Mehr Wahlfreiheit für Familien |
10.03.2015 11:14 Uhr |
Von Anna Hohle / Damit mehr Eltern sich die Kinderbetreuung teilen und vor allem Frauen nach der Geburt schneller wieder in den Beruf einsteigen, hat der Bundestag im vergangenen Jahr eine Reform des Elterngelds beschlossen. Sie soll es frischgebackenen Mütter und Vätern leichter machen, ohne finanzielle Einbußen in Teilzeit zu arbeiten.
Im ersten Jahr nach der Geburt wieder in den Beruf einsteigen – das hat sich in Deutschland bislang vor allem für Mütter nur selten gelohnt. Grund sind die strengen Regeln beim sogenannten Elterngeld, das Mütter oder Väter erhalten, wenn das Kind acht Wochen alt ist. Es schließt direkt an den Mutterschutz an. Elternteile, die auch nach dem Mutterschutz im Beruf pausieren und sich stattdessen um das Kind kümmern, erhalten dafür jeden Monat zwischen 60 und 100 Prozent ihres bisherigen Einkommens vom Staat.
Mehr Flexibilität: Mit dem neuen Elterngeld Plus sollen sich vor allem mehr Väter entscheiden, beruflich kürzerzutreten, um Zeit mit ihrem Nachwuchs zu verbringen.
Foto: Shutterstock/Mila Supinskaya
Mütter und Väter bekommen das Elterngeld bisher insgesamt 12 Monate und können diese Monate beliebig untereinander aufteilen oder auch gleichzeitig nehmen. Wenn nicht nur ein Elternteil das Elterngeld wahrnimmt, sondern auch der andere für mindestens zwei Monate gar nicht oder in Teilzeit arbeitet, gibt es einen Bonus von zwei Monaten Elterngeld zusätzlich. Dennoch läuft es in Deutschland bislang meist auf den Klassiker hinaus: Mama bleibt ein Jahr lang zu Hause, Papa zwei Monate oder überhaupt nicht.
Dabei ist immer wieder davon die Rede, wie sehr sowohl die Frauen selbst als auch Unternehmen davon profitieren, wenn eine Mutter schnell wieder in den Beruf einsteigt. Viele Frauen würden nach einigen Monaten Pause auch gerne wieder arbeiten – am liebsten in Teilzeit. Bislang wird ein früher Wiedereinstieg jedoch finanziell abgestraft. Denn das Geld, welches der betroffene Elternteil in dieser Zeit verdient, wird ihm vom Elterngeld abgezogen: eine finanzielle Bremse vor allem für Mütter.
Um diese Ungleichheit abzuschaffen, hat der Bundestag im November 2014 das Elterngeld Plus und den sogenannten Partnerschaftsbonus eingeführt. Beide können ab diesem Sommer von Eltern wahrgenommen werden, deren Kinder nach dem 1. Juli 2015 geboren werden.
Kein Ersatz
Was ist nun genau das neue Elterngeld Plus? Ersetzt es das bisherige Eltergeld? Nein, beide Modelle gelten nebeneinander. Wer die gesamten 12 beziehungsweise 14 Monate bei seinem Kind bleiben und nicht arbeiten will, kann das also nach wie vor tun. Allerdings werden Eltern, die früh wieder in den Beruf einsteigen, nun nicht länger finanziell benachteiligt. Sie können sich ab dem Moment des Wiedereinstiegs für das Elterngeld Plus entscheiden. Das bedeutet, sie erhalten ab dann zwar nur noch rund die Hälfte des normalen Elterngelds, da sie ja wieder Geld in ihrem Beruf verdienen. Dafür bekommen sie das halbe Elterngeld nun aber doppelt so lange, also maximal 28 statt bislang 14 Monate lang. Insgesamt erhalten Nutzer des neuen Elterngeld Plus also nicht mehr Geld, sondern können sich dieselbe Summe einfach über einen längeren Zeitraum aufteilen. So wird der frühe berufliche Wiedereinstieg nicht mehr länger finanziell bestraft.
Geteilte Betreuung
Und noch eine weitere Neuerung gilt ab Juli: Der sogenannte Partnerschaftsbonus. Er soll Eltern dazu animieren, eben nicht nach dem klassischen Modell »Mama bleibt zuhause, Papa arbeitet Vollzeit« vorzugehen, sondern sich die Kinderbetreuung zu teilen. Denn bislang rechnet es sich für Paare finanziell nicht, wenn beide beruflich kürzertreten und beispielsweise gleichzeitig Elterngeld beantragen. Da insgesamt nur höchstens 14 Monate Elterngeld zu vergeben sind, wären diese im schlimmsten Fall nach sieben Monaten aufgebraucht.
