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Epilepsie

Blitze im Gehirn

24.06.2011  13:46 Uhr

Von Maria Pues / Epilepsie ist eine Erkrankung mit vielen Ausprägungen. Das Spektrum reicht von harmlos bis lebensbedrohlich. Über das Krankheitsbild halten sich hartnäckig zahlreiche Irrtümer.

Ohne jede Vorwarnung – wie von einem unsichtbaren Blitz getroffen – spannt sich der ganze Körper des jungen Mannes. Er schreit kurz auf, dann reißt es ihm die Beine weg, und er fällt zu Boden. Schaum tritt vor seinen Mund, und er verdreht die Augen. Sein ganzer Körper zuckt, der Mann schlägt um sich. Anwesende stürzen sich auf den Krampfenden, halten seine Arme und Beine fest und versuchen, ihm etwas zwischen die Zähne zu schieben.

Der kleine Filmausschnitt enthält gleich mehrere Fehler. Der erste: Die Szene zeigt einen sogenannten Grand-mal-Anfall oder generalisierten tonisch-klonischen Anfall. Sicher prägt diese Anfallsart das Bild, das sich Laien von der Epilepsie machen. Dabei ist das Spektrum der Ausprägungen und Symptome so vielfältig wie bei kaum einer anderen Erkrankung. Selbst Fachleuten fällt es schwer, die Vielzahl der Epilepsie- und Anfallsformen so zu systematisieren, dass die Einteilung die Praxis exakt abbildet. Die korrekte Zuordnung der individuellen Symptomatik ist außerdem entscheidend für die Therapie, denn Antikonvulsiva beugen oft nur bestimmten Anfallsarten vor.

Häufig falsche Reaktionen

Der zweite Fehler der Filmszene: Die Umstehenden, in diesem Fall medizinisches »Fachpersonal«, handeln falsch. US-ame­rikanische und kanadische Forscher ha­- ben sich im Rahmen einer Studie mehr als 300 Folgen bestimmter Fernsehserien mit medizinischem Inhalt wie »Dr. House« oder »Grey’s Anatomy« angeschaut und die Darstellung epileptischer Anfälle analysiert. In 59 Folgen wurde ein epileptischer Anfall dargestellt. In knapp der Hälfte der Fälle handelte das Krankenhauspersonal falsch. Zudem sei der Einsatz eines Arztes häufig gar nicht notwendig gewesen, kritisieren die Wissenschaftler. Sie bedauern die vertane Chance: Gerade Fernsehserien könnten zeigen, wie sich Helfende bei einem epileptischen Anfall korrekt verhalten und dem Betroffenen am besten helfen würden. Die richtigen Maßnahmen beschreibt der Kasten »Sinnvolle Hilfe«. Wenn Angehörige und Freunde von Betroffenen möglichst frühzeitig darauf hingewiesen werden, profitieren sie selbst und der Epileptiker davon. Statt hilflos und falsch zu reagieren, können sie dann schnell etwas Sinnvolles tun.

Immer wieder sind Betroffene nicht nur mit falschen Hilfsangeboten, sondern auch mit vielen Irrtümern und Vorurteilen konfrontiert (siehe Kasten »Die häufigsten Irrtümer«). Was aber steckt nun hinter der geheimnisvollen Krankheit, die einige Betroffene so abrupt niederstreckt? Wer erkrankt überhaupt und warum? Welche Symptome sind typisch und welche können zusätzlich auftreten? Und nicht zuletzt: Welche Arzneimittel helfen?

Die häufigsten Irrtümer

  • Wer einen epileptischen Anfall hatte, ist Epileptiker. – Falsch! Bestimmte spontane, unprovozierte Anfälle und/oder Veränderungen im EEG müssen vorliegen.
  • Epileptiker sind behindert. – Falsch! Häufig fühlen sich Epileptiker eher durch ihre Umwelt als durch ihre Erkrankung behindert.
  • Epileptiker ist man seit der Geburt und bleibt es sein Leben lang. – Falsch! Praktisch jeder kann im Laufe seines Lebens an Epilepsie erkranken, und manchmal hört sie von selbst wieder auf.
  • Epilepsie ist eine Erbkrankheit. – Falsch! 90 Prozent der Epileptiker hat keine familiäre Vorgeschichte.
  • Epilepsie ist eine seltene Erkrankung. – Falsch! Rund 1 Prozent der Bevölkerung leidet an einer der Formen der Epilepsie. Und rund 10 Prozent erleiden in ihrem Leben mindesten einen epileptischen Anfall.
  • Epilepsie ist eine Geisteskrankheit. – Auch falsch!

