GroKo steht zum Versandverbot |
16.03.2018 14:34 Uhr |
Von Stephanie Schersch und Elke Wolf / Jetzt ist es ganz offiziell: Union und SPD wollen sich dafür einsetzen, den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. So steht es im Koalitionsvertrag, den die Parteispitzen am vergangenen Montag unterzeichnet haben. Beschlossene Sache ist das Verbot damit aber noch nicht.
Mit dem Vorhaben reagiert die Große Koalition auf das umstrittene Urteil, mit dem der Europäische Gerichtshof ausländische Versandapotheken im Herbst 2016 aus der deutschen Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente entlassen hat. Seit Monaten streiten die Parteien über den Umgang mit dieser Situation, doch passiert ist bislang nichts. So war auch die SPD bis zuletzt strikt gegen ein Rx-Versandhandelsverbot gewesen. Erst kurz vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen hatte die Partei schließlich eingewilligt, das Verbot und den Kurs der Unionsparteien in diesem Punkt zu unterstützen. Damit zieht die Große Koalition bei diesem Thema nun erstmals an einem Strang.
Koalitionsvertrag mit Rx-Versandverbot: Olaf Scholz (SPD), Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) präsentieren das unterzeichnete Papier.
Foto: dpa
In trockenen Tüchern ist das Versandverbot jedoch noch lange nicht. Kritiker führen europarechtliche Bedenken gegen das Vorhaben ins Feld. Zudem dürften die ausländischen Versender juristisch dagegen vorgehen, ein geplantes Gesetz sei verfassungsrechtlich angreifbar. Bei der ABDA ist man indes zuversichtlich, dass man die Rückführung des Rx-Versandhandels auf das europarechtliche Maß verfassungsrechtlich beim Bundesgesundheitsministerium sauber hinbekommen kann. Der neue Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) muss daher zunächst große Steine aus dem Weg räumen, wenn er den Rx-Versandhandel verbieten will.
CSU-Chef Horst Seehofer sprach bei der Unterzeichnung des Vertrags von einer »Koalition für die kleinen Leute«. Er könne sich nicht daran erinnern, dass es jemals zuvor einen Koalitionsvertrag gegeben habe, »der die soziale Dimension in dieser Breite abbildet«. Seehofer verwies damit auch auf die geplanten Verbesserungen in der Pflege. Hier sollen unter anderem 8000 neue Stellen entstehen. Darüber hinaus versprechen die Parteien mehr Unterstützung für die Gesundheitsfachberufe. In deren Ausbildung soll künftig das Schulgeld wegfallen. Profitieren dürften davon auch Pharmazeutisch-technische Assistenten, die heute oftmals einen erheblichen Teil ihrer Ausbildung selbst zahlen müssen.
Welche Vorhaben der neue Gesundheitsminister ganz oben auf seine Agenda setzen und zuerst in Angriff nehmen wird, bleibt abzuwarten. Die Arzneimittelversorgung wird jedoch kein Schwerpunkt der gesundheitspolitischen Prioritäten von Spahn sein, prognostizierte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt bei der Delegiertenversammlung der Landesapothekerkammer Hessen. Es seien eher die Pflege und die ärztliche Versorgung/Ärztemangel, mit denen sich Spahn auseinandersetzen müsse. Dennoch müssen die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags abgearbeitet werden. Zudem »ist das »Fenster für aktive Politik relativ klein«, wenn man bedenkt, wie viel Zeit seit der Bundestagswahl bereits vergangen ist und dass der nächste Wahlkampf relativ früh beginnen wird. Dass sowohl das Gesundheits- als auch das Wirtschaftsministerium in CDU-Hand sind, bezeichnete Schmidt als günstige Konstellation. »Das macht es leichter, koordiniert zu arbeiten.« /
Gastkommentar: Zeit für den Aufbruch – auch für PTA!
Dieser Monat hat für uns PTA gleich zwei wichtige Ereignisse gebracht. Zum einen wird unser Beruf, der mit dem Gesetz über den Beruf des PTA am 18. März 1968 aus der Taufe gehoben wurde, 50 Jahre alt; zum anderen hat die Mitgliederbefragung der SPD grünes Licht für die Fortsetzung der Großen Koalition gegeben. Mit der Wahl Angela Merkels am 14. März gilt für die neue Bundesregierung der Koalitionsvertrag, der eine der Kernforderungen des BVpta aufgegriffen hat. Bald wird es für die jungen Menschen, die unseren Beruf erlernen wollen, kein Schulgeld mehr geben. Damit wird endlich der Anachronismus beseitigt, dass die akademische Ausbildung zum Apotheker kostenfrei ist, die PTA aber für ihre schulische Ausbildung tief in die eigene Tasche greifen müssen.
Nun wird es definitiv auch Zeit für weitere Veränderungen. Der PTA- Beruf hat sich zwar in den 50 Jahren seines Bestehens radikal weiterentwickelt, das PTA-Gesetz und die Ausbildungsverordnung sind dem aber nicht gefolgt. Unsere KollegInnen sind es, die die Hauptlast der Arzneimittelabgaben inklusive Beratung in den Apotheken schultern. Ohne PTA wäre die ordnungsgemäße und flächendeckende Arzneimittelversorgung über Apotheken schon lange zusammengebrochen. Dennoch gibt es immer weniger Berufsanfänger. Und das liegt unter anderem daran, dass unsere Ausbildung – anders als in den meisten europäischen Ländern – nicht drei, sondern nur zweieinhalb Jahre dauert. Die europäische Freizügigkeit, also die Arbeit in allen Ländern der EU, ist für uns damit immer noch sehr erschwert.
Wer wieder mehr PTA will, muss den Beruf attraktiver machen. Mit dem Wegfall des Schulgeldes wird ein erster Schritt getan. Jetzt müssen die weiteren folgen. Wir brauchen die schnelle Novellierung der für uns gültigen Gesetze und Verordnungen. Die neue Bundesregierung ist angetreten, um unser Land zu modernisieren. Sie will den Aufbruch und sie will mehr Gerechtigkeit in Deutschland schaffen. Genau das wollen auch wir PTA – und das werden wir massiv einfordern!
Sabine Pfeiffer
Bundesvorsitzende des BVpta