Schutz beginnt beim Haustier |
24.06.2011 13:41 Uhr |
Von Regina Thomas / Kaum jemand kann widerstehen, einen jungen Hund zu streicheln oder mit einer Katze zu schmusen. Allerdings erhöht das enge Zusammenleben mit Haustieren auch das Risiko, sich mit einer Zoonose zu infizieren. Diese Gefahr lässt sich durch Hygiene und den konsequenten Schutz der Vierbeiner vor Parasiten minimieren.
Als mit Abstand häufigste Todesursache weltweit nennt die Weltgesundheitsorganisation auch im Jahr 2010 die Infektionskrankheiten. Bei den meisten dieser Erkrankungen handelt es sich um Zoonosen (siehe Kasten). Die Erreger dieser Infektionserkrankungen werden von Tieren auf Menschen übertragen. Darunter fallen Tollwut, SARS und Vogelgrippe, aber auch die Toxoplasmose und Echinokokkose.
Zoonosen haben in den letzten Jahren stark zugenommen und zählen inzwischen zu den sogenannten »emerging diseases«. Ihr Anteil unter den Infektionskrankheiten liegt inzwischen bei 75 Prozent. Spektakuläre Beispiele für derartige »emerging diseases« aus neuerer Zeit sind die durch das SARS-Coronavirus ausgelöste Epidemie von 2003, die sich innerhalb weniger Wochen über 29 Länder ausbreitete, oder die durch das H5N1-Virus verursachte Vogelgrippe, die 1997 in Ostasien erstmals auf den Menschen übertragen wurde; bei Vögeln ist das Virus seit etwa 2005 praktisch weltweit zu finden.
Beim Spielen und Herumtollen auf einer Blumenwiese kann sich der Hund mit dem Fuchsbandwurm infizieren und in der Folge möglicherweise auch das Mädchen anstecken.
Fotos: Bayer Vital GmbH
Die wachsende Bedeutung der Zoonosen beeinflusst auch die aktuelle Forschung: Mit zunehmenden Intensität und Vernetzung arbeiten Wissenschaftler auf diesem Gebiet. So wurde in Deutschland 2009 eine Nationale Forschungsplattform für Zoonosen gebildet. Jedes Jahr findet in Berlin ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes »National Symposium on Zoonoses Research« statt. Wie Teilnehmer des Symposiums im Jahr 2010 betonten, entstehen neue »emerging diseases« nicht nur in Asien oder Afrika. »Bezeichnenderweise lauern die Gefahren nicht so sehr im Kontakt mit den in der Regel gut veterinärmedizinisch kontrollierten Nutztierbeständen, als vielmehr in der engen, oft emotionalen Beziehung mit unseren Stubengenossen – Hunden, Katzen, Goldhamstern, Wellensittichen …«, berichtete ein Autor im Biotechnologie und Life Sciences Portal (BIOPRO) Baden-Württemberg GmbH am 14. Oktober 2010. Er verweist auf die Untersuchung von 40 000 Kotproben von Hauskatzen in Deutschland. In etwa 0,2 Prozent der Proben wurde Toxoplasma gondii, der Erreger der Toxoplasmose nachgewiesen und vollständig gentypisiert. In drei Fällen fanden die Wissenschaftler neuartige atypische Genotypen. Nach ihrer Interpretation haben diese drei Katzen gewissermaßen als Mischreaktor für die Parasiten gedient. Die rund 7,8 Millionen Katzen in Deutschland könnten so zukünftig für manches Problem sorgen.
Toxoplasmose
Die Toxoplasmose ist die häufigste parasitäre Zoonose in der Europäischen Union, das bestätigt auch der jüngste »EU summary report on trends and sources of zoonoses and zoonotic agents and food-borne outbreaks 2009«. Im selben Jahr wurden den Behörden 1262 Fälle gemeldet. Nach Expertenschätzungen sind 50 bis 80 Prozent aller Europäer mit Toxoplasmen infiziert. Meist verläuft die Infektion ganz ohne oder nur mit leichten grippeartigen Symptomen. Einziger Hinweis auf eine durchgemachte Infektion sind dann Antikörper im Blut, die für eine lebenslange Immunität sorgen. Gefährlich sind Toxoplasmen für Frauen, die sich im ersten Drittel ihrer Schwangerschaft erstmalig infizieren. In diesen Fällen kann die Infektion einen Hydrozephalus (Wasserkopf) beim ungeborenen Kind oder eine Fehlgeburt verursachen; auch sind Spätfolgen beim Kind mit Entwicklungsstörungen, vor allem Augenproblemen, möglich.
