Neuer Wirkstoff bei überaktiver Blase |
06.04.2018 13:42 Uhr |
Von Sven Siebenand / Schon seit einigen Jahren ist mit Toviaz® ein Fesoterodin-haltiges Präparat für die Behandlung der überaktiven Blase auf dem deutschen Markt erhältlich. Der primäre aktive Metabolit dieser Substanz ist Desfesoterodin. Dieser ist nun in einem Medikament enthalten, das im März in den Handel kam: Tovedeso® 3,5 und 7 mg Retardtabletten von Ratiopharm.
Das neue Präparat ist wie Toviaz zur symptomatischen Behandlung von erhöhter Harnfrequenz, imperativem Harndrang und/oder Dranginkontinenz bei Erwachsenen mit überaktiver Blase zugelassen. Desfesoterodin gilt als wichtigster pharmakologisch aktiver Metabolit von Fesoterodin und wirkt als spezifischer Muskarin-Rezeptorantagonist.
Im Vergleich zu Fesoterodin ist seine Affinität zum Muskarin-Rezeptor um zwei Zehnerpotenzen höher. Der antagonistische Effekt an den Rezeptoren führt zur Entspannung der Muskeln, die pathophysiologisch dafür sorgen, dass Urin aus der Blase gedrückt wird. Dies erhöht in der Folge die Blasenkapazität. Dadurch trägt das neue Medikament ebenso wie Toviaz zur Vorbeugung von unerwünschtem Harnlassen bei.
Nach acht Wochen prüfen
Die empfohlene Anfangsdosis von Desfesoterodin beträgt 3,5 mg einmal täglich. Je nach Ansprechen des Patienten kann die Dosis auf maximal 7 mg einmal täglich erhöht werden. Die Retardtabletten sind unzerkaut zu schlucken. Mit der vollen Wirksamkeit ist nach zwei bis acht Wochen zu rechnen. Es wird daher empfohlen, den Behandlungserfolg erst nach acht Wochen zu überprüfen.
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In der Fachinformation gibt es Informationen zu den empfohlenen Tagesdosen bei Patienten mit einer Nieren- oder Leberfunktionseinschränkung. Ebenso spielt es eine Rolle, ob zusätzlich ein mäßiger oder starker CYP3A4-Hemmer eingenommen wird. Ist dies der Fall, ist auch bei Patienten ohne Einschränkung der Nieren- oder Leberfunktion die maximale Tageshöchstdosis erniedrigt.
Nicht zum Einsatz kommen darf Desfesoterodin, bei bestimmten Grunderkrankungen wie Colitis ulcerosa, ein schweres Leberleiden oder ein nicht ausreichend behandeltes oder unbehandeltes Engwinkelglaukom. Die komplette Auflistung der Kontraindikationen enthält die Fachinformation. Mit Vorsicht angewendet werden sollte Desfesoterodin unter anderem bei Patienten mit benigner Prostatahyperplasie, gastroösophagealem Reflux und/oder Behandlung mit Bisphosphonaten oder mit autonomer Neuropathie. Vorsicht ist zudem geboten bei Patienten, die starke oder mäßige CYP3A4-Hemmer oder einen starken CYP2D6-Hemmer einnehmen. Zudem sollte die gleichzeitige Anwendung von Desfesoterodin mit anderen Antimuskarinika oder Arzneimitteln mit anticholinergen Nebenwirkungen, zum Beispiel trizyklischen Antidepressiva, mit Vorsicht erfolgen, da es zu verstärkten therapeutischen Wirkungen und Nebenwirkungen kommen kann.
Aufgrund der pharmakologischen Eigenschaften des Wirkstoffs kann die Behandlung antimuskarinische Effekte verursachen: in Studien sehr häufig Mundtrockenheit, sowie unter anderem häufig trockene Augen, Dyspepsie oder Verstopfung. /