Selbstmanagement stärken |
11.10.2007 08:31 Uhr |
Selbstmanagement stärken
Birgit Carl und Anna Laven, Aachen
Bei Asthma und COPD verordnen Ärzte lang wirksame Beta-2-Sympathomimetika und Glucocorticoide. Indem diese Kombination die Atemwege weit stellt, kann der Patient während des ganzen Tages gut durchatmen. Ob die Arzneimittel optimal wirken, kontrollieren Asthmatiker am besten mit einem Peak-Flow-Meter. Bei schlechten Messwerten können Sie sofort reagieren und so beispielsweise einen Asthmaanfall verhindern.
Kurz wirksame Beta-2-Sympathomimetika wie Salbutamol sind Mittel der Wahl bei einem Asthmaanfall oder bei erhöhtem Sauerstoffbedarf, beispielsweise vor einer Belastung. Doch auch bei mehrfach täglicher Anwendung ist bei diesen Arzneisubstanzen nach vier Stunden die Wirkung abgeklungen. Anders verhält es sich mit den lang wirksamen Beta-2-Sympathomimetika (Long Acting Beta Agonist = LABA) wie Formoterol und Salmeterol. Bei zweimal täglicher Applikation, am besten im Abstand von 12 Stunden, gewährleisten sie weit gestellte Atemwege während eines Zeitraums von etwa 24 Stunden. Nach der Inhalation von 50 bis 100 µg Salmeterol dauert es 10 bis 20 Minuten bis zum Wirkungseintritt und circa zwei Stunden bis zur maximalen Wirkung. Daher ist Salmeterol für den akuten Anfall ungeeignet. Obwohl im Beipackzettel explizit darauf hingewiesen wird, können PTA oder Apotheker bei der Abgabe eines Salmeterol-haltigen Präparates den Patienten nochmals sensibilisieren, beispielsweise mit den Sätzen: »Dies ist Ihre Basisversorgung. Unterwegs nutzen Sie bitte Ihr anderes Medikament xy.«
Formeterol wirkt schneller als Salmeterol und kann niedriger dosiert werden: Der Effekt von 12 bis 24 µg tritt innerhalb von ein bis drei Minuten ein. Damit eignet sich die Substanz theoretisch zur Behandlung eines akuten Anfalls. Die lange Wirkdauer spricht jedoch dagegen. Bei mehrfach täglicher Anwendung kommt es sehr leicht zu Überdosierungen und dadurch vermehrt zu unerwünschten Wirkungen wie Herzbeschwerden, Blutdruckanstieg und Störungen des Elektrolythaushalts. Auch Studien weisen darauf hin, dass LABAs als Notfallmedikamente (Reliever) den Patienten mehr Nachteile als Nutzen bringen.
Studie führte zu Umdenken
Die so genannte SMART-Studie (Salmeterol Multi-Center Asthma Research Trial) veranlasste die FDA (Amerikanische Gesundheitsbehörde), neue Empfehlungen zur Behandlung des Asthmas herauszugeben. Die SMART-Studie wurde in den USA von 1996 bis Anfang 2003 durchgeführt. In der Studie wurde zwar nur Salmeterol untersucht, die Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass die gefundenen Ergebnisse für die gesamte Stoffklasse gelten, also auch für Formoterol. Unter anderem legte die FDA fest, die Behandlung mit einem lang wirksamen Beta-2-Sympathomimetikum immer mit einem Cortison zu kombinieren. Außerdem sollen die Corticoide immer als erste Basistherapeutika verordnet werden, kein LABA. Und Drittens: Die Therapie mit lang wirksamen Beta-2-Sympathomimetika dürfen Ärzte nicht bei schweren akuten Anfällen (Exazerbationen) oder bei einer signifikanten Verschlechterung der Symptome beginnen.
Des Weiteren seien LABAs nicht als Notfallmedikamente einzusetzen. Diese Empfehlung wurde anschließend vom Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) übernommen. Im Mai 2006 hat der EU-Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee of Medicinal Products for Human Use = CHMP) Änderungen der Produktinformationen für alle Formoterol- und Salmeterol-haltigen inhalativen Arzneimittel zur Asthmatherapie beschlossen. In der Konsequenz mussten die Hersteller die Produktinformationen an die neuen Erkenntnisse anpassen.
