Diskussion um Dosierung und Rezeptpflichti |
29.08.2008 10:28 Uhr |
Diskussion um Dosierung und Rezeptpflicht
PTA-Forum / Der Arzneistoff Paracetamol wird seit vielen Jahren erfolgreich zur Behandlung von leichten bis mäßigen Schmerzen und Fieber, insbesondere zur Fiebersenkung bei Säuglingen, Babys und Kindern, eingesetzt. Die Überlegung, Paracetamol-Präparate ab einer bestimmten Wirkstoffmenge der Verschreibungspflicht zu unterstellen, geht hauptsächlich auf Erfahrungen im europäischen Ausland zurück. Dort wenden die Patienten Paracetamol wesentlich häufiger an, teilweise auch zu unkritisch in höheren Mengen.
»Richtig angewendet ist Paracetamol ein empfehlenswertes Schmerz- und Fiebermittel und auch für Kinder weiterhin geeignet. Die Höchstdosis darf aber nicht überschritten werden. Um Nebenwirkungen zu vermeiden, sollten Patienten die Beratungsangebote der Apotheken noch besser nutzen als bisher«, sagt Professor Dr. Martin Schulz, Geschäftsführer Arzneimittel der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Leberschäden sind möglich, wenn ein gesunder Erwachsener einmalig mehr als 10 bis 12 Gramm oder über einen längeren Zeitraum mehr als 7,5 Gramm Paracetamol täglich einnimmt. Diese Grenzwerte sind bei Kindern geringer.
Zahlreiche Medien reduzierten diese Diskussion zum Teil auf angsteinflößende Aussagen wie »Paracetamol verursacht Leberversagen« und verunsicherten dadurch vor allem Eltern, die fieberhafte Infekte ihrer Kinder mit Paracetamol-Zäpfchen behandeln.
Konsequenzen für Deutschland
Zum einen hat der Gesetzgeber Packungen mit mehr als 10 g Paracetamol in oralen Arzneiformen ab dem 1. April 2009 unter Rezeptpflicht gestellt. Zum anderen hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) seine Dosierungsempfehlung nach unten korrigiert: Danach beträgt die Einzelgabe 10 bis 15 mg/kg Körpergewicht und die Tagesgesamtdosis 60 mg/kg Körpergewicht. Da für die pharmazeutischen Unternehmer kein Umsetzungszwang in den Gebrauchsinformationen besteht und auch keine neuen Erkenntnisse vorliegen, reagieren die Arzneimittelhersteller sehr unterschiedlich und geben höchst widersprüchliche Informationen an Ärzte, Apotheker und Patienten weiter. Daher sollten sich PTA und Apotheker auf entsprechende Fragen der Kunden vorbereiten.
Fest steht, dass alte Packungen mit bewährten Dosierungen im Handel bleiben. Einige Hersteller kündigen neue Packungen an und orientieren sich an dem aktuellen Mustertext des BfArM, den das Institut am 10. Juni 2008 korrigierte.
Laut BfArM beträgt für Säuglinge mit einem Körpergewicht von 7 bis 8 kg
Zudem sind für Säuglinge ab 3 kg Zäpfchen mit 75 mg Paracetamol im Handel.
Ergebnisse einer Meta-Analyse
Professor Dr. Konrad Heintze aus Aachen hat in einer Meta-Analyse den Stand der Wissenschaft zu Besonderheiten der Paracetamoldosierung bei Kindern und Erwachsenen rekapituliert und ergänzt: »Die Tagesmaximaldosis soll auf keinen Fall länger als 72 Stunden verabreicht werden.« Eltern, so Heintze, dürften Paracetamol auch nicht zu vorsichtig einsetzen. Wer unterdosiert, verabreicht nacheinander weitere Einheiten und rückt damit der Maximaldosis näher, oder er steigt unnötigerweise auf ein nebenwirkungsstärkeres Präparat um.
Außerdem sei das Risiko toxischer Nebenwirkungen bei Kindern geringer als bei Jugendlichen und Erwachsenen. Das läge zum einen daran, dass Paracetamol sich im Extrazellulärwasser verteilt. Dieser Verteilungsraum sei bei Kindern deutlich größer als bei Jugendlichen und Erwachsenen. Zum anderen gibt es Besonderheiten im Arzneimittelmetabolismus bei Kindern, die für den Stoffwechsel von Paracetamol und insbesondere dessen toxische Metaboliten von Bedeutung sind: »Eine Beobachtungsstudie über 10 Jahre hinweg weist nach, dass Kinder ab drei Monaten bis sieben Jahren bei einer Paracetamoldosierung bis 200 mg/kg Körpergewicht kein -Zeichen von Lebertoxizität entwickeln. Hingegen können bei Jugendlichen und Erwachsenen bereits 230 mg/kg Körpergewicht fatal sein«, so der Mediziner weiter.