Wie gesund ist der Fisch? |
23.03.2015 10:53 Uhr |
Von Ulrike Becker / Zu einer ausgewogenen gesunden Ernährung gehört auch Fisch – so lautet die einhellige Meinung von Ernährungsexperten. Daher stehen Fischgerichte immer häufiger auf dem Tisch der Deutschen. Jedoch hat der gestiegene Fischkonsum massive ökologische Folgen: Wild lebende Arten sind in ihrem Fortbestand gefährdet.
Die Vielfalt der Fischarten ist enorm: Weltweit schwimmen 30000 verschiedene Arten in Ozeanen, Flüssen, Bächen und Seen, 600 Arten werden in deutschen Fischgeschäften, Supermärkten oder in der Gastronomie angeboten. Die breite Palette umfasst Salz- und Süßwasserfische, Wildfische und Fische aus Aquakultur, Exemplare aus europäischen oder exotischen Gewässern und nicht zuletzt magere, mittelfette und fettreiche Fische (siehe Kasten). Je nach Herkunft und Fettgehalt variieren die Inhaltsstoffe deutlich. Die Experten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfehlen aus diesem Grund, jede Woche eine Portion (70 g) fettreichen und eine Portion (80 bis 150 g) fettarmen Seefisch zu essen.
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Was macht Fisch so gesund?
Fisch gilt aus verschiedenen Gründen als wertvolles Lebensmittel: Das tierische Protein ist aufgrund seines hohen Anteils an essenziellen Aminosäuren biologisch hochwertig und aufgrund des geringen Anteils an Bindegewebe leicht verdaulich. Fisch enthält als eines der wenigen Lebensmittel Vitamin D und stellt damit die wichtigste Nahrungsquelle für das Sonnenvitamin dar, das der Mensch bei ausreichender Sonnenexposition auch selbst in der Haut bildet. Zudem liefert Fisch reichlich Vitamin A sowie Selen und gilt als wichtige Quelle für Vitamin B12. Bereits 100Gramm Hering enthalten beispielsweise mit 8,5 bis 11Mikrogramm deutlich mehr als die empfohlene Tagesdosis von 3 Mikrogramm Vitamin B12.
Fisch weist darüber hinaus beachtliche Mengen an Taurin auf. Diese Aminosulfonsäure trägt zur Stabilisierung von Zellmembranen bei und ist damit für die Gehirn- und Netzhautentwicklung unentbehrlich. Außerdem ist Taurin an der Entgiftung von Schadstoffen und der Ausscheidung von Cholesterol beteiligt. Zur Diskussion steht, ob Taurin darüber hinaus positive Effekte auf das Herz-Kreislaufsystem ausübt.
Meeresfische sind als Lieferanten für Omega-3-Fettsäuren, vor allem Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) durch kein anderes Lebensmittel vollständig zu ersetzen. Zu den vielfältigen, gesundheitsförderlichen Wirkungen der langkettigen Fettsäuren zählen positive Effekte auf die Blutfettwerte und das Entzündungsgeschehen, sie sorgen für eine gute Fließfähigkeit des Blutes und verringern so die Thrombosegefahr. Einen hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren weisen unter anderem Lachs, Hering, Makrelen, Forellen sowie Sardellen auf.
Iod im Tierfutter
Die Empfehlung für den Fischverzehr steht für die meisten Verbraucher mit dem hohen Iodgehalt in Zusammenhang. Doch nur Meeresfische warten mit einem hohen Iodgehalt auf. Gute Iodlieferanten sind Seelachs, Kabeljau, Makrele und Steinbutt. Schon eine Portion von 150 Gramm deckt den Tagesbedarf des für die Schilddrüse unverzichtbaren Spurenelements. Die Auswertungen der Nationalen Verzehrsstudie zeigen jedoch, dass die Deutschen Iod größtenteils aus anderen Quellen aufnehmen, hauptsächlich aus alkoholfreien Getränken (aufgrund des Iodgehalts des verwendeten Wassers) sowie aus Milch und Milchprodukten. Denn durch die Iodanreicherung von Futtermitteln hat sich der Iodgehalt der Milch deutlich erhöht. Fisch steht als Iodlieferant lediglich auf Rang drei. Berücksichtigt man bei der Nahrungsaufnahme mit Iodsalz verarbeitete Lebensmittel wie Fleischwaren und Brot, dann liegt Fisch als Iodquelle sogar auf Rang 5 bei Männern beziehungsweise Rang 6 bei Frauen.