Neben den genannten Punkten enthalten die Beipackzettel den Hinweis, dass während der Behandlung mit LABA schwere Asthma-assoziierte unerwünschte Ereignisse und Exazerbationen auftreten können. Darüber sollten PTA oder Apotheker den Patienten bei der Erstverordnung unbedingt informieren. Ein Vorschlag: »Wenn sich Ihre Beschwerden deutlich verschlechtern, obwohl Sie Ihren Therapieplan genau einhalten, müssen Sie sofort einen Arzt aufsuchen.«
Kombination vereinfacht Therapie
Sowohl die verwendeten Corticoide als auch die LABAs werden üblicherweise zweimal täglich angewendet. Daher kann der Patient morgens und abends beide Controller zusammen applizieren. Durch Kombipräparate spart er zwei Inhalationen, und die Therapie wird einfacher. Als Fertigpräparate sind auf dem Markt: Salmeterol kombiniert mit Fluticason-17-propionat und Formeterol in Kombination mit Beclomethasondipropionat beziehungsweise Budesonid. Während der Patient nach 10 bis 20 Minuten die einsetzende Wirkung des LABAs deutlich spürt, setzt der maximale Effekt des Cortisons erst nach längerer konsequenter Therapie ein, etwa nach sechs Wochen. Der spürbar schnelle Wirkungseintritt der LABAs hat die Akzeptanz vieler Patienten bezüglich des Cortisons erhöht.
Peak-flow regelmäßig messen
Was für Diabetiker selbstverständlich geworden ist, gilt nach und nach auch für Asthmathiker: die Selbstkontrolle und das Selfempowerment. Wie Diabetiker mit Blutzuckermessgeräten ihre Therapie kontrollieren und bei Bedarf verändern, so dient Asthmatikern das Peak-flow-Meter zur Kontrolle und Anpassung ihrer Arzneimitteltherapie. Peak-flow-Meter messen den Spitzenfluss, das heißt, die maximale Menge Luft, die der Patient in einer bestimmten Zeit ausatmen kann. Die Maßeinheit sind Liter pro Minute. Hohe Werte sind ein verlässliches Zeichen für weitgestellte Bronchien und Bronchiolen, niedrige Werte für verengte. So weiß der Asthmatiker anhand seiner Werte schon vor den Beschwerden, wie es um seine Atemwege bestellt ist.
In das Peak-flow-Meter muss der Patient schnell und heftig ausatmen, so, als ob er Kerzen auf einer Geburtstagstorte ausblasen wollte. Auf diese Art zu atmen, ist für viele Asthmatiker zunächst ungewohnt. Mit etwas Übung unter fachkundiger Anleitung führen sie die Messung jedoch schnell korrekt durch. Hier gilt wie so oft: Einmal richtig vorgemacht ist effizienter als tausend Worte.
Der Patient muss immer drei Messungen kurz hintereinander durchführen und den besten Wert in sein Asthmatagebuch eintragen. Ein Tipp für die Praxis: mindestens zweimal täglich, am besten morgens und abends, messen. Häufigere Messungen sind dann sinnvoll, wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert hat, beispielsweise während einer Erkältung.
Mit dem Peak-flow-Meter kann der Patient außerdem überprüfen, ob er seine Medikamente richtig inhaliert hat. Hierzu misst er den Wert vor und nach einer Inhalation. Vor allem bei kurz wirksamen Beta-2-Sympathomimetika verbessert sich der Wert nach der korrekten Inhalation innerhalb von zehn Minuten deutlich. Mit Hilfe der »Asthmaampel« kann der Patient entscheiden, ob er zusätzlich zu seiner Basistherapie noch einen Reliever benötigt. Ist der Messwert im grünen Bereich, können Arzt und Patient mit der Therapie zufrieden sein.
Sinken die Peak-flow-Werte in den gelben Bereich, benötigt der Patient ein kurz wirksames Beta-2-Sympathomimetikum. Bessern sich die Werte nicht dauerhaft, empfehlen viele Ärzte, die Dosis des inhalativen Cortisons für eine bestimmte Zeit zu verdoppeln. Die Messverfahren der einzelnen Peak-flow-Meter unterscheiden sich je nach Bauprinzip. Jeder Arzt, jede Klinik und auch jede Apotheke haben Präferenzen. Wichtig ist, dass der Patient immer das gleiche Gerät benutzt. Die Werte unterschiedlicher Geräte lassen sich nicht beziehungsweise nur schlecht vergleichen.
Das für den Patienten geeignete Gerät suchen PTA oder Apotheker nach den zu erwartenden Werten aus. Neben Geräten im Taschenformat für unterwegs sind auch Peak-Flow-Meter im Handel, die den gemessenen Wert digital anzeigen. Wichtig für die korrekte Messung ist die Wahl der richtigen Messskala. Einige Skalen reichen nur bis 400 l/min statt wie üblich bis 800 oder 900 l/min. Die Geräte mit niedriger Skala sind speziell für Kinder und Jugendliche gedacht oder für Patienten mit extrem schlechter Lungenfunktion. Die feinere Darstellung erhöht die Motivation dieser Patienten, da sie auch kleinste Verbesserungen gut sichtbar macht.
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