Sicher vor den Folgen schützen |
06.04.2018 13:42 Uhr |
Von Nicole Schuster / Stech- und beißwütige Insekten begleiten uns vor allem in der warmen Jahreszeit auf Schritt und Tritt. Mit exotischen Arten kommen neue Krankheiten zu uns. Einfache Maßnahmen und Abwehrmittel aus der Apotheke helfen.
Schon am Frühstückstisch nerven Bienen, im hohen Gras droht ein Zeckenstich, und beim abendlichen Grillen machen uns Mücken das Leben schwer. Wen die Blutsauger erwischen, der ärgert sich meist vor allem über die schmerzhafte lokale Reizung der Haut und des darunterliegenden Gewebes. Gefährlicher ist aber, dass die Insekten beim Stechen tückische Krankheitserreger übertragen können.
Fotos: iStock/IngridHS; Shutterstock/Triff (Wespe)
Das ist beispielsweise bei einem Zeckenstich der Fall. Die Tiere lauern an exponierten Stellen, etwa auf einem Grashalm oder einem Stück Holz, und lassen sich bei Kontakt mit einem Menschen oder Tier abstreifen. Mit ihrem Stech- und Saugapparat verletzen sie die Haut des Wirts an einer geschützten Stelle, stechen zu und saugen, vorausgesetzt sie bleiben unentdeckt, mehrere Tage lang Blut. Infizierte Zecken geben dabei die Krankheitserreger an den Menschen weiter. In Deutschland geht es dabei meistens um den Erreger der Lyme-Borreliose, das Bakterium Borrelia burgdorferi, sowie im Süden der Republik um FSME-Viren. Letztere verursachen die Frühsommer-Meningoenzephalitis, eine Hirn- und Hirnhautentzündung.
Invasive Arten erhalten Einzug
Anders als in südlicheren Gebieten treten Mücken als Überträger gefährlicher Erkrankungen hierzulande nur selten in Erscheinung. Das könnte sich in Zukunft ändern, da durch den weltweiten Reiseverkehr vermehrt exotische Arten zu uns gelangen. Durch klimatische Veränderungen und extreme Wetterbedingungen könnten sie sich bei uns ausbreiten. Die Insekten dienen unter bestimmten Bedingungen als Wirt oder als Transportmittel von Erregern verschiedener Tropenkrankheiten. Im Falle von Moskitos ist hier vor allem an das Gelbfieber, Dengue-Fieber, Chikungunya-Fieber, West-Nil-Fieber und die Malaria zu denken sowie an die Leishmaniose bei Sandmücken. Dass es hierbei nicht um reine Zukunftsmusik geht, zeigt die Ausbreitung der Tigermücken im südlichen Europa. Die Asiatische Tigermücke, die sich an der auffälligen schwarz-weißen Musterung des Körpers und der Beine erkennen lässt, tauchte bereits in Süddeutschland wiederholt auf. Ob die hiesigen Populationen den typisch kalten Winter bei uns überstehen, ist allerdings noch unklar.
Tigermücken können potenziell das West-Nil-Virus und das Gelbfiebervirus sowie die Erreger des Dengue-Fiebers und des Chikungunya-Fiebers übertragen. Grund zur Panik in Deutschland sei das aber nicht, sagt Professor Dr. Egbert Tannich, Leiter der Abteilung Molekulare Parasitologie am Hamburger Bernhard-Nocht-Institut im Gespräch mit dem PTA-Forum. »Damit eine Mücke Krankheiten übertragen kann, muss sie zunächst einmal selbst infiziert sein, also eine Person gestochen haben, bei der das Virus gerade im Blut zirkuliert.« Zudem sei das Risiko, bei uns von einem Exoten gestochen zu werden, sehr gering. »Wir haben bisher nur vereinzelte Populationen invasiver Mückenarten gesichtet. Die bekommen wir wie im Falle der Asiatischen Tigermücke schnell unter Kontrolle.« Um die Fortpflanzung dieses Exoten zu unterbinden, genügten schon allgemeine Verhaltensregeln, etwa keine Wasseransammlungen entstehen zu lassen. »Weibchen der Tigermücke legen in kleinen, mit Wasser gefüllten Gefäßen ihre Eier ab. Um ihnen die Brutbedingungen zu erschweren, reicht es daher schon, Gefäße wie Vasen oder Gießkannen im Garten auszuleeren und Regentonnen abzudecken«, erklärt der Experte. Mehr Aufwand betreiben Wissenschaftler, wenn sie beispielsweise männliche Mückenlarven sterilisieren oder sie biologisch mit Mitteln bekämpfen, die die Larven gezielt abtöten.