Gesund und appetitlich: Manchem läuft bei der Zubereitung sicher schon das Wasser im Mund zusammen.
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Gut für Herz und Hirn
Die Gesundheit profitiert in vielerlei Hinsicht vom Fischkonsum – und das schon bei den Allerkleinsten. Verzehren Frauen in Schwangerschaft und Stillzeit regelmäßig fettreichen Fisch, fördert das die Gehirnentwicklung des Ungeboren sowie des Säuglings und schützt das Kind offenbar vor Allergien.
Regelmäßiger Fischkonsum wird auch mit einem niedrigeren Risiko für Diabetes und Alzheimer in Verbindung gebracht und wirkt sich vermutlich positiv auf die altersabhängige Makuladegeneration aus. Offenbar kann der regelmäßige Verzehr von Fettfischen wie Lachs, Thunfisch oder Sardinen auch das Risiko für Brustkrebs senken. In einer großen Studie mit Daten aus den USA, Europa und Asien fanden die Wissenschaftler bei Frauen, die ein bis zwei Portionen fettreichen Fisch pro Woche aßen, ein um 14 Prozent reduziertes Brustkrebsrisiko.
Belastung mit Schwermetallen
Allerdings weisen Wissenschaftler auch immer wieder auf den Schwermetallgehalt in Fischen hin. Gerade in den besonders gesunden fetten Arten reichern sich Blei, Quecksilber und Cadmium sowie organische Rückstände an. Bedenkliche Konzentrationen finden sich aber in erster Linie in Leber und Niere, die übrigen Fischbestandteile gelten als kaum belastet. Der Schadstoffgehalt ist bei älteren und größeren Tieren am höchsten, sodass hier Überschreitungen der gesetzlichen Grenzwerte vorkommen. Das betrifft zum Beispiel Thunfisch oder Schwertfisch. Insbesondere Schwangere und Stillende sollten diese Arten besser nicht verzehren. Junge und kleinere Arten wie Hering oder Makrele liegen dagegen deutlich unter bedenklichen Grenzwerten, auch Magerfische wie Kabeljau oder Alaska-Seelachs gelten als unproblematisch.
Magerfische unter 2 % Fett
Alaska Seelachs, Hecht, Kabeljau (Dorsch), Lengfisch, Schellfisch, Scholle, Seehecht, Seelachs (Köhler), Seeteufel, Tilapia, Zander, Krebs und Weichtiere, Hummer, Kalt- und Warmwassergarnelen, Auster, Jakobsmuschel, Miesmuschel, Kalmar, Oktopus, Sepia
Mittelfette Fische 2 bis 10 % Fett
Dorade, Forelle, Karpfen, Pazifische Lachsarten, Pangasius, Rotbarsch, Saibling, Seezunge, Schwertfisch, Weißer Heilbutt, Wolfsbarsch
Fettfische über 10 % Fett
Aal, Atlantischer Lachs, Hering, Makrele, Sardine, Sprotte, Schwarzer Heilbutt, Thunfisch
Quelle: modifiziert nach aid
Fischkonsum im Aufwärtstrend
Insgesamt lassen sich die Menschen in Deutschland im Jahr etwa 1,1 Millionen Tonnen Fisch und Fischereierzeugnisse schmecken. Pro Kopf kommt ein Verbrauch von 13,7 Kilogramm (Fanggewicht) zustande. Die beliebtesten Fische hierzulande sind Alaska-Seelachs, Lachs, Hering, Thunfisch und Forellen. Diese fünf Arten machen etwa zwei Drittel des deutschen Fischverbrauchs aus. Der Anteil an Frischfisch beträgt jedoch nur 8 Prozent, während die Nachfrage nach Konserven und Marinaden mit 27 Prozent sowie nach Tiefkühlfisch mit 30 Prozent bedeutend größer ausfällt (siehe Grafik).