Laut Definition der WHO aus dem Jahr 1958 sind Zoonosen Krankheiten und Infektionen, die auf natürliche Weise zwischen Menschen und Wirbeltieren übertragen werden. Sie werden nach der Infektionsrichtung eingeteilt in:
Alternativ werden Zoonosen nach der Art der Erreger unterschieden:
Weiterführende Informationen finden Interessierte bei der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen unter www.zoonosen.net. Zur Ein- führung in das komplexe Thema Zoonosen eignen sich auch die Bayer-Fernkolleg-Kurse. Weitere Informationen finden Interessierte unter www.tiergesundheit.bay-as.de
Toxoplasma gondii ist ein einzelliger Erreger und lebt im Dünndarm von Katzen. Der Parasit produziert bestimmte Entwicklungsstadien (Oozysten), die die Katze mit dem Kot ausscheidet. Die Oozysten bleiben in feuchter Erde bis zu zwei Jahre infektiös. Rinder, Schweine und Mäuse infizieren sich, wenn sie mit Toxoplasmen-Oozysten kontaminiertes Futter fressen. Die Parasiten bilden vor allem in der Muskulatur, aber zum Teil auch im Gehirn dieser Tiere Zysten. Der Kreislauf schließt sich, wenn eine Katze zystenhaltiges rohes Fleisch oder eine infizierte Maus frisst: Nur im Darm von Katzen entwickeln sich aus den Zysten wieder vermehrungsfähige Toxoplasmen.
Menschen können sich auf zwei Wegen mit Toxoplasmen infizieren, entweder indem sie Oozysten versehentlich verschlucken, beispielsweise bei Kontakt mit kontaminierter Erde während der Gartenarbeit oder beim Reinigen der Katzentoilette. Die zweite Infektionsquelle ist ungenügend erhitztes, zystenhaltiges Fleisch wie Tartar oder Steak. Wer sich vor der Infektion wirksam schützen möchte, sollte die Katzentoilette täglich reinigen, bei der Gartenarbeit Handschuhe tragen und nur ausreichend gegartes Fleisch essen.
Echinokokkose
In Europa verursachen zwei verschiedene Bandwurmarten Echinokokkose: der dreigliedrige Hundebandwurm Echinococcus granulosus löst die zystische Echinokokkose aus, und der Fuchsbandwurm Echinococcus multilocularis die alveoläre Echinokokkose. Insgesamt wurden 2009 in der EU 790 Echinokokkose-Fälle gemeldet, davon in Deutschland 106. Darunter gab es wiederum 24 Infektionen durch den Fuchsbandwurm.
Fuchsbandwürmer leben bevorzugt im Darm von Füchsen, können aber auch Hunde und Katzen infizieren. Die Eier dieses Bandwurms gelangen mit dem Kot in die Umwelt. Kleinsäuger wie Mäuse nehmen diese mit der Nahrung auf. In der Leber der Maus entwickeln sie sich zu infektiösen Finnenstadien. Der Entwicklungskreislauf schließt sich, wenn ein Fuchs eine solche Maus frisst. Aber auch Hund oder Katze infizieren sich nach einer solchen Mahlzeit.
Fuchsbandwurmeier sind gegenüber Umwelteinflüssen sehr resistent. Sie können in feuchter Erde monatelang überleben und werden außer durch den Fuchs durch Insekten, Wind und Regen im Wald und in der näheren Umgebung des Waldes leicht verbreitet. Da Füchse sich immer häufiger auch in Großstädten aufhalten, wurden die Bandwurmeier mittlerweile sogar in Wohngebieten nachgewiesen.
Der Fuchsbandwurm, oben einzeln unter dem Elektronenmikroskop, gräbt sich tief in die Darmwand ein.
Der Mensch kann sich mit Fuchsbandwurmeiern über ungewaschene, kontaminierte Beeren aus dem Wald oder Gemüse aus dem eigenen Garten infizieren oder auch durch mit Eiern infizierten Hundkot.
Während Füchse, Hunde und Katzen selbst bei starkem Befall meist keine Krankheitssymptome zeigen, endet die Echinokokkose bei Menschen oft tödlich. Da im Durchschnitt nach der Infektion 10 bis 15 Jahre bis zu den ersten Krankheitssymptomen vergehen, wachsen während dieser Zeit Fuchsbandwurmzysten in der Leber und zerstören deren Gewebe. Nach anfänglichem Unwohlsein und Oberbauchschmerzen erkranken die Betroffenen später an Gelbsucht, die der erste Hinweis auf das drohende Leberversagen ist.
Auch vor Echinokokkose gibt es Schutzmöglichkeiten: Jagen Hunde oder Katzen in Regionen, in denen auch Füchse leben, und fressen sie dort Kleinsäuger wie Mäuse oder Kaninchen, sollten die Tiere zusätzlich zu den regelmäßigen vierteljährlichen Wurmkuren alle vier Wochen ein Bandwurmmittel wie Droncit® erhalten. Menschen können sich schützen, indem sie Obst, Gemüse oder Waldfrüchte grundsätzlich vor dem Verzehr sehr gründlich waschen. /
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.