Aber auch die heimischen Mückenarten sind nicht zu unterschätzen. Dazu Tannich: »Einige Arten können potenziell aus den Tropen eingeschleppte Krankheitserreger an den Menschen weitergeben. Allerdings gilt das nur für bestimmte klimatische Bedingungen. Entsprechende Viren brauchen Wärme, um sich im Inneren der Mücke zu vermehren.« Solange bei uns gemäßigte Temperaturen herrschen, werden exotische Krankheitserreger vermutlich weder von fremden noch von heimischen Mückenarten in Deutschland übertragen.
Sowohl bei Moskitos als auch bei Zecken gilt: Wer körperbedeckende Bekleidung trägt, bietet den Plagegeistern wenig Angriffsflächen. Um sich vor einem Zeckenstich zu schützen, ist bei einem Aufenthalt im hohen Gras oder Unterholz das Tragen langer Kleidung und geschlossener Schuhe ratsam.
Ein guter Tipp: die Hosenbeine in die Socken stecken. Die Kleidung sollte hinterher gut ausgeschüttelt und abseits vom Bett gelagert werden. Die Blutsauger riechen sonst den Menschen und können einen erneuten Angriffsversuch wagen.
Auf Mücken wirkt helle Kleidung anziehend, daher besser dunklere Farben wählen. Durch eng anliegende dünne Shirts und Hosen können sie hindurchstechen.
Repellenzien als Schutzschild
Repellenzien zur Anwendung auf der Haut beziehungsweise der Kleidung vertreiben stechwütige Insekten, indem sie den Eigengeruch des Menschen ausschalten beziehungsweise durch einen für die Tiere abschreckenden Geruch überdecken. Viele der Mittel wirken sowohl gegen Mücken als auch gegen Zecken, einige auch gegen Wespen und Bienen. Sie sind in der Regel gut verträglich, können aber reizen und allergische Reaktionen auslösen. Insektizide wie Permethrin töten die Plagegeister gleich ab. Sie kommen beispielsweise als Mücken- und Zeckenschutz zur Imprägnierung von Kleidung zum Einsatz. Das ist aber vor allem in exotischen Reisegebieten ratsam und bei uns in der Regel überflüssig.
Als effektivstes Repellent gilt weiterhin der Wirkstoff DEET (Diethyltoluamid) in bis zu 30-prozentiger Konzentration. Das bewährte Mittel verdampft auf der Haut und bildet dadurch einen Schutzschild gegen die Angreifer. Die Wirkung hält über mehrere Stunden, wird allerdings durch Wasser, etwa bei Regen oder beim Schwimmen, sowie durch Reibung entfernt. Gegen Zecken ist die Wirkung schwächer. Zu beachten ist, dass DEET Augen und Schleimhäute reizt. Zudem greift es Kunststoffe an, daher Accessoires wie Sonnenbrillen nicht mit einsprühen.
Icaridin als neuere Substanz wirkt vergleichbar gut wie DEET, punktet aber durch bessere Verträglichkeit. Das gleiche gilt für PMD (para-Menthan-3,8-diol), das von der Wirkdauer her aber nicht mit DEET und Icaridin mithalten kann. EPAAB (Ethylbutylacetylaminopropionat) bringt den Vorteil mit sich, dass es auch gegen andere Plagegeister wie Wespen wirkt. Als natürliches Repellent kommen ätherische Öle etwa vom Lavendel oder von Citronella zum Einsatz. Gut, aber kürzer wirksam als synthetische Stoffe ist PMD (p-Menthandiol), ein Bestandteil des ätherischen Öls aus dem Zitroneneukalyptus.
Gut vernetzt gegen Blutsauger
Beim Auftragen von Repellenzien ist darauf zu achten, kein Körperteil auszulassen, da die Blutsauger sich sonst auf die ungeschützten Stellen stürzen. Wer das Repellent mit einem Sonnenschutzmittel kombinieren möchte, sollte zuerst das Präparat zum Schutz gehen UV-Strahlen auftragen und nach 20 Minuten das Abwehrmittel gegen Insekten.
