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Erkältung bei Kindern

Dauerstress für kleine Nasen

23.03.2015  10:53 Uhr

Von Annette Immel-Sehr / Nicht nur in der kalten Jahreszeit, auch im wechselhaften Frühlingswetter ist niemand vor einem grippalen Infekt gefeit. Kleinkinder sind besonders anfällig: Sie kämpfen etwa sechs- bis zehnmal im Jahr mit Schnupfen und Husten.

Kinder sind deswegen häufiger erkältet als Erwachsene, weil ihr Immunsystem noch nicht ausreichend trainiert ist. Es muss erst eine Abwehrstrategie gegen die mehr als 200 erkältungsrelevanten Viren-Stämme entwickeln. Meist sind es Rhino- oder Coronaviren, die per Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen werden.

Erkältungen sind eigentlich harmlose Erkrankungen, die von selbst wieder verschwinden. Doch häufig leiden die Betroffenen erheblich unter den Beschwerden, vor allem Babys und Kleinkinder. Da keine ursäch­liche Therapie gegen die Viren zur Verfügung steht, werden nur die Symp­tome behandelt – also typischerweise Schnupfen, Halsschmerzen, Husten, Fieber und Kopfschmerzen. Kombinationspräparate sind allerdings für Kinder nicht empfehlenswert. Daher sollten PTA oder Apotheker den Eltern raten, gezielt die dominierenden Beschwerden zu behandeln.

Die erste und wichtigste Therapiemaßnahme gibt es allerdings nicht in der Apotheke: Ruhe und Schlaf. Warm eingepackt auf dem Sofa oder im Bett kann der kleine Patient am schnellsten von einer Erkältung genesen. Nach Rennen und Toben ist ihm meist sowieso nicht zu Mute. Will das Kind allerdings nicht im Bett liegen, sondern lieber im Zimmer spielen, ist das auch in Ordnung, sofern es dabei seine Ruhe hat.

Wieder gut durchatmen

Das häufigste Erkältungssymptom ist der Schnupfen, weil sich die Viren auf der Nasenschleimhaut niedergelassen haben und dort zu einer Entzündung und Schwellung führen. In der Folge produziert die Nasenschleimhaut ein wässriges, nach einigen Tagen zunehmend zähes Sekret – die Nase läuft beziehungsweise ist verstopft. Standardmittel gegen Schnupfen sind Nasentropfen oder -sprays mit einem α-Sympathomimetikum wie Xylometazolin oder Oxymetazolin. Insbesondere Dosiersprays eignen sich für die Anwendung bei Kindern, da sie exakter zu dosieren sind. Größere Kinder können die Sprays auch schon selbst unter Aufsicht anwenden. Die Arzneistoffe bewirken das Abschwellen der Nasenschleimhäute und erleichtern so das Durchatmen. Die Präparate stehen in unterschiedlichen Konzentrationen zur Verfügung. PTA und Apotheker müssen immer nach dem Alter des erkrankten Kindes fragen, um das passende Präparat auswählen zu können. Bei Überdosierung kann der Wirkstoff in den Blutkreislauf gelangen, die Atmung beeinträchtigen und bis hin zur Bewusstlosigkeit führen. Wie bei Erwachsenen ist auch die Anwendung abschwellender Nasentropfen bei Kindern auf fünf bis sieben Tage beschränkt.

Alternativ können PTA und Apotheker Kochsalz- oder Meerwasserlösungen zur Befeuchtung der Nasenschleimhaut empfehlen. Diese Präparate eignen sich auch für einen längeren Zeitraum. Zugesetzte Hyaluronsäure sorgt für eine länger anhaltende Befeuchtung, Dexpanthenol fördert die Wundheilung.