Den verschiedenen epileptischen Anfällen liegen fehlgeleitete oder fehlerhaft synchronisierte elektrische Entladungen an bestimmten Synapsen im Gehirn zugrunde, die sich häufig über weitere Areale ausbreiten. An welchen Stellen des Gehirns sie stattfinden, bestimmt darüber, in welcher Weise sich ein epileptischer Anfall äußert. Verschiedene Ionenkanäle und Neurotransmitter spielen dabei eine Rolle und bieten Ansatzpunkte für die medikamentöse Therapie.

Grand- oder Petit-mal-Anfälle

Vereinfacht lassen sich epileptische Anfälle in primär und sekundär generalisierte Anfälle einteilen. An primär generalisierten Anfällen sind von Anfang an beide Hälften des Gehirns beteiligt. Sekundär generalisierte Anfälle beginnen an einem bestimmten »Herd« in einer Gehirnhälfte. Nicht alle fokalen (örtlich begrenzten) Anfälle weiten sich zu generalisierten Anfällen aus. Bei einer anderen Art der Unterteilung wird zwischen großen und kleinen Anfällen unterschieden, auch Grand mal und Petit mal genannt.

Ein wichtiges Kriterium ist weiterhin, ob die Anfälle mit einer Bewusstseinsstörung oder mit motorischen Besonderheiten einhergehen oder ob die Psyche mitbetroffen ist. Das klingt zunächst recht übersichtlich. Doch die Diagnose wird nicht nur durch allerlei Übergangsformen kompliziert, sondern auch durch zahlreiche Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen Erkrankungen. So sehen manche fokale Anfälle einer Migräne mit Aura zum Verwechseln ähnlich: Zum Beispiel wird den Patienten übel, und sie sehen Lichtblitze, haben jedoch meist keine Kopfschmerzen. Oft ist das detektivische Gespür des Facharztes gefragt, um die Diagnose exakt zu stellen.

Der primär generalisierte Grand-mal-Anfall gehört eher zu den selteneren Erscheinungsformen. Häufiger sind fokale Anfälle: Viele davon registrieren die Betroffen gar nicht als solche. Plötzlich nehmen sie einen seltsamen Geruch wahr oder ein merkwürdiges Geräusch, Blitze oder andere Lichteffekte, einen kurzen Krampf in einem Arm oder das Kribbeln einer Hand. Nach wenigen Sekunden ist die Missempfindung vorbei. Wenn entsprechende Hirn­areale betroffen sind, kann das Bewusstsein einen Moment aussetzen. Dieses Phänomen registrieren oft eher die Menschen der Umgebung als der Betroffene selbst. Ein kurzes »Weggetretensein« beurteilen Gesprächspartner dann als mehr oder weniger absichtliche Unachtsamkeit. Die Betroffenen merken häufig zunächst selbst nicht, dass ihnen »ein Stück« Gespräch, Film oder Handlung »fehlt«.

Vielzahl möglicher Auslöser

Warum ein Anfall zu einem bestimmten Zeitpunkt auftritt, ist Wissenschaftlern noch immer unklar. Allerdings scheinen fast immer exogene oder endogene Ereignisse vorauszugehen. So können zum Beispiel schwere Infektionskrankheiten (auch durch EHEC), Vergiftungen, Sauerstoffmangel, Computerspiele mit heftigen und plötzlichen Lichtwechseln, ein rascher Fieberanstieg oder Blutzuckerabfall (Hypoglykämie), Schlafentzug und Alkoholexzesse die Blitze im Gehirn auslösen. In anderen Fällen lässt sich eine frühere oder sogar perinatale Schädigung des Gehirns als Auslöser feststellen. Aber ganz oft kann der Arzt die direkte Ursache nicht aufspüren.

