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Was ich noch erzählen wollte ...

Übers Wetter und seine Kapriolen

19.08.2011  14:08 Uhr

Von Annette Behr / Der Sommer findet in diesem Jahr wohl woanders statt. In Deutschland lässt er sich nur sporadisch blicken. Dazu ist er auch noch launisch wechselhaft. Auf subtropische Schwüle folgen Blitz und Donner, Regen und Sturm. Wer es versucht, kann diesem Sommer aber vielleicht doch noch etwas Gutes abgewinnen.

»Ist die nicht schön kuschelig?«, fragt meine Freundin Suse und präsentiert mir im Hochsommer ihr neuestes Schnäppchen. »Eine dicke Wolljacke im August?«, entgegne ich leicht irritiert. Wir hatten uns eigentlich zum Eisessen auf Balkonien verabredet. Jetzt trinken wir drinnen heißen Tee und essen warmen Apfelstrudel, während es draußen seit Stunden regnet. Suse aber lächelt in sich hinein, schließlich hat sie ihren Sardinien-Urlaub noch vor sich.

»Wann wirds mal wieder richtig Sommer, ein Sommer wie er früher einmal war?« Diesen Schlager sang Rudi Carrell bereits in den 1970er Jahren. Offensichtlich meckerten schon damals die Deutschen über verregnete Sommer. Das Show-Talent Carrell wünschte sich Sonnenschein von Juni bis September, Hitzewellen und laue Nächte in Biergärten. Davon träumen wir auch in diesem Jahr. »Ich war nur zwei Mal im Freibad«, beschwert sich meine Tochter über das schlechte Wetter. Es gibt sich launisch, und der Sommer droht ins Wasser zu fallen. Ständig wechseln sich wie im November Nieselregen und böiger Wind mit kurzen sonnigen Aufheiterungen ab. Die muss man eben nutzen, denke ich mir. Schnell den Stuhl auf den Balkon und die kleine Sonnenpause genießen. Fünf Minuten lasse ich mich von der Sonne bescheinen. Wunderbar wärmen die Strahlen und machen gute Laune. Was aber tun, wenn der sonnig, warme Sommer weiterhin auf sich warten lässt?

Das Comeback der Gummistiefel

»Zieht euch warm an und dann raus an die frische Luft!«, scheuchte meine Oma uns Kinder früher bei jedem Wetter nach draußen. Wir hatten immer Spaß! Allerdings mit der entsprechenden Ausrüstung! »Es gibt kein schlechtes Wetter, nur unpassende Kleidung«, heißt es nicht umsonst. Die wasserdichte Regenjacke und Gummistiefel erleben dieses Jahr ein ungeahntes Comeback. Die ehemals langweiligen ­gelben Stiefel wurden von ­attraktiveren Modellen in knalligen Farben und schicken Designs abgelöst. Sogar meine Tochter besitzt seit Neuestem ein paar rosa geblümte Gummistiefel. Noch wehrt sich etwas in mir gegen einen Neukauf. Schließlich ­könnte ich das verstaubte blaue Paar aus dem Keller reanimieren, bevor ich Geld ausgebe.

Die Regenschirmautomaten

Auch wenn das schlechte Wetter für viele Einzelhändler eine Katastrophe ist, ganz besonders für die Besitzer von Eiscafés, gibt es wenige, die davon profitieren. Dazu existieren zwar keine exakten Zahlen, aber den größten Umsatz erwirtschaften zur Zeit wohl die Hallenbäder und die Regenschirmfabrikanten. Als Optimistin gehe ich eigentlich immer ohne Schirm aus dem Haus. In diesem Sommer, als es zehn Minuten am Stück goss wie aus Kübeln, entdeckte ich einen Regenschirmautomaten. Die Innovation des Jahres 2011! »Wir bieten Ihnen einen unvergleichlichen Service und ein trockenes Dach über dem Kopf«, steht fett gedruckt auf dem Automaten. Toll, das clevere Unternehmen lässt einen nicht im Regen stehen! Für 4 Euro ziehe ich mir ein Taschen-Exemplar in pink. Demnächst nimmt »Dry2Go« auch Regenponchos in sein Angebot auf. In der Nähe von Parkhäusern und Bahnhöfen stehen die Automaten bereits in verschiedenen deutschen Städten.

