Erste Hilfe bei Kontakt |
06.04.2018 13:41 Uhr |
Von Frank Schäfer / Meer, Strand, Sonne, blauer Himmel: So soll es sein beim Strandurlaub. Und meistens bleibt das Vergnügen ungetrübt. Manchmal aber haben Badegäste einfach Pech und stoßen auf stachelige, giftige Meeresbewohner. Dazu können PTA im Vorfeld einer Urlaubsplanung beraten.
Reisenden, die in Europa am Meer Urlaub machen wollen und sich vor giftigen Meeresbewohnern fürchten, kann man eine beruhigende Auskunft geben: Das Risiko für Kontakte mit giftigen Meeres- oder Strandbewohnern ist hier recht überschaubar. So wurden dem Giftinformationszentrum Nord (GIZ-nord) in den Jahren von 1996 bis 2017 ganze 148 Vergiftungsanfragen zu Quallen gemeldet. Allerdings muss man von einer hohen Dunkelziffer nicht gemeldeter, in aller Regel eher harmlos verlaufener Fälle ausgehen. Im selben Zeitraum gab es auch 370 Anfragen wegen Stichen durch einen als Petermännchen bezeichneten giftigen Grundfisch.
Foto: Shutterstock/WorldStock
Quallen beziehungsweise Medusen sind im Meer frei bewegliche Geschlechtsformen einiger Nesseltiergruppen. Ungeschlechtliche Stadien leben als festsitzende Polypen. Einige Quallenarten weisen gar kein Polypenstadium mehr auf. Ihre Beute fangen sie mit Hilfe dünner, mitunter meterlanger Tentakeln voller kleiner Nesselkapseln. Jede dieser Kapseln lässt bei Kontakt mit Beutetieren erst einen Stachel und dann in die Wunde einen dünnen Schlauch vorschnellen, über den die Quallen ihr Nesselgift injizieren.
Doch nur einige Quallenarten in europäischen Meeren können auf diese Weise auch Menschen so weit vergiften, dass dies vorrübergehend Beschwerden wie starke Brennschmerzen, entzündliche Hautreaktionen mit Rötung, Quaddelbildung und Schwellung sowie Juckreiz verursacht. Beschwerden durch Quallenstiche sind zwar mitunter unangenehm, aber fast nie lebensbedrohlich.
Dennoch sind Quallen auch in europäischen Meeren kein völlig vernachlässigbares Problem. Gerade die im Mittelmeer und in wärmeren Teilen des Atlantischen Ozeans mitunter in großen Schwärmen auftretende Leuchtqualle Pelagia noctiluca kann Badegäste stark beeinträchtigen. Und auch anderswo gibt es von Zeit zu Zeit Quallen-Plagen. Daher kann man allen Strandurlaubern nicht nur in Europa, sondern weltweit einen ersten wichtigen Rat im Umgang mit diesem Problem geben: Wird offiziell vor Quallen (englisch: jellyfish; spanisch/italienisch: medusa; französich: méduse) gewarnt, sollte man dem Wasser fern bleiben. Das gilt auch, wenn ohne offizielle Warnung Quallenschwärme an der Küste auftauchen. Im Zweifel wissen Laien nicht, ob es harmlose Arten sind oder solche, die Menschen schaden können.
Die Kompassqualle hat eine beeindruckende Farbe und ist doch ungefährlich.
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Bedrohlich ist unter Umständen die – äußerst seltene – Begegnung mit der Portugiesischen Galeere (Physalia physalis). Bei ihr handelt es sich zwar um ein Nesseltier, aber nicht um eine Qualle, sondern um eine Polypenkolonie beziehungsweise Staatsqualle. Auf der Wasseroberfläche treibt eine Art Blase, die an eine durchsichtige Plastiktüte erinnert und leicht purpurn bis violett gefärbt ist. Daran hängen Fangfäden, die ins Wasser ragen und bis zu 30 Meter lang sein können. Die Kolonie treibt im offenen Meer mit dem Wind, die Fangfäden werden wie ein Schleppnetz hinterhergezogen. Die Wirkung der Nesselgifte ist auch für Menschen sehr stark. Es treten neben starken Entzündungen an den Stichstellen heftige Schmerzen, Übelkeit und womöglich Herz-Kreislauf-Schocks auf. Die Portugiesische Galeere lebt in wärmeren Meeren im Pazifik, im Südatlantik bis vor Portugal, Irland sowie Großbritannien und taucht vereinzelt auch im Mittelmeer auf.
Richtig handeln
Spüren Badende plötzlich brennende Schmerzen am Körper, sollten sie rasch das Wasser verlassen. So entkommen sie dem Wirkungskreis der Quallententakel. Am besten wenden sich Betroffene nach dem Verlassen des Wassers für die Strandaufsicht, sofern es eine solche vor Ort gibt. Das Giftinformationszentrum Nord (GIZ-nord) in Göttingen gibt zum weiteren Vorgehen folgende Ratschläge:
Vorsorglich sollte man keine gestrandeten Quallen berühren. Meist handelt es sich gerade an der Nord- oder Ostsee um die für Menschen harmlosen Ohrenquallen. Doch im Zweifel erkennen Laien nicht, ob sie eine harmlose Quallenart vor sich haben. Und Nesselkapseln können auch bei gestrandeten, toten Tieren noch einige Tage lang aktiv sein.