Sinnvolle Hilfe bei einem Grand-mal-Anfall

  • Ruhe bewahren. Neugierige Gaffer wegschicken!
  • Kurzer Blick auf die Uhr und Anfalls- beginn merken.
  • Weder auf den Betroffenen einreden, noch ihn festhalten oder ihm etwas zwischen die Zähne schieben.
  • Wenn nötig, den Betroffenen am Oberkörper aus einer Gefahrenzone ziehen, nicht an Armen oder Beinen.
  • Gefährdende Gegenstände aus der Umgebung oder aus den Händen des Betroffenen entfernen, eventuell Brille abnehmen.
  • Bei Älteren Zahnprothese entfernen.
  • Nach dem Krampf Betroffenen in die stabile Seitenlage bringen; auf freie Atemwege achten (Speichel oder Erbrochenes)
  • Kleidung lockern, Kissen oder gefaltete Decke unter den Kopf legen.
  • Arzt rufen, wenn mehrere Anfälle aufeinander folgen oder der Anfall länger als 10 Minuten dauert.
  • Beim Betroffenen bleiben, bis der Anfall vorüber ist.
  • Betroffenen nicht wecken oder versuchen, ihm »auf die Beine« zu helfen; nichts zu trinken geben.
  • Wenn der Betroffene wieder bei Bewusstsein ist: Hilfe anbieten, zum Beispiel für den Heimweg; fragen, ob man Freunde oder Angehörige anrufen soll.

Bei manchen Patienten liegt auch eine genetische Disposition, eine Veranlagung, vor. Für junge Frauen und Männer mit Epilepsie und Kinderwunsch wichtig zu wissen: Es handelt sich in den meisten Fällen nicht um eine Erbkrankheit. Allenfalls die erhöhte Empfindlichkeit für neuronale Fehlfunktionen ist genetisch bedingt, eine Epilepsie muss daraus aber nicht zwangsläufig folgen. Und: Auch die medikamentöse Therapie ist nur in seltenen Fällen ein Hinderungsgrund für eine Schwangerschaft. Nur sollten die Betroffenen ihren Arzt mit einbeziehen, wenn sie ihren Kinderwunsch realisieren möchten.

Noch ein häufiger Irrtum: Nicht jeder, der einen epileptischen Anfall erleidet, ist automatisch an Epilepsie erkrankt. Es gilt daher immer, zwischen einem epileptischen Anfall und der Erkrankung Epilepsie zu unterscheiden. Von Epilepsie sprechen Mediziner erst, wenn zwei Anfälle im Abstand von mindestens 24 Stunden auftreten, ohne dass zum jeweiligen Zeitpunkt ein Auslöser erkennbar ist.

Keineswegs selten

Die Epilepsie gehört keineswegs zu den seltenen Erkrankungen, wie viele vermuten. Rund 0,5 bis 1 Prozent der Weltbevölkerung leidet an Epilepsie. Und schätzungsweise rund 10 Prozent werden im Laufe ihres Lebens mindestens einen epileptischen Anfall haben. Diese Wahrscheinlichkeit verteilt sich jedoch nicht gleichmäßig über alle Altersgruppen. Die sogenannte Inzidenz, die Zahl der Neu­erkrankungen in einem bestimmten Zeitraum bezogen auf einen Bevölkerungsteil, ist in jüngeren Jahren erhöht, sinkt bei den 30- bis 50-Jährigen ab und steigt dann wieder steil an. Zur Erklärung dieses Phänomens ist es wichtig zu wissen, dass die verschiedenen Altersgruppen aus ganz unterschiedlichen Gründen einen epileptischen Anfall erleiden und dieser sich außerdem ganz anders äußert.

So zeigen sich Epilepsien bei jüngeren Patienten eher als sogenannte Absencen, die zu den generalisierten oder zu den Petit-mal-Anfällen gezählt werden. Die betroffenen Kinder und Jugendlichen wirken kurzzeitig »wie weggetreten«. Manche Kleinkinder haben außerdem wiederholt epileptische Fieberkrämpfe. Diese Krämpfe gehören nicht zu den »echten« Epilepsien, und die wenigsten Kinder mit Fieberkrämpfen entwickeln später eine solche! Die Fieberkrämpfe werden vermutlich nicht durch die Höhe des Fiebers ausgelöst, sondern vor allem durch die Geschwindigkeit seines Anstiegs und durch Entzündungsreaktionen. Um zu verhindern, dass die Temperatur des Kindes zu schnell steigt, sollten die Eltern ihrem Kind mit Neigung zu Fieberkrämpfen recht­zeitig Wadenwickel machen oder fiebersenkende Arzneimittel geben. Wenn der Krampf bereits eingesetzt hat, nützen Fieberzäpfchen nicht mehr. Nun helfen Diazepam Rectiolen rasch und effektiv. Wichtig: Weil das Kind nach einem Fieberkrampf häufig recht durcheinander ist, sollte Mutter, Vater oder eine andere Bezugsperson bei ihm bleiben, um es nötigenfalls zu beruhigen.

