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Schwangerschaft

Komplikations­risiken vermindern

23.03.2015  10:53 Uhr

Von Susanne Poth / Wenn Frauen eine Schwangerschaft planen oder schwanger sind, möchten sie wissen, ob die normale Ernährung für die Entwicklung des Babys ausreicht oder ob sie bestimmte Nährstoffe vermehrt zuführen müssen. Da eine Mangelsituation schwerwiegende Folgen nach sich ziehen kann, sollten PTA und Apotheker das Beratungsgespräch nutzen und bei Bedarf entsprechende Supplemente empfehlen.

Durch die Veränderungen während der Schwangerschaft entsteht ein teils erheblicher Mehrbedarf an Nährstoffen. Die aktuelle Datenlage spricht dafür, dass es sinnvoll ist, in dieser besonderen Zeit Folat, Iod und einige Omega-3-Fettsäuren zu ergänzen.

Iodbedarf

Trotz der gravierenden Folgen einer schlechten Iod-Versorgung in der Schwangerschaft sind noch immer zahlreiche Frauen unzureichend mit dem essenziellen Spurenelement versorgt. Iod ist für den Aufbau der Schilddrüsenhormone unverzichtbar und muss mit der Nahrung aufgenommen werden. Die Schilddrüsenhormone spielen bei verschiedenen Stoffwechselprozessen, beim Wachstum und der Differenzierung von Organen, Nervensystem und Muskulatur des Ungeborenen eine Rolle. Bei Schwangeren und Stillenden ist der Iodbedarf durchschnittlich um 30 µg erhöht. Dies ist durch den gesteigerten Grundumsatz und das größere Verteilungsvolumen bedingt. Hinzu kommt die stärkere Durchblutung der Nieren, sodass diese mehr Iod im Urin ausscheiden. Ab der 12. Schwangerschaftswoche setzt auch die Schild­drüsenfunktion des Fötus ein, der dann ebenfalls Iod benötigt.

Iodmangel kann sowohl für die Mutter als auch das Kind gravierende Folgen haben: Denn um den Mangel des Schilddrüsenhormons auszugleichen, wächst das hormonproduzierende Gewebe der mütterlichen Schild­drüse. Als Folge entsteht ein Kropf.

Daneben macht sich der verminderte Hormonspiegel auch dadurch bemerkbar, dass die Frauen sich schlechter konzentrieren und weniger leisten können, viele sind depressiv verstimmt und nehmen über das normale Maß hinaus deutlich an Gewicht zu. Des Weiteren erhöht manifester Iodmangel das Risiko für Früh- und Totgeburten. Beim Ungeborenen steigt das Risiko für Fehlbildungen. Beeinträchtigt sind insbesondere Körperwachstum und -reifung sowie die zerebrale Entwicklung. Diese wird als Kretinismus bezeichnet.

Um den erhöhten Iod-Bedarf während der Schwangerschaft zu decken, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine Zufuhr von mindestens 230 µg pro Tag. Diese Menge erreicht alleine mit der Ernährung jedoch fast keine Frau. Die Empfehlung lautet deshalb, dass Schwangere neben iodiertem Speisesalz, iodhaltigen Lebensmitteln wie Seefisch, Milch und Milchprodukten zusätzlich jeden Tag 100 bis 150 µg durch Supplemente ergänzen sollen. Die Verwendung iodierten Speisesalzes darf jedoch nicht zu erhöhtem Salzkonsum führen.

Folatversorgung

Darüber hinaus sollten PTA und Apotheker Frauen vor und während einer Schwangerschaft dringend die Supplementierung von Folsäure empfehlen. So können die Frauen Fehlbildungen des Embryos vorbeugen. Folatverbindungen (von lat. Folium = Blatt) gehören zur Gruppe der wasserlöslichen B-Vitamine. Sie sind sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Lebensmitteln enthalten, wie grünem Blattgemüse, Tomaten, Gurken, Vollkornmehl, Keimen, Kartoffeln und Leber. Da die Folate sehr licht-, hitze- und oxidationsempfindlich sind, gehen sie bei der Lagerung und Zubereitung der Lebensmittel jedoch größtenteils verloren. Eine Nahrungsergänzung erfolgt meist durch die synthetisch hergestellte Folsäure. Sie hat keine Vitaminfunktion, sondern ist ein Prodrug, das erst in den Mucosazellen des Gastrointestinaltraktes und in der Leber in das eigentliche Vitamin umgewandelt wird.

Folate erfüllen verschiedene wich­tige Funktionen im menschlichen Organismus. Sie übertragen kleine Kohlenstoffeinheiten, sogenannte C1-Einheiten. Ein Mangel verringert die DNA-Synthese und somit die Zellteilung und -differenzierung. Laut Studien führt die unzureichende Folatversorgung zu Neuralrohrdefekten beim Kind. Zu dieser Fehlbildung des Zentralnerven­systems kommt es, wenn sich die Neuralrinne nicht oder nur unvollständig zum Neuralrohr verschließt. Häufig resultiert daraus der sogenannte offene Rücken, die Spina bifida, oder eine Anenzephalie, bei der Teile des Gehirns und der Schädeldecke fehlen.