Wirklich frischen Fisch erhält man in Deutschland eigentlich nur in den Küstenregionen. Selbst als fangfrisch angepriesene Ware kann je nach Bundesland durchaus zehn Tage und länger unterwegs sein. Wird die Kühlkette nicht unterbrochen, gilt das als unproblematisch. Denn auf den Hochseeschiffen wird der Fisch vor Ort zerlegt, gewaschen und direkt in Eis gelagert oder tiefgefroren. An ganzen Fischen lässt sich am besten erkennen, wie lange sein Fang zurückliegt. Frische Fische haben glänzende, prall nach außen gewölbte Augen, leuchtend rote Kiemen, eine feucht-silbrige Haut und riechen nicht.
Fisch zählt zu den leicht verderblichen Lebensmitteln, in denen sich Keime rasch ausbreiten können, daher ist auch bei der Zubereitung in der Küche auf hygienisches Arbeiten zu achten. Spätestens am Tag nach dem Einkauf sollte der Fisch in die Pfanne oder den Backofen wandern. Aus der Hauswirtschaft stammt die 3-S-Regel für die Zubereitung: Säubern, Säuern und Salzen. Am besten wäscht man den Fisch unter fließend kaltem Wasser und tupft ihn mit Küchenpapier trocken. Das Beträufeln mit Zitronensaft oder Essig sorgt dafür, dass das Protein gerinnt und macht das Fleisch fester. Das Salzen erfolgt kurz vor der Zubereitung oder erst nach dem Garen, da sonst Flüssigkeit und Nährstoffe verloren gehen.
Platz 1 auf der Beliebtheitsskala: Die Deutschen kaufen hautpsächlich tiefgekühlten Fisch.
Grafik: Mathias Wosczyna, Quelle: www.fischinfo.de
Weltweit leergefischte Meere
Die steigende Nachfrage mag der Gesundheit dienen, für die Fischgründe ist sie jedoch fatal. Nach Angaben der Umweltschutzorganisation WWF (World Wide Fund For Nature) gelten weltweit 30 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände als überfischt. Werden die derzeitigen Fangpraktiken fortgesetzt, könnten die Fischbestände in 40 Jahren fast vollständig erschöpft sein. Zwar gibt es vorgeschriebene Fangquoten, die jährlich neu ausgehandelt werden, doch die tatsächlichen Fangmengen lagen in den letzten zehn Jahren um durchschnittlich 41 Prozent über den Empfehlungen.Ein weiteres Problem der modernen Hochseefischerei ist der Beifang. Zum einen werden zu viele kleine Fische gefangen, die noch keine Nachkommen produzieren konnten; zum anderen landen Delfine, Wale oder auch Seevögel ungewollt in den Netzen und werden tot wieder über Bord geworfen. Laut WWF sind das etwa 40 Prozent des Netzinhalts. Dieser Beifang taucht in keiner Statistik auf und geht so an den festgelegten Fangquoten vorbei.
Die Überfischung der Meere hat auch eine soziale Dimension, denn durch den globalen Fischhandel fischen die großen Hochseetrawler den Einheimischen beispielsweise in Senegal oder auf den Philippinen ein wichtiges Grundnahrungsmittel vor der Nase weg. Dabei dient Fisch Menschen in den Entwicklungsländern vielerorts als wichtige Quelle für tierisches Eiweiß – ganz im Gegensatz zu der Bevölkerung in den westlichen Industrieländern.
Aquakulturen als Alternative?
Wenn die Meere leergefischt sind, scheinen Fischfarmen eine ideale Lösung. Und so boomt die Nachfrage nach Fisch aus Aquakulturen. Fast die Hälfte des insgesamt verzehrten Fischs stammt aus Zuchtanlagen, 90 Prozent davon befinden sich in Asien.
