Apotheker sind kaum betroffen |
11.04.2016 09:51 Uhr |
Von Jennifer Evans und Daniel Rücker / Die Bundesregierung hat eine weitere Hürde auf dem Weg zu einem Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen genommen. Union und SPD einigten sich darauf, unter anderem die umstrittene Regelung zum Verstoß gegen das Berufsrecht zu ändern.
Korruption ist nicht nur in Dritte-Welt-Ländern eine Seuche. Auch in Deutschland gibt es sie. Besonders verwerflich ist Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen, denn dann besteht die Gefahr, dass Patienten nicht die am besten geeignete Therapie erhalten, sondern eine, die die Geldbörse des Therapeuten füllt. Die ersten Entwürfe zum Antikorruptionsgesetz kamen bei Apothekern und Ärzten nicht gut an. Als zu groß schätzten die Heilberufler die Gefahr ein, sich ohne Absicht strafbar zu machen.
Im neuen Gesetzentwurf ist die Vorteilsnahme bei der Abgabe von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Medizinprodukten weitgehend ausgeklammert.
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»Apotheker sind raus«
Das hat die Bundesregierung nun offenbar auch erkannt. Union und SPD haben sich darauf geeinigt, das Gesetz zu entschärfen. Zumindest in den Apotheken stehen die Zeichen auf Entwarnung. Entgegen dem bisherigen Entwurf soll nun § 299 des Strafgesetzbuchs (StGB) noch einmal überarbeitet werden. Der Paragraf regelt Bestechlichkeit im Gesundheitswesen (§ 299a) und Bestechung (§ 299b). In dem jetzt neu gefassten § 299a wird die Vorteilsnahme bei der Abgabe von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Medizinprodukten weitgehend ausgeklammert. Und auch beim Bezug von Arzneimitteln scheinen die Apotheker in sicherem Fahrwasser zu sein.
In der Neufassung droht Heilberuflern nur dann eine Strafe, wenn es um den Bezug von Arznei- und Hilfsmitteln oder Medizinprodukten geht, die zur unmittelbaren Anwendung durch den Angehörigen des Heilberufs vorgesehen sind. Das kommt in den Apotheken so gut wie gar nicht vor. »Apotheker sind raus«, kommentierte der Strafrechtler Elmar Mand die Überarbeitung des Antikorruptionsgesetzes. »Wenn die Apotheker alle bisher gültigen Verbote beachten, ändert sich für sie jetzt erstmal nicht viel. Nur, dass die Bußgelder bei Verstößen bisheriger Regelungen höher werden.«
Laut einer Stellungnahme des Bundestagsabgeordneten Jan-Marco Luczak (CDU) hatten Experten in der Anhörung zum Gesetzentwurf erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel daran, Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten mit einer Freiheitsstrafe zu ahnden. Es gibt hier nämlich ein Problem: Die Berufspflicht ist nicht bundeseinheitlich, sondern auf Länderebene geregelt. Das Verhalten eines Arztes in Hessen wäre dann womöglich anders bestraft worden als dieselbe Handlung eines bayerischen Arztes. Dabei soll der Grundgedanke des Gesetzes allerdings in seiner bisherigen Form erhalten bleiben. »Das Gesetz führt nicht zu Strafbarkeitslücken«, sagt Luczak. Korruptionsfälle würden fast ausnahmslos von § 299a Abs. 1 Nr. 1 erfasst. Außerdem werde Korruption im Gesundheitswesen ein Offizialdelikt und damit eine Straftat, die von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen verfolgt werden muss. Tatsächlich reduziert der aktuelle Gesetzentwurf die Gefahr für Apotheker, mit ihrem Handeln unter den Tatbestand der Korruption zu fallen.
Bei der Opposition kommt der neue Entwurf schlecht an. Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, hält den Kompromiss der Koalition insgesamt für eine »Schmalspurlösung«. Vom eigentlichen Zweck, Patienten zu schützen, habe die Einigung sich entfernt, erklärte Vogler in einer Stellungnahme. »Stattdessen stehen jetzt nur noch der Schutz von Pharmaunternehmen vor Übervorteilung und die Ausgaben der Krankenkasse im Vordergrund.« Die Linke fordert daher, jede ungerechtfertigte Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit unter Strafe zu stellen. Laut Luczak sollen nun die Rechtspolitiker der Regierungskoalition mit dem Bundesjustizministerium die finalen Formulierungen aushandeln. Die Verabschiedung des Gesetzentwurfs sei im April dieses Jahres zu erwarten. /