Das Neuralrohr schließt sich normalerweise bereits in den ersten vier Wochen nach der Befruchtung der Eizelle. Der wirksame Folatspiegel muss also zu einem Zeitpunkt erreicht sein, an dem viele Frauen noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind. Da in Deutschland nur ein geringer Teil der Bevölkerung optimal mit Folsäure versorgt ist, sollten Frauen bereits bei Schwangerschaftswunsch und während des ersten Trimenons der Schwangerschaft 400 µg Folsäure als Supplement einnehmen, um die von der DGE empfohlene Zufuhr für Schwangere von 600 µg pro Tag zu erreichen.

Trat bei einer früheren Schwangerschaft bereits ein Neuralrohrdefekt auf, sollte die Patientin vor einer weiteren Schwangerschaft und in der Frühschwangerschaft täglich 4 mg Folsäure einnehmen. Studien zeigen, dass dadurch das Risiko für einen erneuten Neuralrohrdefekt sinkt. Da die Unterversorgung mit Folaten auch zu Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten sowie Fehlbildungen des Herzens und der Harnwege führen kann, sollten PTA und Apotheker Frauen im weiteren Schwangerschaftsverlauf die Einnahme von Folsäure empfehlen.

Omega-3-Fettsäuren

Einige Omega-3-Fettsäuren (Omega-3-PUFAs) gehören für den Menschen zu den essenziellen Nährstoffen. Omega-3-PUFAs sind mehrfach ungesättigte Fettsäuren, deren erste Doppelbindung von der Methylengruppe (Omega-Ende) aus gesehen zwischen dem 3. und dem 4. Kohlenstoffatom liegt. Während der Körper bei der α-Linolensäure (ALA) gänzlich auf die Nahrungszufuhr angewiesen ist, kann er daraus andere bedeutende Omega-3-Fettsäuren wie die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA) selbst herstellen. Dies geschieht vorwiegend in den Leberzellen. Allerdings reicht die Metabolisierungsrate nicht aus, sodass der Körper hier ebenfalls auf zusätzliche Quellen angewiesen ist.

Die natürlichen Quellen für ALA sind Pflanzenöle, vor allem Raps-, Walnuss- und Leinöl. EPA und DHA sind vor allem in fettreichem Meeresfisch sowie im Krillöl enthalten.

Die Omega-3-PUFAs übernehmen im Körper wichtige Funktionen: Sie sind wesentliche Bestandteile der Zellmembranen und außerdem Vorstufe der Prostaglandine, Thromboxane und Leukotriene, die durch ihre hormonartige Wirkung etliche Stoffwechselprozesse steuern. Zahlreiche Untersuchungen belegen ihre große Bedeutung für die Entwicklung des Fötus und des Säuglings. So beeinflussen sie unter anderem die Sehleistung sowie die Entwicklung des Zentralen Nervensystems. PUFAs reichern sich in Gehirn und Nervengewebe an und der Fötus lagert sie dort insbesondere ab der 25. Schwangerschaftswoche in exponentiell ansteigender Konzentration ein.

Welche Bedeutung dies besonders im letzten Trimenon und in den ersten Lebensmonaten hat, belegen verschiedene Metaanalysen. Diese zeigen, dass bei den Frauen die Schwangerschaft geringfügig, aber signifikant länger dauert, die gut mit DHA und EPA versorgt sind. Die Babys waren tendenziell größer, schwerer und hatten einen größeren Kopfumfang. Außerdem traten signifikant weniger Frühgeburten auf, was möglicherweise auf den Einfluss der PUFAs auf die Uteruskontraktion und Entzündungsvorgänge zurückzuführen ist.

Effekte nach der Geburt

Weitere Studien belegen, wie sich die gute Versorgung in Schwangerschaft und Stillzeit insbesondere mit DHA auch noch über die Geburt hinaus positiv auswirkt. Die Kinder konnten eher sprechen, schärfer sehen, auch Feinmotorik und soziales Verhalten waren besser.

Die DGE empfiehlt Schwangeren und Stillenden deshalb, durchschnittlich mindestens 200 mg DHA pro Tag aufzunehmen, vorzugsweise aus zwei Portionen kleineren Seefischen pro Woche wie Hering, Makrele oder Lachs. Thunfisch oder Schwertfisch sind wegen der erhöhten Werte an Quecksilberverbindungen und Dioxinen nicht zu empfehlen. Als Alternative können PTA und Apotheker bedenkenlos Fischölkapseln mit einer standardisierten Menge an EPA und DHA empfehlen. Eine Analyse von Ökotest aus dem Jahr 2010 ergab in den getesteten Präparaten keine erhöhte Belastung mit den Umweltgiften. /

Übersicht der wichtigsten Omega-3-Fettsäuren

Name Kettenlänge Methylenende Anzahl der Doppelbindungen
α-Linolensäure (ALA) 18 3
Eicosapentaensäure (EPA) 20 5
Docosahexaensäure (DHA) 22 6