Todsicheres Gesprächsthema

Seit jeher haben Menschen versucht, das Wetter vorherzusagen. Manche traten auch als »Experten« auf und behaupteten, Wolken und Himmel beeinflussen zu können. Einige zogen als Regenmacher durch Regionen, in denen der Ackerboden ausgetrocknet und die Ernte gefährdet war. Die Bewohner sehnten das Wasser von oben herbei und griffen daher nach jedem Strohhalm. Heute sind die Wettervorhersager anerkannte Experten, und die Meteorologie zählt zu den Naturwissenschaften. Unverändert sind die Menschen fasziniert von den Prognosen über Luftzirkulation, Regenmengen und Höchsttemperaturen. Mit animierten Bildern im Internet können wir uns jederzeit darüber informieren, wie das Wetter überall auf der Welt ist.

Ich habe keine Statistik darüber geführt, wie häufig die Meteorologen mit ihrer Prognose daneben lagen. Trotz aller Wettersatelliten und Datenfülle gelingt ihnen die Vorhersage nie hundertprozentig. In diesem Jahr haben es die Experten besonders schwer, ihre Vorhersagen liegen häufig daneben. Doch das kann die Fernsehzuschauer nicht schrecken. Weil die Wettervorhersagen trotz der hohen Fehlerquote von sehr vielen Menschen gesehen werden, machen manche Moderatoren aus dem kurzen Ausblick einen Event. Einzig wegen Ulrich Wickert und seiner Wetteransagen ging ich früher nie vor den Tagesthemen ins Bett. Im Anschluss an die Nachrichten, die er emotionslos und nüchtern vortragen musste, schlüpfte der beliebte Sprecher kurz in die Rolle des Märchenerzählers. Stets kündigte er das Wetter mit einer merkwürdigen, unglaublichen oder komischen Geschichte und dem ihm eigenen Augenaufschlag an. Zum Schluss »das Wetter« als Bonbon zur Nacht.

Über das Wetter zu sprechen, war immer schon ein beliebter Ausweg, wenn mir beim Smalltalk gar nichts mehr einfiel. Diskussionen darüber und über den verhagelten Urlaub funktionieren immer. Zurzeit gibt es in Arztpraxen und Apotheken kaum ein anderes Thema. Hinzu kommt noch das Stimmungstief, das sich während einer Regenphase wie eine ansteckende Krankheit überall breit macht. Vielen wetterempfindlichen und älteren Menschen machen die Temperaturschwankungen ordentlich zu schaffen. Doch aktuell haben auch Jüngere mit Antriebslosigkeit und Müdigkeit zu kämpfen. Experten vermuten, dass vor allem Menschen mit zu niedrigem oder zu hohem Blutdruck unter den Wetterkapriolen leiden. Mein Rat: Den inneren Schweinehund austricksen und mit sportlichen Aktivitäten für einen fitten Kreislauf sorgen.

Altweibersommer mit 36 Grad

»Die Natur braucht den Regen«, sagte meine Oma immer tröstend bei lang anhaltenden Regenperioden. Wie Recht sie hatte: In diesem Sommer ist das Gras noch immer so saftig grün wie im Frühjahr. Auch die Luftqualität ist besser als in heißen Sommern, in denen wir wegen der zu hohen Ozonwerte draußen möglichst keinen Sport treiben sollten.

Manchem gelingt es, dem schlechten Wetter auch eine gute Seite abzugewinnen. »Meine Wohnung war noch nie so aufgeräumt wie in diesem Jahr«, berichtet meine Nachbarin. Auch ich habe den Sommer für so manche Reparaturarbeit genutzt, die gar keinen Spaß macht, wenn draußen die Sonne lacht. Immerhin bleibt uns die Aussicht, dass der Sommer leicht verspätet Einzug halten wird. Ende August und im September soll es so richtig warm werden! Damit es mit dem Spätsommer auch wirklich klappt, spielt meine Tochter dauernd den Song »36 Grad« der Gruppe 2raumwohnung: »Schuhe aus, Bikini an. Wir gehen raus, es fängt zu regnen an. Wir tanzen und können schon die Sonne wieder sehn ...« /

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