Dieser Nachteil fällt ab Juli weg. Wenn ein Elternteil künftig ab dem 15. Lebensmonat des Kindes Elterngeld Plus bezieht, also Teilzeit arbeitet, profitiert die junge Familie davon, wenn auch der zweite Elternteil in Teilzeit geht. Arbeiten beide Eltern dann zwischen 25 und 30 Stunden wöchentlich, bekommen sie das Elterngeld noch einmal vier Monate länger. Damit Alleinerziehende nicht benachteiligt werden, können auch sie diese vier Zusatzmonate bekommen, wenn sie 25 bis 30 Stunden arbeiten.
Neues bei der Elternzeit
Eine weitere Neuerung betrifft ab Juli das Thema Elternzeit. Als Elternzeit wird eine vom Gesetzgeber festgeschriebene Zeit bezeichnet, in der Eltern das Recht haben, beruflich kürzerzutreten oder ganz aus dem Job auszusteigen, ohne dass sie dadurch berufliche Nachteile befürchten müssen. Sie dürfen in dieser Zeit etwa nicht gekündigt werden. Die Elternzeit schließt an den Mutterschutz an. Wer sie wahrnimmt, erhält wie beschrieben eine gewisse Zeit lang Elterngeld oder Elterngeld Plus.
Die Elternzeit endet jedoch nicht mit dem Auslaufen des Elterngeldes. Schon jetzt können Mütter und Väter noch länger bei ihrem Kind bleiben: jedes Elternteil maximal drei Jahre. Allerdings müssen sie nach Ablauf des Elterngelds finanziell kürzertreten, da sie in dieser Zeit ja kein Einkommen erhalten.
Bislang ist geregelt, dass Mutter und Vater 12 Monate der gesamten Elternzeit auf Wunsch auch später, das heißt zwischen dem dritten und achten Lebensjahr des Kindes, nehmen können. Allerdings musste der Arbeitgeber einer solchen späten Elternzeit bisher zustimmen. Ab Juli ist diese Zustimmung nicht mehr nötig. Lediglich in Ausnahmefällen können Arbeitgeber jetzt noch ein Veto einlegen. Auch wird der Zeitraum der möglichen späten Elternzeit verdoppelt. Jedes Elternteil kann dann insgesamt bis zu 24 seiner 36 Monate Elternzeit zwischen dem dritten und achten Lebensjahr des Kindes nehmen.
All diese Neuerungen wurden laut Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) eingeführt, um Eltern in ihrem Wunsch zu unterstützen, »früh in eine partnerschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf hineinzufinden«. Das Elterngeld Plus solle Müttern und Vätern Mut machen, ihre Vorstellungen umzusetzen, so Schwesig. Tatsächlich hatte eine Umfrage des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung 2013 ergeben, dass die traditionelle Rollenverteilung bei der Kinderbetreuung zumindest unter jüngeren Deutschen überholt ist. 90 Prozent der jungen Erwachsenen gaben damals an, beide Elternteile sollten sich um die Kinder kümmern. 66 Prozent fanden es wichtig, dass auch Mütter erwerbstätig sind, um ökonomisch unabhängig zu sein. Und immerhin 64 Prozent der jungen Männer sagten, Väter sollten für ihre Kinder beruflich kürzertreten.
Varianten vergleichen
Sind Elterngeld Plus und Partnerschaftsbonus nun eine Lösung für diese neue Generation von Eltern? Zumindest fallen mit der Neuregelung einige Nachteile weg, die den frühen beruflichen Wiedereinstieg und die gemeinsame Betreuung der Kinder bislang erschwert haben. Dennoch zahlen sich beispielsweise die vier Zusatzmonate des Partnerschaftsbonus nicht für jedes Paar finanziell aus. Das gilt insbesondere, wenn die Partner bislang Einkommen in sehr unterschiedlicher Höhe hatten. Bevor Eltern sich also für das bisherige Elterngeld, Elterngeld Plus oder den Partnerschaftsbonus entscheiden, lohnt es sich, alle Varianten gemeinsam mit dem Berater in der zuständigen Elterngeldstelle durchzurechnen. Wobei der Vorteil, Zeit mit seinem Kind zu verbringen, sich mitunter natürlich nicht in Geld aufwiegen lässt. /
Die Höhe des Elterngeldes richtet sich nach dem durchschnittlichen Nettoeinkommen, das der betreuende Elternteil in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes bekommen hat. Bei einem Voreinkommen zwischen 1000 und 1200 Euro beträgt das Elterngeld 67 Prozent des Einkommens, bei 1220 Euro 66 Prozent und bei 1240 Euro und mehr 65 Prozent. Bei einem Voreinkommen unter 1000 Euro steigt das Elterngeld schrittweise auf bis zu 100 Prozent. Je niedriger das Nettoeinkommen vor der Geburt, desto mehr ersetzt das Elterngeld. Es beträgt mindestens 300 und höchstens 1800 Euro monatlich.
Mit dem Elterngeldrechner lässt sich die Höhe des Elterngelds schnell berechnen: www.familien-wegweiser.de/Elterngeldrechner