Manche Kinder neigen bei Schnupfen auch zu Ohrenschmerzen. Mittel der Wahl sind dann Paracetamol gegen die Schmerzen sowie ein α-Sympathomimetikum als Nasenspray oder -tropfen. Dieses schwellt die Schleimhaut in der Nase und der Ohrtrompete ab, sodass das Sekret in der Paukenhöhle besser abfließen kann. Die Entlastung mindert den Schmerz. Bei Kindern unter zwei Jahren sollten die Eltern Ohrenschmerzen allerdings nicht selbst behandeln, sondern grundsätzlich den Kinderarzt aufsuchen. Bei älteren Kindern ist ein Arztbesuch nur dann erforderlich, wenn nach zwei bis drei Tagen keine Besserung erkennbar ist oder wenn zu den typischen Erkältungssymptomen Erbrechen oder sehr hohes Fieber hinzukommen. Schwillt die Ohrmuschel an, könnte eine Mittelohrentzündung vorliegen. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin hat ihre Leitlinie zur Therapie von Ohrenschmerzen aktualisiert.

Neue Leitlinie

Die Leitlinie »Ohrenschmerzen« der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin ist zu finden unter www.awmf.org,

Kurzlink: http://tinyurl.com/n5kbfm6

Wenn die Wangen glühen

Gerade Kinder reagieren auf Infek­tionen häufig mit Fieber. Als natürliche Abwehrreaktion des Körpers gegen die Krankheitserreger muss Fieber nicht grundsätzlich gesenkt werden. Viele Kinderärzte empfehlen die Gabe von fiebersenkenden Mitteln erst ab einer Temperatur von 39 °C. Für Kinder geeignet sind Paracetamol und Ibuprofen. Während Paracetamol als Zäpfchen verabreicht wird, steht Ibuprofen für Kinder als Saft zur Verfügung. Die starke fiebersenkende Wirkung des Paracetamols beruht vor allem auf einer Hemmung des Enzyms Cyclooxygenase-3 (COX-3) im Gehirn. Dadurch wird die Bildung von Prostaglandinen gedrosselt, die an der Entstehung von Fieber und Schmerz beteiligt sind. Ibuprofen lindert Schmerzen und senkt Fieber, weil es das Enzym Cyclooxygenase-2 (COX-2) vor allem außerhalb des Zentralen Nervensystems hemmt. Paracet­amol und Ibuprofen senken nicht nur das Fieber, sondern lindern auch Kopf- und Halsschmerzen, sodass sich das Kind insgesamt besser fühlt.

Eltern sollten darauf achten, dass das fiebernde Kind viel trinkt, da der Körper durch das Fieber und die beschleunigte Atmung Wasser verliert. Da viele kranke Kinder nicht trinken wollen, müssen sich Eltern manchmal Einiges einfallen lassen, um ihr Kind zum Trinken zu überreden. Wenn das Fieber trotz Behandlung nicht sinkt, sollten Eltern einen Kinderarzt zu Rate ziehen.

Manche Kinder bekommen bei schnell ansteigendem Fieber einen sogenannten Fieberkrampf: Sie sind nicht mehr ansprechbar, zucken und krampfen an Armen und Beinen und verdrehen mitunter die Augen. In der Regel sind Fieberkrämpfe innerhalb von ein paar Minuten wieder vorbei. Auch wenn sie äußerst dramatisch wirken, sind sie normalerweise nicht gefährlich und Folgeschäden nicht zu befürchten. Dauert ein Krampf allerdings länger an müssen die Eltern einen Notarzt rufen. Dieser verabreicht dem Kind meist rektal eine Diazepam-Lösung.

Tritt ein Fieberkrampf erstmalig auf, sollten Eltern ihr Kind unmittelbar danach vom Kinderarzt untersuchen lassen. Da manche Kinder in den ersten Lebensjahren meist mehr als einen Fieberkrampf bekommen, wird der Arzt mit den Eltern besprechen, ab welcher Körpertemperatur sie dem Kind zukünftig ein fiebersenkendes Medikament geben, um einen Fieberkrampf möglichst abzuwenden. Eventuell verschreibt der Arzt auch prophylaktisch ein Diazepam-Präparat, damit die Familie für den nächsten Fall gerüstet ist.