Foto: Shutterstock/Africa Studio
Doch das rasante Wachstum von Aquakulturen bringt eine Reihe von Problemen mit sich: Eintrag von Chemikalien und Arzneimitteln, Zerstörung von küstennahen Gewässern und zu hohe Besatzdichten sind nur einige davon. Insbesondere die Futtermittel stehen in der Kritik. Fleischfressende Fische erhalten Fischmehl im Futter, das von wildlebenden Artgenossen stammt. Das trägt zum Verlust wildlebender Arten bei: Zur Produktion von einem Kilogramm Zuchtlachs benötigt man bis zu fünf Kilogramm Fischeiweiß, für ein Kilogramm Thunfisch sogar etwa 20 Kilogramm. Umweltorganisationen sehen Aquakulturen nur dann als eine Lösung, wenn dort strenge Standards für eine nachhaltige Bewirtschaftung eingehalten und pflanzliche Futteralternativen eingesetzt werden. Nur so lassen sich die wachsende Fischnachfrage befriedigen und die Wildbestände schonen.
Im Lebensmittelhandel tut sich was
Das Thema nachhaltiger Fischfang ist auch im Lebensmitteleinzelhandel an gekommen. Die großen Supermarkt ketten haben Leitlinien für einen nach haltigen Fischeinkauf entwickelt und die Umweltorganisation Greenpeace bescheinigt dem Lebensmittelhandel positive Bemühungen. Eine gute Orien tierung für Verbraucher bietet das blaue MSC Siegel (Marine Stewardship Council), das Experten unter Federfüh rung des WWF entwickelt haben. Der zeit sind in Deutschland rund 5000 Pro dukte mit dem MSC Siegel im Handel und im internationalen Vergleich fra gen deutsche Verbraucher besonders rege nach Produkten mit dem blauen Fischlogo. Vor allem Tiefkühlfisch und abgepackte Fischprodukte tragen das Siegel, an Fischtheken ist es bisher nur vereinzelt zu sehen. Auch die Produkte von »Friends of the Sea« und »follow fish« stehen für Nachhaltigkeit, sind aber seltener im Handel zu finden. Für ökologisch gezüchteten Fisch stehen die Logos von Bioland und Naturland. Mittlerweile sind unter anderem Karp fen, Doraden, Forellen, Lachs und sogar Garnelen in Bioqualität erhältlich
Verantwortbarer Fischgenuss gefragt
Angesichts gefährdeter Fischbestände sollte die Frage erlaubt sein: Muss immer häufiger und mehr Fisch auf dem Speiseplan stehen? Aus ernährungsphysiologischer Sicht eigentlich nicht. In Deutschland kann sich jeder ganz gut über iodiertes Kochsalz, Milch und Milchprodukte sowie mit Iodsalz hergestelltes Brot und Fleisch mit Iod versorgen, Proteine nehmen die Bundesbürger ohnehin mehr als genug auf und Omega-3-Fettsäuren liefern auch pflanzliche Quellen wie Raps, Lein-und Walnussöl sowie Leinsamen und Walnüsse. Lediglich für DHA und EPA sind Fische auf den ersten Blick unverzichtbar.
Doch ist hier die gesamte Ernährung zu betrachten. Wer beispielsweise weniger Sonnenblumen, Maiskeim oder Sojaöl verzehrt und dadurch die Zufuhr von Omega-6-Fettsäuren senkt, er möglicht eine effektivere Umwandlung der pflanzlichen Alpha Linolensäure in EPA und DHA. Zudem konnten Wissenschaftler bislang nicht belegen, dass ein Verzicht auf Fisch zu Mangelerkrankungen führt.
In bestimmten Lebensphasen allerdings, wie in Schwangerschaft, Stillzeit und im hohen Alter, ist der Verzehr von Seefisch aufgrund der positiven Effekte durchaus zu empfehlen. /
Der Einkaufsratgeber für Fisch und Meeresfrüchte des WWF findet sich im Internet unter www.fischrat geber.wwf.de. Er wird zudem als App für Smartphones zum kostenfreien Download angeboten unter www.wwf.de/fischratgeber-app. Die gedruckte Kurzfassung im praktischen Scheckkartenformat können Verbraucher unter info@wwf.de anfordern.
Siegel, wie beispielsweise von MSC, bieten Orientierung beim bewussten Fischkauf