Erkrankungen ausschließen

Auch Senioren können Krämpfe erleiden. Dann sind die Auslöser aber meist andere, zum Beispiel Durchblutungsstörungen des Gehirns, degenerative Erkrankungen und Schlaganfälle. Bei Menschen im mittleren Lebensalter erhöht sich die Empfindlichkeit für neuronale Entgleisungen vor allem durch ein Übermaß an Alkohol (oder plötzliche Abstinenz) sowie Schlafmangel. Auch wenn solche Krampfanfälle wiederholt auftreten, bedeutet das nicht automatisch die Diagnose Epilepsie. Allerdings sollten sich die Betroffenen von einem Facharzt untersuchen lassen. Dieser kann außerdem weitere Erkrankungen ausschließen, beispielsweise einen Hirntumor, der die beschriebenen Fehlfunktionen verursachen könnte.

Die stärkste Ausprägung der Epilepsie ist der generalisierte tonisch-klonische Anfall, auch Grand-mal-Anfall genannt. Er beginnt mit der tonischen Phase: Der Betroffene verliert das Bewusstsein, stürzt, kann sich dabei schwer verletzen, sein Körper wird steif, und seine Pupillen weiten sich. Jetzt besteht die Gefahr, dass sich der Krampfende auf die Zunge beißt und sich an Gegenständen in seiner Nähe verletzt. Sekunden bis Minuten danach folgt die klonische Phase mit groben Zuckungen. Manche nässen in dieser Phase ein. Bei einigen Betroffenen setzt die Atmung aus, und die Haut färbt sich blau (Zyanose). In der Nachphase kehren Bewusstsein und Atmung wieder, der Betroffene fühlt sich erschöpft, manchmal auch erregt. Treten diese Stadien mehrmals hintereinander auf, muss der Notarzt gerufen werden. Beim Status epilepticus erlangt der Patient sein volles Bewusstsein nicht wieder und fällt ins Koma.

Medikamentöse Anfallsprophylaxe

Arzneimittel können die Anfallshäufigkeit verringern. Der Therapie muss allerdings die genaue Diagnose der Epilepsie- und Anfallsart vorausgehen. Heilbar ist Epilepsie nicht. Patienten spüren das zuweilen allzu deutlich bei »Selbstversuchen«: Lassen sie die Tabletten einmal absichtlich weg, kommen die Anfälle schnell zurück. Die Patienten brauchen viel Geduld, denn der Weg bis zum passenden Arzneimittel ist oft lang und schwierig. Der Arzt muss nicht nur den am besten geeignete Arzneistoff finden, sondern auch die individuelle Dosierung. Dabei verfolgt er zwei Ziele: Zum einen soll das Arzneimittel möglichst viele Anfälle vermeiden helfen, zum anderen nicht zu viele Nebenwirkungen verursachen. Auch diese sind häufig dosisabhängig. Daher werden Antikonvulsiva einschleichend dosiert. Und umgekehrt: Das Absetzen des Medikaments muss ausschleichend erfolgen, um keine Anfälle bis hin zum gefürchteten Status epilepticus zu provozieren.

Je nach Art der Anfälle und Begleiterscheinungen wählt der Arzt das geeignete Antikonvulsivum. Gegen primär generalisierte Anfälle wie Absencen oder tonisch-klonische Grand-mal-Anfälle verordnen Ärzte häufig Valproinsäure (wie Ergenyl® oder Orfiril®), Lamotrigin (wie Lamictal®) oder Topiramat (wie Topamax®).

Vorsicht bei Substitution

Das richtige Arzneimittel in der individuell passenden Dosierung zu finden, macht die Therapie der Epilepsie für den Arzt und auch für den Patienten zu einem schwierigen Weg. Ein Austausch des Antiepileptikums könnte den Therapieerfolg infrage stellen. Daher sehen Experten die Substitution in der Gruppe der Anti­epileptika kritisch. Nimmt die Anfallshäufigkeit zu, weil der Patient aufgrund von Rabattverträgen ein anderes Medikament erhielt, sei es nicht damit getan, ihm wieder sein »altes« Medikament zu geben. Laut Leitlinie der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) e.V. aus dem Jahr 2002 zählen zu den Arzneimittel- gruppen, bei denen eine Substitution kritisch sein kann, außer den Antiepileptika unter anderen die Antiasthma­tika, Antidepressiva, Antidiabetika, herzwirksame Glykoside und Neuroleptika.