In ätherischen Ölen baden

Viele Kinder, bei denen eine Erkältung im Anmarsch ist, empfinden ein Erkältungsbad als wohltuend. Diese Bäder wirken hauptsächlich durch die aufsteigenden ätherischen Öle. Nach dem Baden soll das Kind mindestens eine halbe Stunde warm eingewickelt ruhen.

Bevor Eltern das Badewasser einlassen, sollten sie jedoch die Körpertemperatur des Kindes messen. Hat das Kind bereits Fieber, würde ein Bad den Kreislauf zu sehr belasten. Auch bei Hauterkrankungen und Überempfindlichkeit der Atemwege (beispielsweise Asthma bronchiale) ist von einem Erkältungsbad unbedingt abzuraten.

PTA und Apotheker sollten immer die Herstellerangaben studieren, bevor sie ein Erkältungsbad empfehlen. Denn je nach Zusammensetzung eignen sich die Produkte für unterschiedliche Altersgruppen: manche Erkältungsbäder für größere Babys, andere für Kinder ab zwei, ab sechs oder erst ab zwölf Jahren. Badezusätze für kleine Kinder enthalten meist Thymianöl. Die etwas größeren Kinder vertragen zudem Fichtennadel- oder Eucalyptusöl. Kampfer und Menthol sind ungeeignet, da sie vor allem bei Babys und Kleinkindern einen gefährlichen Stimmritzenkrampf auslösen können.

Außerdem wirken Einreibungen aufgrund der ätherischen Öle schleimlösend. Doch auch bei diesen Produkten gilt: Nicht jedes Präparat ist für jedes Alter geeignet.

Empfehlenswert bei Halsschmerzen sind warmer Salbei- oder Kamillen-Tee, den das Kind in kleinen Schlucken zwischendurch trinkt. Ein warmer Schal steigert das Wohlbefinden und trägt zur Besserung bei. Lutschtabletten oder Halssprays mit Lokalantiseptika oder Lokalanästhetika sind häufig erst für größere Kinder zugelassen. Das Kind muss allerdings kontrolliert lutschen können. Starke Halsschmerzen in Verbindung mit hohem Fieber, einem kleinfleckigen Hautausschlag oder eine Himbeerzunge sind typisch für Scharlach. In diesem Fall gehört das Kind in die Hand eines Kinderarztes.

Grenzen der Selbstmedikation

Eltern sollten den Kinderarzt aufsuchen, wenn:

  • die Atemwege stark verschleimt sind,
  • das Kind Schwierigkeiten beim Atmen hat,
  • es ungewöhnlich teilnahmslos ist,
  • es keine Flüssigkeiten bei sich behalten kann,
  • das Fieber 39,3 °C oder mehr erreicht bzw. bei einem Baby unter drei Monaten 38 °C erreicht oder
  • sich die Erkältungssymptome nach drei Tagen nicht bessern.

Hustensaft gezielt wählen

Gegen starken Reizhusten können Kinder ab zwei Jahren Hustensaft mit Pentoxyverin einnehmen, Hustensaft mit Efeuextrakt ist sogar für noch kleinere Kinder geeignet. Er verflüssigt zugleich den Schleim und erleichtert das Abhusten. Von den Expektorantien ist eine ganze Reihe von Präparaten für Kinder zugelassen, beispielsweise solche mit dem Wirkstoff Ambroxol, Bromhexin oder Acetylcystein sowie mit Extrakt aus Thymian oder der Kapland-Pelargonie.

Noch einen Rat können PTA oder Apotheker den Eltern mit auf den Weg geben: Es ist wichtig, die Erkältung richtig auszuheilen und das Kind nicht zu früh wieder in die Kita oder Schule zu schicken. Denn der Kontakt mit den Viren und Bakterien, die die anderen Kinder mit sich tragen, kann den noch geschwächten Körper überfordern. Leicht kommt es dann zum nächsten viralen Infekt oder zu einer bakteriellen Zweitinfektion. /

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