Krankheit | Inkubationszeit | Symptome | Prognose / Komplikationen |
---|---|---|---|
Chikungunya-Fieber | 2 bis 12 Tage | • Fieberschübe bis zu 40° C, Schüttelfrost und schwere Muskel- und Gelenkschmerzen • bei starken Gelenkschmerzen laufen Patienten vor Schmerzen gebückt, daher der Name der Erkrankung • weitere Symptome wie Erythem, Blutungen oder Bindehautentzündung möglich | • heilt meistens folgenlos aus, selten über Jahre anhaltende Gelenkbeschwerden • bei schweren Komplikationen wie Lungenversagen, Herz-Kreislauf-Versagen oder einer Meningitis/ Meningoenzephalitis tödlicher Verlauf möglich |
Dengue-Fieber | 2 bis 7 Tage | mehrere Verlaufsformen möglich: • Klassisches Dengue-Fieber: milder Verlauf, ähnlich wie bei einem grippalen Infekt mit hohem Fieber, Schüttelfrost, starken Kopf-, Muskel- und Gliederschmerzen. Typisches Exanthem möglich • Dengue-hämorrhagisches Fieber (DHF) und Dengue-Schock-Syndrom (DSS): Schwerer Verlauf mit Blutungsneigung | • klassisches Dengue-Fieber: heilt meist folgenlos ab; als Spätmanifestation ist diffuser Haarausfall möglich • DHF und DSS können tödlich verlaufen |
Gelbfieber | 3 bis 6 Tage | • schneller Fieberanstieg mit schweren Kopf- und Muskelschmerzen, Übelkeit, Nasenbluten • eine Remission geht in die Genesung über oder in die Phase der Organbeteiligung: Es drohen Leber- und Nierenversagen, in schweren Fällen Koma und Tod • auch leichte und symptomfreie Verläufe möglich | • der seltenere schwere und zweiphasige Verlauf endet oft tödlich |
Malaria | wenige Tage bis einige Jahre | • zu Beginn oft ähnlich eines grippalen Infekts, danach je nach Malariaart Fieberschübe in charakteristischen Zeitabständen • weitere Symptome je nach Form und Heftigkeit | • Organschäden und Tod bei unbehandelter Malaria tropica • Malaria tertiana und Malaria quartana: heilen meistens auch ohne Behandlung aus |
West-Nil-Fieber | 2 bis 14 Tage | • verläuft meist asymptomatisch • ca. 20 Prozent: grippeähnliche Symptome, möglicherweise Besserung nach dem ersten Fieberschub, dann erneuter Fieberanstieg (biphasischer Verlauf) • etwa die Hälfte der Patienten leidet unter einem Exanthem | • Komplikationen wie Enzephalitis und Meningitis sind möglich • seltene schwere Verläufe können tödlich enden |
Zikavirus-Infektion | drei bis 12 Tage | • ca. 80 Prozent: asymptomatischer Verlauf • selten Symptome wie Hautausschlag, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen, Bindehautentzündung und Fieber | • Zikavirusinfektion in der Schwangerschaft: Hirnfehlbildungen beim ungeborenen Kind möglich |
Wer sich Mücken vom Leib halten möchte, sollte zudem auf blumige Parfums verzichten. Um die Wohnung mückenfrei zu halten, sind Moskitonetze eine einfache und umweltschonende, aber dennoch sehr effektive Maßnahme. Vor die Fenster oder auch übers Bett gespannt, sorgen sie für einen ungestörten Schlaf.
Wenn Mücken doch einmal zustechen, sollte die Stelle sofort gekühlt werden. Gegen die Schwellung und den Juckreiz helfen Antihistaminika oder auch eine Hydrocortison-Salbe. Wer allergisch reagiert, sollte immer ein Notfall-Set bei sich haben. Das gilt auch bei Stichen von Honigbiene, Wespe oder Hornisse. Hier sind weniger übertragbare Krankheiten zu befürchten, als vielmehr eine schmerzhafte Schwellung und Rötung um die Einstichstelle herum.
Zecken lauern an Grashalmen und lassen sich bei Kontakt mit einem Wirt abstreifen. Nach dem Aufenthalt im Freien sollte der Körper deshalb gründlich nach Krabbeltieren abgesucht werden.
