Regierung sieht Eigenanbau kritisch |
27.04.2015 13:58 Uhr |
Von Stephanie Schersch und Ev Tebroke / Auch in Ausnahmefällen will die Bundesregierung den Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken nicht erlauben. Das geht aus ihrer Antwort auf eine Anfrage der Linkspartei hervor. Allerdings möchte sie die Versorgung schwerkranker Patienten mit Medizinalhanf aus der Apotheke verbessern.
Die Regierung hält es »aus pharmazeutischer und medizinischer Sicht nicht für vertretbar«, dass sich Patienten mit »im eigenen Umfeld selbst hergestellten Arzneimitteln unbekannter Qualität selbst therapieren«. Im Gegensatz zu Medizinal-Cannabisblüten »genügen selbst angebaute Cannabisprodukte keinerlei Qualitätskriterien«, heißt es in der Antwort der Koalition. Eine Schädigung des Patienten sei somit nicht auszuschließen. Darüber hinaus sei die Begleitung der Selbsttherapie durch einen Arzt deutlich schwieriger, wenn der Patient die Droge selbst anbaut.
Die Bundesregierung befürchtet, dass Cannabis aus Eigenanbau den Anwendern mangels Qualität eher schadet als nutzt.
Foto: Shutterstock/Peter Kim
Umstrittenes Urteil
Keinen Grund sieht die Bundesregierung zudem für rechtliche Änderungen, um den Erwerb von Cannabis zur Selbsttherapie künftig straffrei zu stellen. Schon jetzt könne die Staatsanwaltschaft schließlich von einer Strafverfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen ist und er das Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut oder besitzt, heißt es.
Hintergrund der Anfrage der Linkspartei ist ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln, das im Juli 2014 für großes Aufsehen gesorgt hatte. Nach dem Urtiel der Richter dürfen chronisch Kranke in Ausnahmefällen Cannabis zu Hause anbauen, sofern ihnen herkömmliche Schmerzmittel nicht helfen und Cannabis aus der Apotheke für sie unerschwinglich ist.
Die Bundesregierung hat gegen die Entscheidung der Richter Revision eingelegt. Sie will einen womöglich legalen Eigenanbau von Cannabis verhindern. In ihrem Antwortschreiben kündigt sie Änderungen an, um die Versorgung von Patienten mit medizinischem Cannabis zu verbessern. So könnten etwa die Krankenkassen die durch die Behandlung anfallenden Kosten künftig übernehmen. Das wäre ein geschickter Schachzug: Sollte das Kölner Urteil rechtskräftig werden, wären die darin formulierten Kriterien für einen legalen Eigenanbau auf diese Weise nicht mehr gegeben. Denn »nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung können erstattungsfähige cannabishaltige Arzneimittel eine verfügbare Therapiealternative darstellen«, so die Bundesregierung.
In Deutschland können Ärzte Cannabis-Präparate auf einem Betäubungsmittelrezept verschreiben. Auf dem Markt sind hierzulande das Fertigarzneimittel Sativex® und das Rezepturarzneimittel Dronabinol. Importieren können Apotheker zudem die Präparate Cesamet® und Marinol®. Mit einer speziellen Genehmigung der Bundesopiumstelle können Patienten darüber hinaus, Cannabis-Blüten oder -Extrakt aus der Apotheke beziehen. Die Kosten für diese Arzneimittel übernehmen die Krankenkassen jedoch bislang in der Regel nicht.
Status eines Arzneimittels
Gegen den Eigenanbau von Cannabis hat sich neben der Regierung auch die Bundesapothekerkammer (BAK) ausgesprochen. »Wenn Cannabis gegen Schmerzen ärztlich verordnet wird und die Funktion eines Arzneimittels hat, dann muss es anderen Arzneimitteln gleichgestellt werden«, so BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer. Das gelte für die getrockneten Pflanzenteile ebenso wie für Zubereitungen aus Cannabis. Diese müsse der Arzt wie andere Medikamente verschreiben, der Apotheker prüfen und abgeben und die Krankenkassen bezahlen.
Der BAK-Präsident sieht vor allem die Qualität selbst angebauter Cannabis-Produkte kritisch. Für Cannabis-Blüten müssten die gleichen pharmazeutischen Qualitätsstandards gelten wie für alle anderen Arzneimittel auch, fordert er. Ein »Eigenanbau im Wintergarten« werde diesen Anforderungen nicht gerecht. /