Für Pa­tienten mit fokalen Anfällen oder sekundär generalisierten Anfällen eignen sich Carbamazepin (wie Tegretal® oder Timonil®) aus der Gruppe der älteren Substanzen oder Levetiracetam (wie Keppra®), Lamo­trigin, Topiramat sowie Oxcarbazepin (wie Timox®) und Gabapentin (wie Neurontin®). Als ältere Substanzen stehen außerdem Phenytoin (wie Phenhydan® oder Zentropil®), Phenobarbital (wie Luminal®) oder Primidon (wie Liskantin® oder Mylepsinum®) zur Verfügung. Mangels Wirksamkeit verhindern manche allerdings keine primär generalisierten Anfälle. Einige neuere Wirkstoffe wie Felbamat (Taloxa®), Lacosamid (Vimpat®), Tiagabin (Gabitril®) und Vigabatrin (Sabril®) dürfen Ärzte nur im Rahmen von Kombinationstherapien oder bei Patienten mit speziellen Epilepsieformen verordnen.

Viele machen müde

Die Liste der möglichen Nebenwirkungen der genannten Arzneisubstanzen ist lang. Dass sie zu zentralnervösen Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, Doppelbildern oder zu unsicherem Gang führen können, verwundert nicht. Auch Gewichtszunahmen, zum Beispiel durch Carbamazepin, Gabapentin oder Valproinsäure, sind bekannt. Bei der Behandlung mit Topiramat verlieren manche Patienten an Gewicht, was bei Übergewicht durchaus gewünscht ist. Während der Therapie mit Carbamazepin oder Oxcarbazepin kann es zu einer Hyponatriämie kommen. Dies wirkt sich vor allem bei älteren Patienten nachteilig aus und kann Demenzsymptome vortäuschen oder verstärken. Insbesondere stellen sich Probleme ein, wenn die Patienten zusätzlich Arzneimittel einnehmen, die auch den Natriumspiegel senken, wenn sie zu wenig trinken oder sich kochsalzarm ernähren. Nehmen die Patienten Phenytoin ein, müssen sie ihre Zähne besonders gründlich pflegen und regelmäßig den Zahnarzt aufsuchen, da der Arzneistoff zu Zahnfleischwucherungen führen kann.

Auch die Zahl der Wechselwirkungen von Antikonvulsiva mit anderen Arzneimitteln ist so umfangreich, dass eine vollständige Liste den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. So senkt beispielsweise die »Pille« die Blutspiegel von Lamotrigin (bei Monotherapie) so stark, dass die Zahl epileptischer Anfälle wieder steigen kann. Außerdem beeinflusst die Pille auch die Wirkung von Valproinsäure sowie Topiramat in Dosierungen von bis zu 200 mg pro Tag. Nimmt die Patientin Topiramat in einer Dosis über 200 mg pro Tag oder auch Carbamazepin, schwächen diese Substanzen die Wirkung der Pille ab und erhöhen das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft.

Für die Therapie von Bedeutung sind auch die Interaktionen zwischen Antibiotika und Antikonvulsiva. So kann Doxycyclin die Wirkung von Carbamazepin abschwächen, Erythromycin sie hingegen erhöhen ebenso wie die von Valproinsäure.

Besondere Vorsicht ist im Umgang mit Alkohol geboten, da auch hier mit Wechselwirkungen gerechnet werden muss. Diese lassen sich auch nicht vermeiden, indem die Patienten zwischendurch »Feiertage« einlegen und das Antikonvulsivum einfach weglassen. Darüber hinaus reagieren manche Menschen mit einer Neigung zu Epilepsie empfindlich auf das »Gläschen in Ehren« oder einen unregelmäßigen Schlafrhythmus, auch wenn sie keine Arzneimittel einnehmen. Nicht nur für diese Gruppe, sondern für alle Epileptiker ist es wichtig, auf die Stimme des eigenen Körpers zu hören. /

E-Mail-Adresse der Verfasserin

maria.pues(at)t-online.de