Foto: Your Photo Today
Erste Maßnahme bei einem Bienenstich sollte sein, den Stachel zu entfernen. Kühlen hilft, die Schwellung gering zu halten. Die Stiche sind in der Regel harmlos, Säuglinge oder Kleinkinder können jedoch sicherheitshalber zum Arzt gebracht werden. Haben Wespe, Biene und Co. jedoch im Mund, auf der Zunge oder an Hals und Schläfe zugeschlagen, handelt es sich um einen Notfall: sofort kühlen und den Notarzt rufen.
Zecken sofort entfernen
Bei Zecken ist es wichtig, einen Stich frühzeitig zu bemerken. Daher sollte jeder nach einem Aufenthalt im Grünen den Körper sorgfältig auf die Krabbeltiere absuchen. Besondere Beachtung sollte dabei geschützten Stellen wie dem Haaransatz, den Achselhöhlen, Ohren, dem Bauchnabel, den Ellenbeugen, Kniekehlen sowie dem Genitalbereich geschenkt werden. Um eine Zecke zu entfernen, sollte man den Blutsauger mit einem Zeckenentfernungsinstrument oder einer Pinzette nahe der Hautoberfläche greifen und langsam und gerade herausziehen. Den Hinterleib nicht quetschen, da sonst weitere Flüssigkeit in die Wunde dringt. Wie das am besten geht, zeigt eine Bildserie, die auf den Internetseiten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zur Verfügung gestellt wird (www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/borreliose/doc/zeckenentfernung.pdf). Danach die Wunde desinfizieren und die folgenden Tage beobachten. Bildet sich eine ringförmige Hautrötung (Wanderrröte) rund um die Einstichstelle, sollten Patienten zum Arzt gehen, da die Zecke möglicherweise mit Borrelien infiziert war.
Impfungen fehlen
Wenn innerhalb von ein bis zwei Wochen nach dem Stich grippeähnliche Symptome wie Fieber, Schwäche, Kopf- oder Gliederschmerzen auftreten, ist ebenfalls eine ärztliche Abklärung erforderlich, da es sich sowohl um eine Borreliose als auch um eine FMSE-Infektion handeln könnte.
Auf einen an sich harmlosen Insektenstich entwickeln einige Patienten auch ohne allergische Vorgeschichte heftige Reaktionen. Die Stelle schwillt stark an, färbt sich feuerrot, tut weh, glüht und heilt möglicherweise auch nicht komplikationslos ab. Ein leicht zu vermeidender Grund kann das Kratzen der Einstichstelle sein: Dabei gelangen Hautbakterien wie Streptokokken in den Körper. Wissenschaftler glauben aber auch, dass vor allem im ländlichen Bereich, wo die Mücken mehr Kontakt mit tierischen Ausscheidungen haben, Keime auch über die Insekten in die Wunde gelangen können. Möglicherweise spielen auch Schadstoffe im Mückenspeichel eine Rolle: Befinden sich darin beispielsweise Insektizide, gegen die die Plagegeister mittlerweile resistent sind, könnte das verstärkt zu entzündlichen Reaktionen führen. Sticht eine exotische Mücke zu, ist das Risiko für schmerzhafte, dicke Quaddeln ebenfalls erhöht. Die Speichelzusammensetzung der fremden Moskitos ist für unser Immunsystem meist noch unbekannt, der Körper reagiert darauf mit heftigeren Reaktionen.
Zur Behandlung kann das Apothekenteam kortisonhaltige Salben empfehlen. Kühlen und Ruhigstellen des betroffenen Körperteils helfen ebenfalls. Bei sehr großen Schwellungen oder allgemeinen Krankheitszeichen wie Fieber sollte ein Arzt aufgesucht werden. Schlimmstenfalls können Bakterien in die Blutbahn geraten und zu einer Sepsis führen.
Eine Therapie gegen FSME gibt es nicht, wohl aber eine Impfung, die in Risikogebieten empfohlen wird. Bei einer Borrelieninfektion kann der Arzt hingegen Antibiotika zur Behandlung verschreiben, die jedoch nur therapeutisch, nicht prophylaktisch nach einem Zeckenstich eingenommen werden. Bei durch Mücken übertragbaren Tropenkrankheiten sollte die Entwicklung von Impfstoffen vorangetrieben werden. »Damit könnten wir dann nicht nur die Menschen in Deutschland schützen, sondern auch die Bevölkerung in den Heimatländern der Mücken und der exotischen Krankheitserreger, für die die tägliche Bedrohung viel größer ist«, sagt Tannich. /
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