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Beratung bei Atemwegserkrankungen

Glucocorticoide korrekt inhaliert

25.07.2007  08:28 Uhr

Beratung bei Atemwegserkrankungen

Glucocorticoide korrekt inhaliert

Birgit Carl und Anna Laven, Aachen

Glucocorticoide haben sich als Therapeutika bei Asthma und COPD bewährt. Grundsätzlich können die Arzneisubstanzen oral oder inhalativ verabreicht werden. Bei Atemwegserkrankungen überwiegt allerdings die inhalative Therapie, denn sie hat den Vorteil, dass das Glucocorticoid gezielt in die Lunge gelangt. So werden unerwünschte Wirkungen weitestgehend verhindert.

Derzeit stehen dem Arzt fünf verschiedene Glucocorticosteroide zur inhalativen Therapie des Asthma bronchiale zur Verfügung: Beclometasondipropionat und Budesonid, Fluticasonpropionat, Mometasonfuorat und der neue Wirkstoff Ciclesonid. Für alle fünf Arzneistoffe sind unerwünschte systemische Wirkungen beschrieben worden: Die Arzneisubstanzen unterdrücken die Funktion der Nebennierenrinden, die Knochenmineraldichte nimmt ab, bei Kindern verzögern sie das Wachstum. Außerdem besteht die Gefahr der Kataraktbildung und des Glaukoms. Diese unerwünschten Nebenwirkungen treten jedoch erst nach längerer, hoch dosierter Anwendung auf. Dann muss der behandelnde Arzt den Patienten regelmäßig auf die genannten Nebenwirkungen hin untersuchen.  Auch PTA oder Apotheker können in diesen Fällen einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie den Asthma-Patienten an die regelmäßige Untersuchung beim Augenarzt erinnern und ihm ein Calcium- und Vitamin-D-Präparat empfehlen, das für eine Mineralisierung der Knochen sorgt.

Mit Spacer inhalieren

Insbesondere die inhalativen Glucocorticosteroide (ICS) wirken nur ausreichend, wenn die Anwendung korrekt erfolgt. Wie bei allen inhalativen Arzneiformen gelangt nur ein Teil des Wirkstoffs tatsächlich in die Lunge, meist ist es weniger als die Hälfte. Je nach Applikationsgerät und -form erreichen nur 15 bis maximal 60 Prozent die Lunge. Der große Rest verbleibt im Mund und im Rachenraum. Deshalb ist es besonders wichtig, bei jeder Inhalation mit einem Cortison-haltigen Dosieraerosol einen großvolumigen Spacer (ab 350 ml Volumen) zu benutzen. In diesem bleibt ein großer Teil der nicht lungengängigen Wirkstoffpartikel zurück und gelangt somit erst gar nicht in den Mund-Rachen-Raum.

Gleichzeitig erhöht der Spacer deutlich die Menge Wirkstoff, die die Lunge erreicht, da Koordinationsprobleme bei der Inhalation umgangen werden. Hier sollten PTA oder Apotheker bei der Verordnung eines Dosieraerosols den Patienten fragen: »Wie kommen Sie mit Ihrem Spacer klar? Das ist dieses große Zwischenstück zwischen dem Dosieraerosol und Ihrem Mund.« Benutzt der Patient keinen Spacer, kann der Arzt ein Gerät verordnen. Antwortet der Patient allerdings »Ich trage doch tagsüber nicht immer so ein großes Teil mit herum«, sollte die PTA genau nachfragen, da Corticoide meist nur morgens oder morgens und abends, also zu Hause appliziert werden. Für unterwegs eignen sich kurzwirksame Beta-2-Sympatomimetika wie Salbutamol. Möglicherweise hat der Patient beide Präparate verwechselt.

Zähneputzen und trinken

Egal ob Pulverinhalator, Inhaliergerät oder Dosieraerosol, nach jeder Anwendung eines Cortisons empfiehlt es sich, die Zähne zu putzen, den Mund auszuspülen oder kurz zu gurgeln. Am besten spuckt der Patient die Gurgelflüssigkeit aus und entfernt so das restliche Cortison aus dem Mund. Um auch die Reste zu entfernen, die aufgrund des Würgereflexes beim Gurgeln nicht erreichbar sind, sollte der Patient noch etwas trinken oder essen.

Durch die gute Hygiene des Mund-Rachen-Raums lassen sich nicht nur systemische Wirkungen, sondern auch lokale, unerwünschte Wirkungen vermindern oder vermeiden. Da alle Glucocorticoide immunsuppressiv wirken, können Arzneimittelreste im Mund und Rachenraum zu Soor führen. Die Betroffenen klagen dann über unangenehme, schmerzhafte, weißliche Beläge. In diesem Fall ist eine Behandlung mit Nystatin erforderlich.

An den Stimmbändern können Glucocorticoide Heiserkeit verursachen. Sollten bei bereits bestehender Heiserkeit alle genannten Vorsichtsmaßnahmen, das Spülen des Mund-Rachen-Raums, die Benutzung eines Spacers, Essen und Trinken die Beschwerden nicht lindern, kann ein Wechsel des Wirkstoffs oder der Applikationsform Abhilfe schaffen.

