Sie für Ihre jetzige Tätigkeit?
Veuskens: Natürlich werden auch die Themen Gynäkologie und Proktologie im Rahmen der PTA-Ausbildung angeschnitten. Aber für meine jetzige Tätigkeit benötige ich viel grundlegenderes Wissen in diesen Indikationsbereichen. Ich muss die verschiedenen Krankheitsbilder voneinander abgrenzen können, dann natürlich die Inhaltsstoffe der einzelnen Präparate kennen, deren Verarbeitung und Wirkung sowie ihre korrekte Anwendung. Darüber hinaus muss ich Hilfestellungen geben können, die es für ein gutes und vertrauensvolles Beratungsgespräch zu berücksichtigen gilt. Deshalb werden die Außendienstmitarbeiter intensiv geschult, bevor sie ihren offiziellen Dienst in der Apotheke antreten.
PTA-Forum: Was ist nach Ihrer Meinung der größte Unterschied zur Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke?
Veuskens: Zu den klassischen Aufgaben der PTA in einer öffentlichen Apotheke gehören zum Beispiel die Beschaffung von Informationen sowie die Beratung von Patienten zur ordnungsgemäßen Anwendung und Aufbewahrung von Arzneimitteln und apothekenüblichen Waren. Daran hat sich für mich zunächst nichts geändert. Der große Unterschied ist aber, dass ich jetzt auf der anderen Seite stehe. Das heißt, ich informiere und berate nicht mehr Patienten, sondern PTA und Apotheker – also sozusagen auch ehemalige Kollegen. Dass ich mit der Prüfung und Herstellung von Arzneimitteln und Hilfsstoffen sowie deren Preisberechnung vertraut bin und die für eine Apotheke wichtigsten Rechtsvorschriften kenne, kommt mir dabei zugute.
PTA-Forum: Was macht Ihnen aktuell die meiste Freude?
Veuskens: Als PTA weiß ich genau, welchen Mehrwert die Apotheke von einem pharmazeutischen Unternehmen erwartet. Und genau an diesem Punkt kann ich mit unseren Service- und Beratungsangeboten ansetzen. Da ich selbst von den Produkten, die ich vorstelle, begeistert bin, fällt es mir leicht, auch meine Kunden davon zu überzeugen. Und letztlich verlässt der Patient am Ende gut beraten und versorgt die Apotheke – das gibt mir ein gutes Gefühl.
PTA-Forum: Was empfinden Sie als besondere Herausforderung?
Veuskens: Der Spagat zwischen beratender wissenschaftlicher Tätigkeit und dem Verkauf – das war anfangs wirklich neu für mich und eine echte Herausforderung. Das wiederum macht meine Tätigkeit aber auch so interessant. Außerdem finde ich es hoch spannend, am Aufbau und Erfolg einer neuen Vertriebsgesellschaft beteiligt sein zu können, denn Avenda wurde erst am 1. Oktober 2012 für den Vertrieb der OTC-Produkte von Dr. Kade gegründet.
PTA-Forum: Welche Eigenschaften oder Interessen sollte eine PTA haben, wenn sie eine ähnliche Tätigkeit aufnehmen möchte wie Sie?
Veuskens: Zu den Aufgaben eines Apotheken-Außendienstmitarbeiters gehören selbstverständlich nicht nur regelmäßige Schulungen. Doch neben dem Fachwissen zählen auch eine Reihe Softskills zu den erforderlichen Eigenschaften: In erster Linie sollte die PTA kommunikativ und kontaktfreudig sein. Fingerspitzengefühl, Einfühlungsvermögen und Verhandlungsgeschick sind ebenso wichtig wie Selbstsicherheit, Präsentationstalent und Wissensdurst.
PTA-Forum: Würden Sie sich noch einmal für den PTA-Beruf entscheiden, wenn Sie vor der Wahl stünden?
Veuskens: Ja, denn ohne diesen beruflichen Hintergrund hätte ich niemals den Quereinstieg in den Vertrieb eines pharmazeutischen Unternehmens geschafft. /