Auch an Land sollten Quallen nicht angefasst werden. Die Nesselkapseln der toten Tiere können noch einige Tage aktiv sein.
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Das äußerliche Auftragen von Haushaltsessig, Pasten aus Backpulver oder Magnesiumsulfat wird oft empfohlen, um Nesselkapseln von Quallen zu inaktivieren. Welche dieser Maßnahmen hilft, hängt aber davon ab, um welches Nesseltier es sich handelte.
Essig etwa kann in einigen Fällen helfen, zum Beispiel bei den in australischen Küstengewässern lebenden Würfelquallen. In anderen Fällen, etwa bei in europäischen Gewässern vorkommenden gelben Haarquallen, ist Essig kontraindiziert. Was einzusetzen ist, können Laien mangels Artenkenntnis meist schwer feststellen. Außerdem haben sie ihren »Angreifer« im Wasser oft nicht richtig sehen können, zumal dieser womöglich einige Meter entfernt war und Schwimmer nur mit den langen Fangarmen in Berührung gekommen sind.
Stiche durch das Petermännchen
Petermännchen sind am Meeresgrund lebende Fische. Es gibt mehrere Arten, von denen Badegästen besonders eine Probleme bereiten kann: das kleine Petermännchen Trachinus vipera. Dieser Fisch kommt an der Atlantikküste von Schottland bis Westafrika und in der Nord- und der westlichen Ostsee vor, wo sich der etwa 15 Zentimeter lange Fisch auch in flacherem Wasser in Schlick und Sandböden eingräbt. Gerade im Frühjahr und Sommer kommen Petermännchen zum Laichen in flache Gewässerzonen. Die Gefährlichkeit von Petermännchen beruht auf der Giftigkeit der Flossenstacheln der ersten Rückenflosse und eines Stachels am Kiemendeckel. Freigesetzt wird das Gift, sobald sich der Stachel durch die Haut bohrt.
Gut versteckt in Schlamm oder Sand: Das Petermännchen.
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Tritt man barfuß auf ein Petermännchen, etwa bei einer Wattwanderung oder beim Baden, kann ein Stich sofort heftigste Schmerzen bewirken, die sich rasch ausbreiten. Teils haben Betroffene Probleme, dann noch zu schwimmen. Das Schmerzmaximum tritt nach etwa einer halben bis einer Stunde auf. Ohne Behandlung können die Schmerzen einige Stunden, mitunter auch Tage anhalten. Die verletzte Stelle ist nach etwa 24 Stunden häufig taub und gefühllos. Ausgeprägte Ödeme und Hautrötungen können sich ausbilden. An der Wunde zeigen sich später eine lokale Nekrose des Gewebes und eine Verschorfung. Symptome wie Kopfschmerz, Fieber, Brechreiz, Atem- und Kreislaufprobleme oder Herzrhythmusstörungen sind möglich, aber eher selten. Die Stichfolgen können mitunter noch monatelang spürbar sein. Betroffene sollten daher:
In europäischen Meeren können sich gerade im Sommer regional starke Algenblüten ausbreiten. Manche Algenarten produzieren dabei Toxine, die bei Berührung mit der Haut oder beim Verschlucken zu mitunter erheblichen Vergiftungen führen können.
Algenteppiche meiden
Das Landesamt für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren des Landes Schleswig-Holstein gibt dazu folgende allgemeine Hinweise: »Sehen Sie bei knietiefem Wasser Ihre Füße nicht mehr, sollten Sie nicht baden. Dies gilt erst recht für Bereiche, wo das Wasser durch Flocken und Schlieren der Blaualgen getrübt ist. Da besonders Kinder dazu neigen, Wasser beim Baden zu verschlucken, sollten sie von solchen Bereichen ferngehalten werden. Um Hautreizungen zu verhindern, sollte man sich nach einem Bad in den Küstengewässern mit Süßwasser abduschen. Auf Algenblüten in Nord- und Ostsee wird meistens durch Warnschilder hingewiesen, gegebenenfalls wird ein Badeverbot ausgesprochen. Als ständige aktuelle Informationsquelle steht der »Algenreport« (www.algenreport.de) im Internet zur Verfügung, im Sommer sind Auszüge daraus als Aushang an vielen öffentlichen Plätzen zu finden.« Hinweise gibt es auch unter www.schleswig-holstein.de/DE/Themen/B/badegewaesser.html.
Aber auch in anderen europäischen Gewässern sollte man bei ausgeprägten Algenteppichen oder Algenwarnungen nicht baden. Bei Kontakt wäscht man betroffene Stellen sogleich mit warmem, klarem Wasser ab. Bildet sich eine Rötung, muss man vor allem mit betroffenen Kindern einen Arzt aufsuchen. Beim Verschlucken ist es stets besser, umgehend zum Arzt zu gehen. /
Giftinformationszentrum-Nord
Robert-Koch-Straße 40
37075 Göttingen
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Internet: www.giz-nord.de