In den Köpfen vieler Patienten hat sich die Angst vor Cortison durch zahlreiche Veröffentlichungen in der Laienpresse festgesetzt. Gemäß der Leitlinien gehören Glucocorticoide sowohl bei Asthma ab Stufe zwei als auch bei COPD zur Standardtherapie. Wovor sich der Patient genau fürchtet, können PTA oder Apotheker auch meist durch Fragen nicht klären. Doch nur wenn der Patient vom Nutzen der Cortisonbehandlung überzeugt ist, wird er die Therapie konsequent durchführen. Deshalb ist es wichtig, dass jeder im Apothekenteam seine eigene Einstellung zum Thema Cortison überprüft.

Vorurteile abbauen

Hat der Beratende selbst Vorurteile, merkt der Patient dies. Ein Rat für den Apothekenalltag: Benutzen Sie positive Formulierungen, beispielsweise »Prima, dass der Arzt Ihnen dieses Medikament verordnet hat. Damit wird die Entzündung in den Atemwegen zurückgehen und Sie bekommen wieder deutlich besser Luft.«

Beim Überreichen eines Cortison-haltigen Präparates hat es sich bewährt, das Arzneimittel mit folgenden Worten und einem wohlwollendem Nicken abzugeben: »Und dies ist Ihr entzündungshemmendes Cortison zur Dauertherapie.« Dabei bitte genau auf die Reaktion des Kunden achten. Nickt der Kunde auch, ist alles in Ordnung. Schaut er irritiert oder fragend, sollten PTA oder Apotheker in die Beratung einsteigen. Stellt ein Patient, der grundsätzliche Vorbehalte gegenüber Cortison hat, bei einer Erstverordnung erst zu Hause fest, dass der Arzt ihm ein Cortison-haltiges Medikament verordnet hat, so können weder Apotheker noch Arzt korrigierend eingreifen. Deshalb sollten PTA und Apotheker jede Gelegenheit nutzen, um die Compliance des Patienten zu fördern.

Geduld gefordert

Glucocorticoide in der Asthmatherapie gehören zu den so genannten Controlern, also den Langzeitmedikamenten, die bei Asthma ab Stufe zwei als Entzündungshemmer eingesetzt werden. Dies bedeutet, dass die Patienten das Cortison auch in beschwerdefreien Zeiten weiter anwenden müssen. Setzt ein Patient sein Arzneimittel unerlaubt ab, bemerkt er den Effekt nicht sofort. Es dauert einige Zeit, bis sich die Entzündung wieder voll entfaltet. Umgekehrt müssen sich Patienten zu Beginn der Therapie bis zu zehn Tage gedulden, bis die maximale Entzündungshemmung erreicht ist.

Für Patienten, die mehrere Arzneimittel inhalieren müssen, ist es hilfreich, Bedarfs- und Dauermedikation unterschiedlich, zum Beispiel mit einem Aufkleber, zu kennzeichnen. Beclometason, Budesonid, Fluticason werden morgens und abends angewendet, Mometason wird ein- oder zweimal täglich appliziert, Ciclesonid einmal täglich. Manche Patienten müssen auch zwei oder mehrere Hübe unmittelbar hintereinander inhalieren. Dann hilft der Hinweis: »Atmen Sie nach der ersten Inhalation fünf- bis zehnmal ganz normal ein und aus. Dann können Sie weiter inhalieren.«

Beratungstrio Budesonid Pulverinhalator

1. Inhalieren Sie zweimal täglich je 1 Sprühstoß ein. Spülen Sie den Mund aus und essen oder trinken Sie etwas nach der Inhalation.

2. Demonstration der richtigen Anwendung mit folgenden Schwerpunkten

  • Schütteln: »Schütteln Sie den Inhalator vor jeder Anwendung kräftig, sodass der Wirkstoff gut verteilt ist und Sie genau die richtige Menge inhalieren.«
  • Koordination Einatmen/Sprühen: »Nachdem Sie die Kappe nach vorne gezogen und dann nach hinten bis zum Einrasten geschoben haben, atmen Sie aus. Umschließen Sie jetzt das Mundstück fest mit Ihren Lippen und atmen Sie kräftig und so schnell wie möglich ein. So lösen Sie den Sprühstoß aus. Jetzt ganz wichtig: weiter einatmen, auch wenn Sie kleine Teilchen im Mund spüren oder es sich kälter anfühlt.«
  • Ausatmen: »Halten Sie jetzt die Luft zehn Sekunden an und atmen Sie dann langsam durch die Nase oder mit Lippenbremse durch den Mund aus. Ganz wichtig: nicht in den Inhalator ausatmen.«

3. Aufbewahrung: »Verschließen Sie den Inhalator nach jeder Anwendung. Dazu ziehen Sie die Kappe nach vorne und lassen dann das Ganze einrasten. Beim richtigen Verschließen hören Sie ein deutliches Klicken. Lagern Sie ihn trocken.«  

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info(at)lavenseminare.de